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Glaubensbekenntnisse eines Physikers

Paul Davies ist ein produktiver Autor. Bis heute hat er es auf mindestens 27 Sachbücher gebracht, daneben zahllose Zeitschriftenbeiträge (zum Beispiel Spektrum der Wissenschaft 4/2008, S. 42), Herausgeberwerke, Fernsehserien und natürlich eine Fülle von Fachartikeln. Denn eigentlich ist der Brite, der heute an der Arizona State University lehrt, auch ein ernsthafter Wissenschaftler, der sich mit Kosmologie, Quantenfeldtheorie und Astrobiologie beschäftigt.
Blickt man etwas näher hin, so gewinnt man jedoch den Eindruck, dass Davies immer wieder das gleiche Buch schreibt, nämlich über "Gott und Welt", genauer: über die Beziehung von Kosmologie, Teilchenphysik und Religion. Das muss kein Schaden sein. Denn die ersten beiden Themen entwickeln sich so rasant, dass es immer wieder Neues zu berichten gibt; und prominente Vertreter der Religion reiben sich stets aufs Neue an Themen wie der Evolutionstheorie oder der Urknallforschung.

Bei einer derart intensiven Auseinandersetzung mit diesen Grenzbeziehungen ist es nicht verwunderlich, dass Davies 1995 den Templeton-Preis erhielt, der sich "dem Fortschritt in Richtung von Forschung oder Entdeckungen spiritueller Realitäten" widmet. Die Templeton-Stiftung steht unter dem Verdacht, eine Art kreationistischer Geheimagentur zu sein; aber wohlgemerkt: Der Templeton- Preis an sich kennzeichnet seinen Empfänger noch keineswegs als unseriös.

Die These, dass "das Universum wie für uns geschaffen ist", firmiert seit Längerem als das "Anthropische Prinzip" (AP; siehe Spektrum der Wissenschaft 2/1982, S. 90). In seiner "schwachen" Version besagt es, dass das Universum mit der Tatsache unserer Existenz kompatibel sein muss. Nur in der "starken" Variante behauptet es, der Kosmos und seine Naturgesetze seien so gebaut, dass darin unweigerlich intelligentes Leben entstehen müsse. Über das AP hat Davies bereits 1982 das Buch "The Accidental Universe" herausgebracht und seither in weiteren Büchern – "Der Plan Gottes", "Kann alles Zufall sein?", "Die Unsterblichkeit der Zeit. Die moderne Physik zwischen Rationalität und Gott" – diskutiert. In seinem "Kosmischen Volltreffer" steht es jetzt abermals im Mittelpunkt.

Während die schwache Version eher nach einer Binsenweisheit klingt, wurde das starke AP schon bald als "religiöser Humbug" bespöttelt, wie Davies in seinem Vorwort etwas bitter vermerkt. Aber nun sieht er das "Prinzip" weit gehend rehabilitiert, vor allem, seit Stringtheoretiker über Multiversen spekulieren und sich unser Universum samt seinen Naturgesetzen nur als eines unter zahllosen gleichfalls existierenden vorstellen. Umso mehr freut sich der Autor über den "glücklichen Zufall, dass in unserem Universum Leben möglich ist".

Während Davies die "großen Fragen" der modernen Kosmologie wie auch der Teilchenphysik schildert, mischt er immer wieder, nicht immer passend, die Gottesfrage dazwischen. Für denjenigen, den das auf die Dauer nervt, hat er ans Ende seines Buchs ein Nachwort mit "Ultimativen Erklärungen" gestellt. Die sind nun wirklich kompakt und hilfreich. Auf zehn Seiten fasst er nämlich die wichtigsten Deutungsthesen über die Welt zusammen, vom "absurden Universum" (das er für absurd hält), dem "einzigen und einmaligen Universum" (das er auch nicht mag) über "Intelligentes Design" (von dem er sich distanziert) und das "Lebensprinzip" bis zum "sich selbst erklärenden Universum". Nur die beiden letzten Thesen finden seine Gnade, denn: "Vielleicht wird das Sein nicht von 'außen' geschenkt, indem einer 'Möglichkeit' von einer unbekannten Agentur (also von transzendenten Seins-Erzeugern) der 'Odem eingehaucht' wird, sondern es ist auch etwas, das sich selbst aktiviert. Ich bin der Ansicht, dass nur selbstkonsistente Schleifen in der Lage sind, sich selbst zu verstehen und zu erschaffen, weswegen nur Universen mit(...) Leben und Geist wirklich existieren."

Diese Thesen geben Davies denn auch Raum für persönliche Glaubensbekenntnisse: "Mir scheint, dass es einen echten Plan der Dinge gibt … Mag sein, dass das eine Art religiöse Überzeugung darstellt." Dagegen wäre nichts zu sagen, schließlich kann jeder glauben, was er für richtig hält. Wer jedoch ein reines Sachbuch über den aktuellen Stand der Kosmologie und Quantenphysik erwartet, wird nur zum Teil auf seine Kosten kommen. Dagegen ist das Buch eindeutig an Leser gerichtet, die schon immer wussten, dass der große Uhrmacher die Welt mitsamt ihren lebenden und toten Inhalten hervorgebracht hat.

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