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Bewegtes Leben mit tragischem Ende

Tesla: Bei diesem Begriff dürften die meisten an ein amerikanisches Unternehmen denken, das Elektroautos herstellt. Der Name dieser Firma ehrt einen Erfinder, der den größten Teil seines Lebens in den Vereinigten Staaten wirkte. Nikola Tesla (1856-1943) hat als junger Forscher den Wechselstrommotor entwickelt und versuchte sich später an der drahtlosen Energieübertragung. Sein Leben mit zahlreichen Höhen und Tiefen, Erfolgen und Rückschlägen wird in dieser Biografie des Technikhistorikers W. Bernard Carlson nacherzählt.

Nikola Tesla wuchs in einer ländlichen Gegend im heutigen Kroatien auf und studierte an der Technischen Hochschule in Graz. Bereits dort fiel ihm während einer Vorlesung auf, wie ineffizient der vorgeführte Elektromotor sein musste, sprühten an den Kommutatoren doch die Funken. Intuitiv ahnte er, dass man so ein Gerät besser konstruieren könne. Über Prag gelangte Tesla nach Budapest, wo er die entscheidende Idee hatte, wie sich der Motor ohne mechanische schleifende Bürsten bauen ließe – indem man nämlich das elektrodynamische Feld so geschickt aufbaut, dass Wirbelströme die Achse antreiben.

AC versus DC

In den folgenden Jahren feilte Tesla in Paris und Straßburg an dem Konzept. 1884 wanderte er nach New York aus, wo er schmerzhaft lernen musste, dass ein wesentlicher Teil des Erfindens das Kommerzialisieren ist. Denn eine Labordemonstration mit einer rotierenden Blechscheibe ist noch kein marktreifer Motor. Mit finanzieller Unterstützung seitens amerikanischer Industrieller, die er in Show-ähnlichen Präsentationen für seine Ideen begeistern konnte, gelang es Tesla 1888 schließlich, die Patente an seinem Motor gewinnbringend zu verkaufen. Teslas Maschine trug entscheidend dazu bei, dass sich der Wechselstrom im industriellen Bereich gegenüber dem Gleichstrom durchsetzte.

Neben dem Motor hat Tesla zahlreiche andere Geräte erfunden, etwa die "Tesla-Spule" für Hochspannungstransformatoren. Besonders faszinierte ihn die Möglichkeit einer drahtlosen Beleuchtung, wobei die Energie zwischen zwei Spulen übertragen wurde, deren Resonanzen aufeinander abgestimmt waren. So sehr sich dieses System für effektvolle Vorführungen eignete, so sehr wurde es Tesla letztlich zum Verhängnis. Denn seine Mühen, es nutzbar zu machen, erwiesen sich als vergebens.

Tesla träumte davon, mit seiner drahtlosen Energieübertragung Kabel überflüssig zu machen und globale Kommunikation zu ermöglichen. Er trat damit um die Jahrhundertwende in direkte Konkurrenz zum italienischen Radiopionier Guglielmo Marconi (1874-1937), der jedoch mit elektromagnetischen Wellen im Fernfeld von Antennen arbeitete, während Tesla auf Resonanz im Nahfeld setzte und nicht an die Existenz elektromagnetischer Wellen glaubte. Teslas Ideen hatten keine Chance, sich gegen die neue Radiotechnik durchzusetzen. Und so verzweifelte und verarmte der zuvor erfolgreiche Erfinder an seinem letzten Großprojekt – dem gigantischen Wardenclyffe-Turm auf Long Island, USA, einem Resonanztransformator mit sehr großer Spule. Damit wollte Tesla elektrische Felder über den Atlantik schicken. Das traurige Scheitern dieses Projekts suchte er dem mangelnden Interesse der Investoren in die Schuhe zu schieben, denen er aber keine vorzeigbaren Erfolge präsentieren konnte. 1943 starb er vereinsamt in New York.

Maxwell-Gleichungen nicht verstanden?

Carlsons Biografie zeichnet ein lebendiges Bild von Teslas Persönlichkeit. Die exzentrische-geniale Arbeitsweise des Erfinders wird dabei ebenso greifbar wie sein durchwachsenes Verhältnis zu Investoren. Etwas Zeit sollten die Leser aber mitbringen. Mit 678 Seiten ist das Buch sehr umfangreich ausgefallen und geht entsprechend detail- und nuancenreich auf Teslas Leben ein. Wer sich für Wissenschaftsgeschichte interessiert, kommt auf seine Kosten.

In zwei Punkten allerdings muss man Carlsons Werk kritisieren. Zum einen betrifft das die Textpassagen, in denen der Autor lehrbuchhaft versucht, die Physik hinter Teslas Erfindungen zu erklären. Leider bleiben sie schwer verständlich, da sie zwar fachlich richtig sind, aber als bloße Aneinanderreihungen korrekter Sätze noch lange keine didaktisch klugen Einheiten ergeben. Vermutlich wäre es besser gewesen, diese Teile in einen Anhang auszulagern, was dem Autor auch ermöglicht hätte, auf physikalische Grundlagen einzugehen.

Der zweite Kritikpunkt lautet, dass Carlson es versäumt, Tesla zu kritisieren. Der Wardenclyffe-Turm konnte niemals funktionieren, und das hätte der Autor in dieser Klarheit artikulieren müssen. Das gescheiterte Riesenprojekt hätte zudem die Möglichkeit geboten, Teslas Verständnis der Elektrodynamik zu hinterfragen. Vermutlich hat der Erfinder nämlich die Maxwell-Gleichungen nie wirklich verstanden. Eher tastete er sich intuitiv von einer Erfindung zur nächsten, wohl mehr durch die Phänomenologie inspiriert als durch theoretisches Verständnis fundiert.

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