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In den Wolken lesen

Die in der Atmosphäre herrschende Dynamik führen uns die Wolken in ihrer Vielfalt besonders einprägsam vor Augen. Der Franzose Jean-Baptiste Lamarck und der Engländer Luke Howard machten sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts daran, die Wolken zu klassifizieren.

Besonders die Einteilung von Howard bildet bis heute eine Grundlage für die Klassifikation der Wolken. Rein empirische Beobachtungen erfassten die Wolken in Grundtypen und wiesen ihnen Höhenstockwerke in der Atmosphäre zu. In der ständigen Veränderung der Wolken erkannte Howard eine wichtige Beobachtungsgrundlage für die Wettervorhersage.

Auch wenn inzwischen das Verständnis für die Physik der Wolken weit fortgeschritten ist, bleibt für die Klassifizierung der Wolken in erster Linie ihre Beschreibung. Für die Dokumentation des Erscheinungsbilds der Wolke ist die Fotografie unentbehrlich geworden. Und damit kommen wir bereits zu einer zentralen Beurteilung dieses Wolkenatlas. Die meisterliche Wolkenfotografie und die sorgfältige grafische Gestaltung des Bands verdienen uneingeschränkte Aufmerksamkeit.

Es sind nicht die Abbildungen allein, die überzeugen. Die Beschreibung der Wolkengattungen ist tief gestaffelt nach Wolkenarten, Wolkenunterarten und Sonderformen. Es fehlen nicht die für die Wolkenklassifikation verbindlich festgelegten lateinischen Begriffe mit den üblichen Abkürzungen. Unterstützung bieten Tabellen und Grafiken. Sehr benutzerfreundlich ist der Bezug zum Wettergeschehen am Tag der Aufnahme. Das sind Anknüpfungspunkte für selbständige Wetterbeobachtungen. Die Beobachtung der Entwicklung von Wolken über mehrere Stunden kann die Grundlage für eine Vorhersage sein, etwa der Übergang von Cirrostratus in Altostratus als Ankündigung von Regen.

Die Klassifizierung von Wolken ist nicht immer einfach. Am Himmel ist selten eine Wolkengattung allein. Wolkengattungen überlagern sich oder fließen ineinander. Das reichhaltige Bildangebot im Wolkenatlas hilft auch in schwierigen Fällen weiter. Es ist das verlässliche Übungsmaterial zur Schulung der Augen und zur Selbsthilfe bei der Klassifizierung. Bernhard Mühr, der den meteorologischen Text zum Wolkenatlas bearbeitet hat, bietet neben dem Abschnitt "Wolken selbst klassifizieren" in jeder Beschreibung der Wolkengattungen die Rubrik "Unterscheidung von anderen Wolkengattungen", welche die Klassifizierung erleichtern soll.

Bernhard Mühr ist auch den "Besonderen Wolken und Erscheinungen" auf der Spur. Wenn sich Wolken über Schornsteinen oder über Kühltürmen bilden, Kondensstreifen am Himmel erscheinen und Nebelschwaden übers Land ziehen. Wolkenbildungen in Verbindung mit Inversionen und Konvektion liefern interessante fotografische Dokumente. Ebenso Wolkenfelder, deren Großflächigkeit eindrucksvoll vom Berggipfel oder vom Flugzeug aus wahrgenommen wird.

Ein besonderes Kapitel stellen Wasser und Eisteilchen dar, die in der Atmosphäre unterwegs sind. Sie bilden die Grundlage für fallenden Niederschlag wie Regen und Schnee sowie für abgesetzten Niederschlag wie Tau oder Reif. Fotografische Motive gibt es reichlich und jede Niederschlagsart wird in dieser aufwändigen Publikation in Wort und Bild erklärt.

Wasser- und Eisteilchen sind aber auch die Basis für optische Erscheinungen in der Atmosphäre. Halos an Eiskristallen und Regenbogen an Regentropfen sind lohnende Objekte für Fotografen. Im Wolkenatlas sind sie und eine Reihe anderer optischer Erscheinungen gut ins Bild gesetzt und sachkundig erläutert.

Der Mitherausgeber Winfried Berberich lädt den Leser im letzten Teil des Buchs zu einem "Kleinen Ausflug in die Astronomie" ein. Obwohl ihm nur 39 Seiten zur Verfügung stehen, weckt Berberich die Neugier für Sonne, Mond, Planeten und Sterne. Wie es in dieser Veröffentlichung nicht anders zu erwarten ist, sind es die Fotos, die belegen, was ein engagierter Sternfreund alles leisten kann. Es ist die moderne Fototechnik, die schon mit einfachen Kameras und kleinen Fernrohren das Universum ins Bild bringt. Die Astrofotos von Winfried Berberich stehen den Wolkenfotos nicht nach. Die Vielfalt der Himmelsfotografie wird deutlich gemacht, von Sonnenfinsternisaufnahmen über das Beispiel einer Mondphase bis zum Großen Orionnebel im Sternbild Orion.

So lernt man neben Formenreichtum und Schönheit der Wolken auf dem Planeten Erde auch die Objekte in unserer Milchstraße kennen. Anregungen für eigene Beobachtungen und fotografische Versuche gibt es viele. Das und ein sorgfältiges Layout machen die Neuerscheinung zu einem Sachbuch der besonderen Art.

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  • Quellen
Sterne und Weltraum 4/2009

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