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Arsen und Spitzenhäubchen

Hatten Sie auch schon mal einen Mordgedanken oder gar eine Mordfantasie? Dann brauchen Sie sich jetzt keine Gedanken machen und den nächsten Psychiater aufsuchen: Laut David Buss ist das ganz normal! Denn schenkt man seinem aktuellen Buch "Der Mörder in uns – Warum wir zum Töten programmiert sind"große Aufmerksamkeit und Glaubhaftigkeit, so sind diese Gedanken evolutionsbiologisch bestimmt. Wir haben schon immer gemordet, deshalb tun wir das heute auch noch!

Und Buss geht noch weiter: Als Psychologe behauptet er, dass Mörder keine krankhaften Außenseiter sind oder Kriminelle, sondern ganz normale Menschen, wie Sie und ich. Also beruhigend finde ich diesen Gedanken nicht, und richtig glauben mag ich ihn auch nicht.

In seinem Buch versucht Buss den Mord aus evolutionsbiologischer Sicht zu betrachten. Das Programm zu Töten liegt seiner Ansicht nach in unseren Genen verankert. Dabei stützt sich seine Theorie auf das neue Fachgebiet der so genannten Evolutionspsychologie oder Evolutionären Psychologie. Diese Theorie betrachtet den Menschen nicht nur in seiner körperlichen Veränderung, sondern auch in seinem Verhalten an die Umwelt, an die er sich immer mehr anpassen musste.

Anhand von eingehenden Untersuchungen versucht der Autor herauszufinden, wann und warum Menschen töten, und was jeden von uns zu einer solchen Tat treiben kann. Die Basis für dieses Werk liefern detaillierte und umfangreiche Datenmaterialien aus FBI- und anderen Polizeiarchiven. Unterstützt werden sie durch zahlreiche Interviews mit Menschen, die alle schon einmal einen Mord in Gedanken durchgeführt haben. Buss und Kollegen wollten wissen, wann sie diesen Gedanken hatten, also aus welchem Anlass sie bereit waren zu töten, und auf welche Art und Weise sie diesen Mord durchführen wollten.

Buss beschreibt in seinem Buch die unterschiedlichen Mordmotive: Partnermorde, Morde aus sexueller Gewalt heraus, Konkurrenzmord, den Serienmörder und die Menschen, die über Leichen gehen. Sehr ausführlich geht er auch auf Eltern ein, die ihre Kinder ermorden. Auch der Brudermord, wie wir ihn schon von Kain und Abel kennen, kommt nicht zu kurz – an einigen Stellen hatte ich das Gefühl, ich lese gerade einen Krimi!

An dieser Stelle stellen sich für mich diverse Fragen: Sind wir geborene Killer? Ist das alles mit der Evolution zu entschuldigen? Buss sagt, der Mord ist wie ein Röntgenbild, das uns das Innere des menschlichen Wesens enthüllt. Ist dem tatsächlich so? Sicherlich werden sich viele an den Fall Bachmeier aus dem Jahre 1981 erinnern. Hier hat eine Mutter den Mörder ihrer Tochter im Gerichtssaal erschossen. Selbstjustiz heißt es in den Akten. Der Mörder ihrer Tochter, ein Mörder weil die Evolution es so wollte? Frau Bachmeier, eine Mörderin weil es die Evolution so wollte?

So könnte man die Liste mit vielen Beispielen verlängern. Sind solche Morde unser genetisches Erbe? Sind das die Dinge, für die wir zu töten oder auch zu sterben bereit sind? Ich denke, darüber sollte sich jeder selbst ein Urteil fällen. Für mich steht allerdings fest: So leicht, kann ich mir die Morde nicht erklären. Soll ich mir tatsächlich bewusst machen, so wie es der Autor am Ende seines Buches empfiehlt, dass die Gefahr besteht, dass ich umgebracht werde? Was wären denn dann die Gründe für einen Mord an meiner Person: Ein Amokläufer in einer Schule, mein Ehemann aus Liebe oder einer meiner Kollegen, weil er in mir eine Konkurrentin sieht?

Für mich nicht so einfach zu beantworten. Machen Sie sich auch ein Bild von unsere Mordfähigkeit, aber glauben Sie nicht alles!

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