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Darum ein Deutschlandatlas!

Sind wir noch zu retten? Da fragt sich der für den "Deutschlandatlas" verantwortliche Herausgeber Sebastian Lentz einleitend doch allen Ernstes: "Warum ein Deutschlandatlas?" Und wir fragen uns: Haben wir denn kein Google-Earth-Internet, kein GPS-Handy, kein Navi? Dabei weiß doch mittlerweile jedes Kind aus seinen Sommerferien, dass Deutschland im Westen von Texel, im Süden von Mallorca und im Norden von Rügen begrenzt wird – und, wie die Eltern wissen, im Osten von Billiglohninseln deutscher Konzerne. Warum also doch ein Buch?

Die Antwort lautet: Weil wir eine zivilisierte Gesellschaft aus alphabetisierten Bürgern sind, die an geografischen Dimensionen und Argumenten über Urlaubsinseln, Schneestürme und Verkehrsstaus hinaus interessiert sind; weil uns politisch und massenmedial reproduzierte Stereotypen wie "Besser-Wessi" und "Jammer-Ossi" oder das Märchen vom millionenfach arbeitslosen Bildungsversager nicht mehr beeindrucken. Wir wollen in unserem Land räumlich Einheitliches, Unterschiedliches und Ungleiches aufspüren, um beispielsweise an die bundesgesetzliche Forderung nach Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zu erinnern. Und weil wir uns nach dem hektischen Ausblick auf Börsengeschehen und Weltpolitisches nun endlich einen Einblick zur Orientierung und Selbstvergewisserung im eigenen Land leisten oder neu erarbeiten wollen – und auch, weil wir uns ein Bild von unserem Land in der Welt machen wollen. Dafür und für vieles mehr eignet sich dieses Werk hervorragend

Als selbstgestellte Aufgabe nimmt sich der Atlas auf 240 Seiten also vor, den Leser in die Lage zu versetzen, sich mit Hilfe der hochpräzisen Karten selbst ein differenziertes Bild von Deutschland zu machen. Auf zehn große, in sich mehrfach gegliederte Themenbereiche richtet sich dabei der Fokus der Autoren – Bevölkerung und ihre Dynamik (etwa Migranten, Alter und Geschlecht, demografische Entwicklung), Erwerbstätigkeit und Lebensbedingungen (Voll- und Teilzeitbeschäftigung, Arbeitslosigkeit, soziale Mindestsicherung, Einkommensverteilung), Märkte und Unternehmen (die 500 umsatzstärksten Unternehmen, die 50 größten Banken, räumliche Organisation von Märkten, Branchen und Beschäftigte und mehr), Bildung und Kultur (Bildungswesen und Schularten, PISA, Hochschulen, Kulturzentren, Medienanstalten etc.), Städte und Siedlungsentwicklung (darunter Planung, Trends, Städte im Auf- und Abwind der Globalisierung), Staat und Infrastruktur (zum Beispiel Raumorganisation, staatliche Aufgaben, Unterschiede in den Versorgungsstandards, technologischer Wandel), Naturraum (mit Geologie, Gewässer, Relief, Böden, Klima, Biodiversität), Gestaltete Umwelt (Kulturlandschaft, Artenschutz, Schadstoffe usw.), Alltagsleben (etwa veränderte gesellschaftliche Leitbilder, Ehe, Familie, Kinder, Alte, Lebensstandards und -stile) und Deutschland in der Welt (Entwicklungspolitische Zusammenarbeit, militärische Bündnisse, europäische Vertragssysteme, Deutsche im Ausland, Kulturexport). An jeden Themenbereich fügt sich ein eigenes Glossar an.

Die 200 farbigen Karten des Deutschlandatlas, die jeweils ganz Deutschland in vergleichbaren Maßstäben bis auf Kreisgliederungsebene zeigen, beleuchten die genannten Sachverhalte nicht nur in ihrer räumlichen Bezogenheit. Sie lassen den Leser vor allem auch Srukturen, Kausalitäten und Funktionen entdecken, wo er sie aus gewohnter Perspektive sicher nicht vermuten würde. Die zugrunde liegenden geprüften statistischen Daten wurden mehrheitlich in den letzten zehn Jahren erhoben. Die jeweils begleitenden allgemeinverständliche Texte sollen die Interpretation des Kartenbilds erleichtern.

Ein Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen, ein umfangreiches kapitelbezogenes Literatur- und Quellenverzeichnis sowie ein Bildnachweis beschließen einen qualitativ besonders hochwertigen und inhaltlich sehr empfehlenswerten Atlas des Leibniz-Instituts für Länderkunde.

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