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Die Unsterblichkeit – Sinn oder Unsinn?

Was haben Charly Chaplin, Marlene Dietrich und Papst Pius XII. gemeinsam? Sie ließen sich fötale Lämmerzellen injizieren, um länger jung zu bleiben. Wer jedoch wie der Autor Bryan Appleyard keine Spritzen ausstehen kann, der sichert sich einen Platz bei Alcor in einem Vorort von Phoenix oder dem Cryonics Institute in Michigan. Eingefroren in flüssigem Stickstoff sollen hier Leichen, sobald die entsprechende Technik vorhanden ist, wieder zum Leben erweckt werden.

Jedoch scheint das Interesse nicht so groß zu sein, wie es der Erfinder der Kryonik Robert Ettinger, einst vorhersagte. Statt einer Millionen haben bis heute nur etwa 1000 Leute einen Kryonik-Vertrag unterschrieben. Welche Ängste und Einwände gegen die Unsterblichkeit sprechen und wie ihre Befürworter, die Immortalisten ihre Vision verteidigen, ist Thema des Buches "Das Ende der Sterblichkeit" von Bryan Appleyard.

Er selbst hat sich ausführlich mit beiden Seiten auseinandergesetzt und bekennt sich gleich zu Beginn als Gegner der Unsterblichkeit. Trotzdem bietet er dem Leser eine ausgewogene Erörterung zu verschiedenen: Lässt sich die Unsterblichkeit mit der Evolutionstheorie Darwins in Einklang bringen? Welche Bedeutung hat ein Eheversprechen, wenn ein "ewiger" Zeitraum nicht mehr auf maximal 80 Jahre beschränkt ist? Und gibt es vielleicht sogar ein Todesgen, das den Zeitpunkt unseres Ablebens festlegt?

Wer bei dem Begriff Unsterblichkeit ausschließlich an den medizinischen Zustand des ewigen Lebens denkt, wird mit zahlreichen anderen Auffassungen konfrontiert. Dazu zählen die Unsterblichkeit der Götter, das Leben nach dem Tod gläubiger Christen, Stars, die in den Köpfen der Menschen weiterleben oder Helden, die in Form eines Denkmals ewig sind. Besonders im Mittelteil des Buches erweist es sich durch diese Informationsfülle jedoch als schwer, den roten Faden zu verfolgen und den Bezug zum Thema "Unsterblichkeit" herzustellen.

Aber nicht nur Fakten, auch die Persönlichkeit einiger relevanter Personen stellt Appleyard vor. So beschreibt er den Gründer des Immortality Institutes Bruce Klein und dessen Frau als "beruhigendes bodenständiges ideales Paar, wie man es sich auch in einer Reklame für Frühstücksflocken vorstellen könnte". Ben Goertzel hingegen, der Vordenker eines Softwaresystems, das auf künstlicher Intelligenz basiert, hielt Appleyard zu Beginn für einen Penner, der sich im Saal verirrt hatte. Auf diese Weise und mit Hilfe vieler kleiner Anekdoten gelingt es ihm, den Leser unterhaltsam durch das Buch zu führen.

Die Antworten auf die spannenden Fragen nach dem aktuellen Stand der Forschung, die Appleyard zu Beginn aufwirft, lassen lange auf sich warten und werden selbst in den letzten Kapiteln nicht zufriedenstellend beantwortet. Anstelle dessen erörtert er mit Hilfe des Bioethikers Leon Kass die Probleme und Gefahren, die die Unsterblichkeit mit sich bringen würde. Anhand eines anschaulichen Zahlenbeispiels macht er klar, dass eine unsterbliche Bevölkerung nicht finanziert werden könne: "Diese unvorstellbare Summe aufzubringen, würde die gesamte Gesellschaft in ihren Grundfesten erschüttern." Wir könnten ewig arbeiten, die Renten abschaffen und die junge Generation hätte kaum eine Chance auf einen Arbeitsplatz.

Wer eine wissenschaftliche Einschätzung des aktuellen Forschungsstands sucht, wird sie in diesem Buch nicht finden. Dafür erhält der Leser jedoch eine Menge interessanter Gedankenanstößen über den Sinn und Unsinn dieses Forschungsgebiet – geschmückt mit einer Reihe unterhaltsamer Geschichten.

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