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»Wie die Welt denkt«: Eine Weltreise durch die Philosophie

Julian Baggini hat sich auf eine intellektuelle Weltreise begeben. Entstanden ist dabei eine originelle, mitunter aber auch etwas anstrengende Philosophiegeschichte.

»Wie die Welt denkt« ist ein gut klingender, aber wohl etwas irreführender Titel. Denn es geht hier weniger um das Denken an sich oder um kognitive Prozesse, wie sie beispielsweise die Psychologie untersucht. Vielmehr erläutert Autor Julian Baggini die Ansätze und Ideen philosophischer Autoren, Schulen und Strömungen zur Erklärung der Welt. Der Untertitel – »Eine globale Geschichte der Philosophie« – ist da wesentlich treffender: Baggini wartet tatsächlich mit einer Geschichte der Philosophie auf – und zwar einer, die sich nicht auf europäische und westliche Traditionen beschränkt.

Die von Immanuel Kant bereits im 18. Jahrhundert formulierten Grundfragen unserer Existenz – Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch? – haben die Menschheit zu allen Zeiten und überall auf der Welt beschäftigt. Kein Wunder, dass die Antworten auf diese nur scheinbar einfachen Fragen so komplex und vielfältig ausfallen. Der britische Philosoph Baggini vergleicht in seinem Buch die Ideen verschiedener Denktraditionen zu den grundlegenden Fragen der Menschheit. Dabei präsentiert er westliche, ostasiatische, indische, muslimische und arabische Vorstellungen, aber auch weniger bekannte mündliche Überlieferungen, etwa die der australischen Aborigines oder solche afrikanischen Ursprungs.

Baggini beleuchtet den Zusammenhang zwischen den jeweiligen philosophischen Ideen und Weltbildern in verschiedenen Regionen der Erde. Sein Befund: »Philosophien hatten einen nachhaltigen Einfluss auf die Entstehung unterschiedlicher Kulturen.« Bis heute, so der Autor, prägten diese Philosophien die Alltagswahrnehmung und Überzeugungen, auch wenn uns die philosophischen Hintergründe oft nicht bewusst seien. Die Wirksamkeit grundlegender »Annahmen über das Wesen des Selbst, über Ethik, die Quellen des Wissens und den Sinn des Lebens« lasse sich in fast allen menschlichen Kulturen beobachten, erläutert Baggini.

Nicht immer eingängig, aber inspirierend

Das Buch behandelt die großen Fragen in unterschiedlichen Themenkreisen, etwa »Wie die Welt weiß«, »Wie die Welt ist«, »Wer wir in der Welt sind« oder »Wie die Welt lebt«. Diese sind weiter untergliedert in Kapitel, die sich einzelnen Aspekten wie »Logik«, »Pragmatismus«, »Zeit«, »Karma« oder »Vergänglichkeit« widmen. Überraschenderweise bestimmen die genannten Begriffe die Struktur des Buchs und nicht etwa die unterschiedlichen Denktraditionen wie beispielsweise westliche Philosophie, Buddhismus, Shintoismus oder indische Philosophie. So werden in den entsprechenden Kapiteln nur die philosophischen Ansätze beschrieben, die sich konkret auf das jeweilige Thema beziehen. So wird der Begriff »Leere« aus Sicht der japanischen Ästhetik, der orthodoxen indischen Denkschulen oder des Buddhismus erläutert. So originell dieser Ansatz ist – das Verständnis erleichtert er nicht unbedingt. Eine Gliederung entlang der bekannten philosophischen Ansätze wäre leichter zugänglich gewesen.

Aus Sicht des Autors ist diese Vorgehensweise schlüssig, sieht er sich doch »als eine Art philosophischer Journalist«, der die Welt bereist und über Interviews mit Experten die Ansichten verschiedener Kulturen zu philosophischen Fragen herausarbeitet. Das liest sich zum Teil sehr flüssig, zum Teil dagegen auch recht trocken. Etwas anstrengend wird die Lektüre mitunter durch die Fülle der Expertennamen, die den allermeisten Laien nicht allzu viel sagen dürften. Hier hätte ein Namensregister mit Kurzbiografien dem Leser geholfen, die Personen und ihre Ideen besser einzuordnen.

Insgesamt lohnt sich die Lektüre – auch weil uns Julian Baggini die oft vernachlässigten Kulturen und Denkschulen Asiens und Afrikas näherbringt. Vielleicht wird der eine oder andere Leser dadurch angeregt, sich intensiver auch mit vermeintlich fernen Gedankenwelten zu beschäftigen.

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