»Zukunft auf dem Mars«: Sind wir bald Marsianer?
Elon Musk sieht bekanntermaßen die Menschheit als »multiplanetare Spezies«, die in Zukunft auf mehreren Planeten leben kann. Den Grundstein für eine Zivilisation, die sich auf dem Mars selbst versorgen kann, will er mit seinem Unternehmen SpaceX bis 2050 legen. Doch ist es realistisch, dass langfristig zumindest Teile der Erdbevölkerung auf dem Roten Planeten leben können? Dieser spannenden Frage geht ein Autorenteam um den katalanischen Astrophysiker Guillem Anglada-Escudé in seinem Sachbuch für Grundschulkinder auf fast 60 großformatigen Seiten nach.
Die ersten Kapitel sind dem besonderen Reiz gewidmet, den der Rote Planet schon immer auf Erdlinge ausübte, und beantworten grundlegende Fragen. Warum heißt dieser Planet »Mars«? – Weil ihm die Römer den Namen ihres Kriegsgottes gegeben haben – ein Sinnbild für Kraft, Leidenschaft und Härte. Warum fasziniert uns der Mars so sehr? – Weil er der Erde unter allen Planeten des Sonnensystems am ähnlichsten ist – deshalb wird er auch »Bruderplanet« genannt.
Blick in die wechselvolle Geschichte der Marsmissionen
Es folgt eine überraschend faktenreiche und tiefgehende Exkursion zu den Grundlagen von Astronomie und Weltraumphysik. Dabei wird von Seite zu Seite deutlicher, warum Reisen zum Mars so schwierig sind – schließlich scheiterte bislang die Hälfte aller Missionen – und warum uns seine Besiedlung vor zahlreiche Probleme stellt; wie zum Beispiel die gefährliche, weil zellschädigende kosmische Strahlung oder die Tatsache, dass es in der Atmosphäre des Mars praktisch keinen Sauerstoff gibt und wir dort nur in Schutzanzügen überleben könnten.
Die vielen detaillierten und faszinierenden Informationen entfalten im übersichtlichen Layout vor marsrotem oder nachtschwarzem Hintergrund eine Anziehungskraft, der man sich kaum entziehen kann. Kompakte Textblöcke mit markanten Überschriften führen auf jeder Doppelseite in ein Thema ein, umreißen Grundlagen oder erläutern einzelne Aspekte – wie die Entwicklung möglicher Antriebssysteme künftiger Raumfahrzeuge für Marsreisen oder den hohen Ressourcenverbrauch für ein Leben auf dem Mars. Dabei spiegelt das Buch den aktuellen Forschungsstand zum Weltraum und zu weiteren Marsmissionen wider, wie auch das Kapitel zum »Terraforming« zeigt. Damit ist der Teilbereich der »planetaren Ingenieurwissenschaft« gemeint, der sich – noch theoretisch – mit der Umgestaltung von Umwelt und Klima eines Planeten und dem Ziel beschäftigt, dort die Lebensbedingungen für Menschen zu schaffen. Die im Buch skizzierten Ideen stützen sich dabei auf tatsächliche Forschungsprojekte.
Hier und auch an anderen Stellen servieren die engagierten Experten durchaus auch schwerer verdauliches Weltraumwissen. Selbst unerschrocken wissbegierige Kinder sollten dann einen erklärenden und sie begleitenden Erwachsenen an ihrer Seite haben. Wie gut, dass im Autorenteam mit Sheddad Kaid-Salah Ferrón ein Naturwissenschaftler und versierter Didaktiker für Kindersachbücher mit an Bord ist. Ihm ist es zu verdanken, wenn junge Leser nicht vorschnell die Umlaufbahn dieses wort- und bildreichen Marskompendiums verlassen.
Für die optische Aufgeräumtheit und die Illustration komplexer Zusammenhänge sorgt der auf Wissensbücher für Kinder und Jugendliche spezialisierte Designer Eduard Altarriba i Bigas mit farbgewaltigen Bildern, erklärenden Collagen und informativen Grafiken. Zudem verdeutlichen seine technischen Zeichnungen in aufeinanderfolgenden Bildern den Ablauf bestimmter Prozesse oder erklären in Form einer genauen Querschnittszeichnung etwa, wie ein mehrstöckiges Verkehrsnetz auf dem Mars aussehen könnte.
In vielerlei Hinsicht ist »Zukunft auf dem Mars« kein typisches Kindersachbuch, sondern eher ein Nachschlagwerk, das profundes Wissen rund um den Roten Planeten auf hohem Niveau bietet. Kinder werden es sicher mehr als nur einmal zur Hand nehmen und so mit ihm und an ihm wachsen. Nicht zuletzt lädt es aber auch zum Träumen ein – von den unendlichen Weiten des Weltraums. Außerdem konfrontiert uns dieses Buch mit der Frage, ob unsere Enkel eines Tages wohl Marsianer sein könnten.
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