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Schätze, die es zu erhalten gilt

Fast! Haarscharf schrammte das Great Barrier Reef im April 2009 an einer Umweltkatastrophe vorbei, als vor der Nordwestküste Australiens ein Frachter, vollgetankt mit giftigem Schweröl dort havarierte. Das drohende Unglück hat die Unersetzlichkeit unserer Naturdenkmäler wieder einmal ins Gedächtnis gerufen.

Als längstes Korallenriff der Welt steht das Barrier Reef seit 1981 auf der UNESCO-Liste der Welterbestätten. 1978 nahm diese Liste mit den Galapagos-Inseln in Ecuador ihren Anfang. Heute umfasst sie bereits 890 einzigartige Natur- und Kulturerbestätten auf der ganzen Welt – und sie ist weiterhin offen. Eine kompakte, vollständige Darstellung aller Stätten findet man jetzt in dem neu erschienenen UNESCO-Band "Das Welterbe". Ergänzt wird das Lexikon um einige interessante Hintergrundinformationen über den Einsatz der UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization).

"Das Welterbe umfasst Hinterlassenschaften der Vergangenheit, mit denen wir heute leben und die wir an kommende Generationen weitergeben", so beschreibt das internationale Länderbündnis die Sammlung. Um solche bedeutenden und außergewöhnlichen Natur- und Kulturstätten zu schützen, rief die UNESCO Anfang der 1970er Jahre des letzten Jahrhunderts die Konvention zum "Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" ins Leben. Mittlerweile haben 186 Länder diese ratifiziert.

Aber wer entscheidet über die Aufnahme einer Stätte in die Welterbeliste? Der Leser erfährt, dass die Mitgliedsländer zunächst Vorschläge aus ihrem Staatsgebiet für eine Aufnahmeliste abgeben können. Das Sichten, Bewerten und Empfehlen übernehmen anschließend zwei internationale Nichtregierungsorganisationen. Vor der eigentlichen Entscheidung steht als dritte Stufe ein gewähltes, internationales Komitee der Mitgliedsländer, das eine Vorauswahl trifft und insofern die Wahl deutlich vereinfacht.

Ein Vorschlag muss dabei mindestens eines von zehn Auswahlkriterien erfüllen. Beispielsweise gilt es als Aufnahmegrund, wenn es sich bei der vorgeschlagenen Stätte um ein Meisterwerk menschlicher Schöpferkraft handelt oder aber um ein außergewöhnliches Zeugnis einer kulturellen Tradition. Auch Gebäudetypen, die bestimmte Abschnitte der Geschichte verdeutlichen, besondere Naturphänomene, Lebensräume außergewöhnlicher Biodiversität und anderes gelten als schützenswert und können zu einer Aufnahme in die Welterbeliste führen. Entsprechend vielgestaltig ist die Sammlung. Um sie auf eine einheitliche Art zu präsentieren, haben die Verfasser farbig bebilderte, kurze Einzelportraits gewählt.

Zahlreiche Welterbestätten haben längst weltweite Berühmtheit erreicht, während andere noch wenig bekannt sind. Trotzdem ist es auch bei den bekannten Stätten wie dem erwähnten Great Barrier Reef spannend, in kompakter Form einige wichtige Details zu erfahren. Beispielsweise, dass das Riff aus 2900 Einzelriffen besteht und zusammen eine Fläche von 20 000 Quadratkilometern einnimmt. Oder dass zu der spektakulären Artenvielfalt allein mehr als 1500 Fisch- und 5000 Weichtierarten gehören.

Fast dreißig Jahre später wurde mit dem Wattenmeer im Jahr 2009 ein Naturdenkmal auf der anderen Seite des Globus in die Liste aufgenommen. Ein zweiter Aufnahmegrund war hier, dass das Wattenmeer ein Zeugnis wichtiger Stadien der Erdgeschichte darstellt. Das große Küstenfeuchtgebiet wird fast ausschließlich von den Gezeiten bestimmt und zeichnet sich durch seine nicht endende Dynamik aus. Immer wieder bilden Kanäle, Barriereinseln, Rinnen und Salzwiesen ein sich änderndes Netzwerk und geben zahlreichen Tieren ihren Lebensraum.

Nicht minder beeindruckend ist die Natur des Nationalparks Thingvellir auf Island. Seinen Eingang in die Liste verdankt der Ort allerdings einem anderen Grund: Im Jahr 930 fand hier erstmals das Althing statt, eine Versammlung unter freiem Himmel, die ganz Island repräsentierte und bis in das 18. Jahrhundert Bestand hatte. Insofern spiegelt das Althing hervorragend die mittelalterliche nordisch-germanische Kultur wider. Auch die anderen Kriterien zeigen sich in faszinierenden Stätten, auf die man beim Weiterblättern in dem Buch trifft. Beispielsweise auf die antike nabatäische Stadt Petra in Jordanien, die Akropolis in Athen, die Moschee-Kathedrale und Altstadt von Cordoba oder die Kathedrale Notre-Dame in Reims als einzigartige Ortschaften oder Gebäude. Die Reihe ließe sich jedenfalls lange fortsetzen.

Da die Portraits chronologisch, das heißt abhängig vom Zeitpunkt der Aufnahme in die Liste, dargestellt werden, geht es nicht ohne Inhaltsverzeichnis. Zumindest, wenn man die über 800 Seiten nicht einfach durchstöbern möchte, sondern gezielt nach einer Welterbestätte in einem bestimmten Land sucht. Praktischerweise bieten es die Verfasser in zwei Versionen an. Zum einen als alphabetischen Index, zum anderen geordnet nach Ländern. Die so gefundenen Porträts umfassen meist eine, teilweise auch zwei Seiten und sind leicht zu lesen. Zwar fehlt manchmal der rote Faden, doch machen sie zusammen mit den überzeugenden Farbfotos Appetit – Appetit, sich selber auf die Reise zu machen und bewusst zu schauen und zu staunen.

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