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So spannend wie das Telefonbuch von Gelsenkirchen

Die amerikanische Molekularbiologin Kaye Lang, die in Tiflis mit Bakteriophagen arbeitet, wird von der UN-Friedenstruppe gebeten, sich ein Massengrab in der Kleinstadt Gordi anzusehen. In dem Grab findet sie etwa 60 Leichen von ermordeten Frauen und Männern. Die toten Frauen waren alle schwanger und wiesen zusätzliche Schusswunden im Beckenbereich auf. So, als ob die Täter sicherstellen wollten, dass auch die Embryos getötet werden. Die georgischen Behörden versuchen alles, um diesen Fund zu vertuschen.Währenddessen zeigen zwei österreichische Bergsteiger dem amerikanischen Anthropologen Mitch Rafelson in einer abgelegenen Höhle in den Alpen die mumifizierten Leichen einer Neandertaler-Familie. Der Wissenschaftler soll eine Altersschätzung vornehmen. Das neugeborene Kind dieser Steinzeitmenschen weist eigenartige Merkmale auf, seine Mutter ist offensichtlich an ihren schweren äußeren Verletzungen gestorben. Die beiden Bergsteiger möchten mit den gut erhaltenen, prähistorischen Mumien das große Geld machen und bergen die Kinderleiche.Zur gleichen Zeit ist der Virus-Spezialist Christopher Dicken vom Epidemie-Erkennungsdienst des National Centers for Infectious Diseases in Atlanta einem neuen Krankheitserreger auf der Spur, der nur werdende Mütter befällt und zu Fehlgeburten führt.Mit diesen drei scheinbar isolierten Ereignissen beginnt der neue Roman „Das Darwin-Virus“ des Sciencefictionautors Greg Bear. Die Wissenschaftler kommen einem alten Retroviruselement im menschlichen Genom — SHEVA genannt — auf die Spur, welches die merkwürdige Krankheit offenbar auslöst. Kaye Lang und Mitch Rafelson sind der Ansicht, dass SHEVA schon seit Jahrmillionen im menschlichen Erbgut vorkommt und lediglich eine Art von Evolution bewirkt. Christopher Dicken und seine Vorgesetzten hingegen sind der Meinung, dass dieses Virus die menschliche Fortpflanzung insgesamt in Frage stellt und somit eine gigantische Bedrohung für die gesamte Menschheit ist. Die Regierung der Vereinigten Staaten leitet daraufhin dramatische Maßnahmen zur Bekämpfung der SHEVA-Epidemie ein.Der Klappentext verspricht vollmundig einen „temporeichen Thriller“. Das stimmt aber leider nicht so ganz. Nach einem durchaus fesselnden Einstieg schleppt sich die Handlung zäh dahin. Flache Figuren, hölzerne Dialoge und holprige Metaphern stellen die Geduld des Lesers auf eine harte Probe. Das Buch beginnt wie ein Wissenschafts-Thriller und entwickelt sich dann aber zu einem Sciencefiction. Den hartgesottenen Fans dieses Genres wird es sicher gefallen. Immerhin ist der Autor Greg Bear — der bisher schon 27 Romane in diesem Genre geschrieben hat — für dieses Buch mit dem „Nebula“ ausgezeichnet worden. Aber allen anderen Lesern würde ich empfehlen, lieber gleich ein gutes Lehrbuch zum Thema Humangenetik zu lesen. Das ist mit Sicherheit spannender.

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