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Willkommen in der Wissenschaft, Kinder

"Denk dir eine Welt mit Wiesen, Bergen, Wäldern und Seen, bewohnt von kühnen Rittern, Feuer speienden Drachen, Furcht einflößenden Ungeheuern und Außerirdischen, die aus den Tiefen des Alls zu Besuch kommen." In dieser abenteuerlichen Kulisse lässt Joachim Hecker die kleinen Forscher Karla, Luisa und Vincent wohnen – ganz ohne nervige Erwachsene. Nur eine Katze namens Berleburg leistet ihnen Gesellschaft.

Nachts, wenn die ganze Wohngemeinschaft tief und fest schläft, wandert das "Haus der kleinen Forscher" – es hat nämlich Füße – an einen anderen Ort der wundersamen Welt und stellt die Kinder immer wieder vor neue Herausforderungen: Ein Elefant hat Zahnschmerzen, ein glühend roter Drache Husten, ein Seeungeheuer ist in Not geraten … Diese und 35 weitere Stationen nutzt der Autor, der Elektrotechnik studiert hat und inzwischen als Wissenschaftsjournalist arbeitet, um naturwissenschaftliche Experimente einzuleiten. Mit ihrer Hilfe gelingt es den kleinen Forschern, alle Probleme letztlich zu lösen.

An dieser Stelle geht die fantastische Geschichte in eine handfeste Experimentieranleitung samt Materialliste über. Man braucht Allerweltsdinge wie Eierschalen, Luftballons und Teebeutel, und die kleinen Leser sind herzlich eingeladen, ordentlich mitzumischen. Sind Schere oder Feuer im Spiel, wird ausdrücklich nach einem Erwachsenen verlangt. Etwa wenn ein selbst gebastelter Streifen aus Aluminiumfolie und Papier über eine Flamme gehalten werden soll.

Auf jeder Seite zeigen bunte Illustrationen den Versuchsaufbau oder kleine Fantasien zum Thema. Nach dem praktischen Teil erklärt der Autor, was warum passiert und wo das Erlernte im Alltag oder in der Natur zu finden ist. So stellt Hecker mit dem Aluminium-Papier-Streifen das Prinzip von Bimetallen vor und berichtet von deren Einsatz in Thermometern oder Thermostaten.

So simpel die Experimente wirken mögen, sie veranschaulichen doch durchaus nichttriviale Phänomene aus Biologie, Chemie, Technik und vor allem Physik auf eindringliche Weise. Eine Spielkarte so am Fahrrad des Freundes montiert, dass die Speichen sie zum Surren bringen, demonstriert den Dopplereffekt, einige Trinkhalme und Murmeln die Impulserhaltung und eine Fliege im Kühlschrank den Unterschied zwischen Warm- und Kaltblüter.

Für besonders Wissbegierige liefert Hecker zu jedem Versuch Hintergrundinformationen. Dabei geht es – manchmal weit über die Köpfe der Zielgruppe hinweg – ohne weitere Erläuterung um den Kalten Krieg, um Genetik oder um die Geschwindigkeit, die ein Satellit braucht, um dem Schwerefeld der Erde zu entkommen – immerhin 28500 Kilometer pro Stunde. Wenngleich so anspruchsvolle Themen eher die Ausnahme sind, schwankt der Schwierigkeitsgrad in dieser Rubrik stark.

Zu guter Letzt gibt Hecker noch Anregungen, wie man den jeweiligen Versuch in leicht abgewandelter Form durchführen kann. Wer alle Experimente gemacht hat, kann sich den Vordruck für ein richtiges Forscherdiplom aus dem Internet herunterladen (www.rowohlt.de/forscherdiplom), dazu etliche weitere Experimentieranleitungen.

Das Buch eignet sich zum Vorlesen und zum Nachmachen ab dem Kindergartenalter. Dabei müssen sich die "Assistenten" auf Kollateralschäden wie eine mit Maisstärkebrei verklebte Laborküche, Götterspeise im Gefrierschrank oder ein geplündertes Tulpenbeet gefasst machen. Aber das mag ein angemessener Preis für die alles andere als langweilige und trockene Physik sein. Und wie der Autor motivierend anmerkt: "Im Namen der Wissenschaft darf ruhig auch etwas geferkelt werden!"

Erschienen ist das Buch im Zusammenhang mit der Initiative "Haus der kleinen Forscher", die von der Helmholtz-Gemeinschaft, McKinsey & Company, Siemens und der Dietmar Hopp Stiftung getragen wird. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, Naturwissenschaft und Technik bereits in Kindertagesstätten sowie Kindergärten einzubeziehen und die frühkindliche Bildung zu fördern.

Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt den bundesweiten Ausbau des Projekts, nennt allerdings die Stärkung der frühkindlichen Bildung im selben Atemzug mit der langfristigen Nachwuchssicherung in den Natur- und Ingenieurwissenschaften. Das ist dann doch etwas zu weit vorausgedacht. Solange aber die Kinder stets die treibende Kraft bei der Sache sind, ist es zumindest einen Versuch wert.
  • Quellen
Spektrum der Wissenschaft 12/08

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