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»Urformen der Sexualität«: Die Sexualität der Algen und ein Pionier der Biologie

Nathanael Pringsheim war mit seinen Arbeiten zu Algen ein Pionier der Biologie. Andreas Deutsch beleuchtet fachlich fundiert Leben und Werk des Wissenschaftlers, der auch ein talentierter Zeichner war.
Algen

Der Begriff »Sexualität« kommt einem nicht unbedingt als Erstes in den Sinn, wenn man an Algen denkt. Eher fällt einem ein, dass Algen Sauerstofflieferanten sind, weil sie CO2 in Sauerstoff umwandeln, oder dass sie ein Energieträger der Zukunft und Grundlage einer nachhaltigen Ernährung sein können. Auch der Name Nathanael Pringsheim ist wohl nur wenigen bekannt. Doch beide, Algen und Pringsheim, sind eng miteinander verknüpft. Diese Beziehung beleuchtet der Autor Andreas Deutsch, selbst ein Nachfahre von Nathanael Pringsheim und Forscher am Zentrum für Informationsdienste und Hochleistungsrechnen der TU Dresden. »Urformen der Sexualität« widmet sich dem Leben und den Entdeckungen des deutschen Botanikers Nathanael Pringsheim (1823–1894). Pringsheim, ein Zeitgenosse Charles Darwins, entdeckte durch seine Forschung an Algen, dass Sexualität das grundlegende Prinzip auch des »niederen« Lebens bildet. Er beeinflusste damit maßgeblich die Entwicklung der Biologie.

Ein Pionier der Biologie mit künstlerischem Talent

Das Buch ist in fünf Kapitel gegliedert und beginnt mit einem Einblick in die Wissenschaft im 19. Jahrhundert und deren Umbruch von der Naturphilosophie zur modernen Entwicklungsbiologie. Anschließend wird das Leben Nathanael Pringsheims beleuchtet, sein wissenschaftliches Werk sowie sein Mitwirken bei der Gründung der meeresbiologischen Forschungsstation auf Helgoland. Deutsch geht aber auch auf den Stammbaum und die Nachfahren Pringsheims ein und darauf, wie die naturwissenschaftlich begabte jüdische Familie diskriminiert und im Dritten Reich verfolgt wurde. Das letzte Kapitel veranschaulicht die Abläufe von sexueller Befruchtung bei Pflanzen mit detailgetreuen und künstlerischen Originalzeichnungen von Nathanael Pringsheim, der ein großes Talent für das Mikroskopieren und Zeichnen hatte. Fachwörter werden direkt auf der entsprechenden Seite in Fußnoten erklärt. Der Untertitel des Buches klingt etwas reißerisch (»Wie Nathanael Pringsheim den Algen die Unschuld nahm«), der Schreibstil des Autors ist allerdings eher der wissenschaftlicher Arbeiten. Wer eine leicht verdauliche Abendlektüre sucht, wird hier also eher nicht fündig. Fachlich sind die Texte fundiert, gut recherchiert und bieten viele Quellenangaben, in die vor allem auch die Briefe von Nathanael Pringsheim in Originalzitaten eingeflossen sind.

Die Zielgruppe für dieses Buch ist daher eher ein Fachpublikum, aber auch interessierte Laien können Grundlegendes zur Sexualität der Algen und dem Wirken des Botanikers erfahren. Man merkt dem Autor an, dass er vom Leben Nathanael Pringsheims fasziniert ist. Dennoch hätten manche Passagen zu den Leistungen und Errungenschaften des Botanikers etwas neutraler ausfallen können. Trotzdem lohnt sich die Lektüre. Die Leserinnen und Leser können den Botaniker Pringsheim bei der Entdeckung der Sexualität von Algen, Moosen und Farnen bis zu den Blütenpflanzen begleiten und so einen spannenden Einblick in diese verborgenen und eher unbekannten Abläufe in der Pflanzenwelt bekommen.

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