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»Wo sitzt der Geist?«: Aktuelles zum Leib-Seele-Problem

Ein fächerübergreifender Blick auf Körper und Geist. Eine Rezension.
Ein männlicher Kopf mit Gehirn, daneben eine DNA-Helix

Interdisziplinäre Studiengänge und Forschungsbereiche wie die Kognitionswissenschaften sind in Deutschland en vogue. Diese Fachrichtung, die im englischsprachigen Raum schon länger etabliert ist, setzt sich unter anderem aus den Neurowissenschaften, der Biologie, Psychologie, Philosophie sowie Informatik zusammen und befasst sich vornehmlich mit Wahrnehmungs- und Denkprozessen.

Das Institut Kortizes für populärwissenschaftlichen Diskurs in Nürnberg veranstaltet regelmäßig Symposien zu Fragestellungen in den Kognitionswissenschaften, bei denen Fachleute aus verschiedenen Disziplinen zum Gespräch zusammenkommen. Ein solches Symposium liegt auch dem Werk »Wo sitzt der Geist?« zu Grunde, in dem es um Geist und Gehirn sowie im weiteren Sinne um das Bewusstsein und sein körperliches Pendant geht. Herausgegeben von Helmut Fink und Rainer Rosenzweig, bündelt es in zehn Kapiteln exemplarisch den aktuellen Stand der Forschung aus der Sicht der Einzeldisziplinen.

Viele naturwissenschaftliche Kapitel befassen sich mit konkreten Problemen. Der Beitrag von Herta Flor und Robin Bekrater-Bodmann etwa widmet sich der Frage, wie man Phantomschmerz bei Menschen mit Amputation behandeln kann. Diese können durch eine so genannte Spiegeltherapie reduziert werden, bei der ein Spiegel so platziert wird, dass beim Patient der Eindruck entsteht, er habe noch beide Gliedmaßen.

Das Buch gesteht aber auch geisteswissenschaftlichen Disziplinen Raum zu. So finden sich im Kapitel der Rechtswissenschaftlerin Grischa Merkel interessante Überlegungen zum Datenschutz bei der immer präziser werdenden Hirnscan-Technologie. Schon heute kann beispielsweise mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) die sexuelle Präferenz eines Menschen mit einer Sicherheit von über 90 Prozent bestimmt werden. Auch andere menschliche Eigenschaften könnten in Zukunft durch Hirnscans oder invasiv eingesetzte Schnittstellen »ausgelesen« werden, was datenschutzrechtliche Fragen aufwirft. Aktuell hat die Staatsgewalt umfangreiche rechtliche Möglichkeiten, die sie künftig nutzen könnten, um potenzielle Straftäter schon vor einer Tat aufzugreifen.

Verständlich für Fachfremde

So unterschiedlich die Kapitel inhaltlich sind, so verschieden ist auch der Schreibstil der Autoren – manche ähneln wissenschaftsjournalistischen Artikeln, manche eher Fachpublikationen. Gemein haben die Kapitel, dass sie sehr gut belegt und auch für fachfremde Personen verständlich sind, wobei etwas Vorwissen auf dem einen oder anderen Gebiet nicht schaden kann. Hervorzuheben sind auch diverse Schaubilder, die komplexe Experimente und Konzepte veranschaulichen.

Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass »Wo sitzt der Geist?« einen gelungenen Überblick über verschiedenste Themenfelder rund um Körper und Geist bietet. Auf Grund seiner Entstehung aus einem Symposium sowie der beteiligten Autoren ist es sehr wissenschaftsnah. Das Buch sei jedem empfohlen, der sich auf den neuesten Forschungsstand in den Kognitionswissenschaften bringen möchte.

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