»Zauberhafte Mathematik II«: Rauchende Köpfe
Drei Jahre nach seinem ersten Band hat der pensionierte Mathematiklehrer Hans-Karl Eder wieder eine Sammlung von anregenden mathematischen Rätseln und Knobeleien veröffentlicht. Das Buch enthält 56 Rätsel- und Knobelaufgaben unterschiedlichen Inhalts sowie zwölf Aufgaben, die der Autor als »Zaubertricks« bezeichnet – für jedes Rätsel beziehungsweise für jeden Trick wird eine Seite im Buch belegt. Im Anschluss daran folgen die Lösungen, die – mit Ausnahmen – ebenfalls je eine Seite füllen. Da nicht alle Aufgabenstellungen und Lösungen gleich viel Platz benötigen, hat der Autor die betreffenden Seiten im unteren Teil durch interessante Informationen unter dem Motto »Schon gewusst, dass …?« aufgefüllt. Dabei handelt es sich überwiegend um erstaunliche Eigenschaften von bestimmten natürlichen Zahlen. Bei den sogenannten Zaubertricks geht es darum, Zahlen zu erraten.
Die Themen der Aufgabenstellungen sind sehr unterschiedlich. Es geht etwa um das Raten von Ziffern aus Additionsaufgaben, das Ausprobieren von Kombinationsmöglichkeiten, die Optimierung von Wägungsvorgängen, das Zahlenraten durch Angabe von Divisionsresten, die Veranschaulichung von großen Zahlen, das Erschließen von Seitenlängen aus einem Parkettierungsmuster, das Lösen des Aufgabentyps »Summe zweier Zahlen = Produkt dieser Zahlen« (durch Lösen einer quadratischen Gleichung) oder die optimale Nutzung eines Pizzabackblechs.
Zu jedem Rätsel ist auf dem Buchrand ein QR-Code abgedruckt, über den man zu einem dazugehörigen Video gelangt. Diese Videos enthalten ebenfalls die Aufgabenstellungen, die mit den gleichen oder zumindest ähnlichen Worten vorgetragen werden. Daran schließen sich die Lösungen an, die in der gedruckten Fassung sehr knapp und leider oft sehr formal, algebraisch-technisch dargestellt sind. Da in der Videofassung die Lösungsschritte nacheinander sichtbar werden und durch einen gesprochenen Kommentar ergänzt sind, ist diese Version auf jeden Fall der gedruckten vorzuziehen. Diese zusätzlichen Erläuterungen hätte man aber durchaus auch in der Druckfassung anbieten können, wenn man sich nicht die Auflage gegeben hätte, die Lösungen auf nur einer Seite unterbringen zu wollen. Trotzdem hätte es nicht geschadet, die gesprochene Lösung noch ausführlicher zu gestalten – zum Beispiel mit Hinweisen dazu, warum eine Gleichung auf eine bestimmte Art und Weise umgeformt wird.
Ein paar Tipps mehr hätten nicht geschadet
Beispiel Aufgabe 23: Warum wird der Term »1/2 · a · b« mit 4 multipliziert? Erst hinterher erfährt man, dass man hier einen Term auf eine bestimmte Form bringen möchte, so dass dann eine binomische Formel angewandt werden kann. Auch habe ich Hinweise oder Tipps vermisst, wie die Lösung angegangen werden könnte.
Beispiel Aufgabe 28: Es ist zu zeigen, dass in einem Trapez die Gleichung (a + c)² = e² + f² gilt. Hilfreich wäre hier etwa ein Tipp dieser Art gewesen: »Überlege, wie man die Figur so erweitern kann, dass die Strecke a + c vorkommt!«
Bei den Aufgaben zu Zahlenfolgen (»Wie lautet die fehlende Zahl?«) haben die Leser allerdings grundsätzlich nur geringe Chancen, selbstständig eine Lösung zu finden – hier hätte eigentlich zwingend ein Tipp gegeben werden müssen, denn bekanntlich gibt es unendlich viele Möglichkeiten, eine Folge fortzusetzen oder zu ergänzen.
Alternative Lösungen sucht man im Buch leider vergeblich – was nützt da der Videokommentar, dass es unterschiedliche Wege zur Lösung gibt, wenn keine davon ausgeführt ist? Das könnte bei manchen Lesern Erinnerungen an die Schulzeit wecken, wenn sie es damals mit einem Lehrer zu tun hatten, der in seinem Unterricht nur einen Lösungsweg zuließ.
Leider wird nirgendwo deutlich, an welche Leserschaft sich dieses Buch richtet. Aus den benötigten Lösungsmethoden kann man erschließen, dass zumindest das Lösen von Gleichungssystemen mit zwei Variablen (nicht notwendig lineare) beziehungsweise von quadratischen Gleichungen und auch die Verhältnisbeziehungen in ähnlichen Figuren sowie der Satz des Pythagoras bekannt sein sollten. Nützlich sind auch Erfahrungen im Umgang mit Baumdiagrammen. Allerdings hat man mit diesen Vorkenntnissen trotzdem keine Chance, das Problem Nr. 30 eines optimalen Netzes zu lösen (in der Musterlösung verwendet der Autor ein Verfahren der Differenzialrechnung).
Die Gestaltung der Grafiken ist ansprechend; dass in Aufgabe 5 die Seitenlängen der abgebildeten Quadrate nicht gleich sind und dass in Aufgabe 24 die roten Flächen nicht rot gefärbt sind, mindert den insgesamt positiven Eindruck nicht.
Nach so viel Kritik könnte man vermuten, dass zusammenfassend keine Empfehlung für den Kauf des Buches gegeben wird. Dies ist jedoch nicht der Fall. Da die Aufgaben abwechslungsreich und interessant sind, könnte man die beschriebenen Mängel als besondere Herausforderung annehmen.
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