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Prachtvolle Großschnäbel

Die schwere Box im Format eines Folianten ist etwas für hartgesottene Liebhaber. Es geht um die Tukane (Ramphastidae), jene großen lateinamerikanischen Tropenvögel mit dem überdimensionierten Schnabel. Der britische Naturforscher John Gould (1804-1881) erstellte von 1852 bis 1854 gemeinsam mit seinen Mitarbeitern 51 Lithografien für die zweite Ausgabe seines Werks über diese farbenprächtigen Vögel. Wer die ausdrucksvollen Darstellungen sieht, mag kaum glauben, dass Gould im Wesentlichen mit ausgestopften Präparaten gearbeitet und nur die wenigsten Tukane je lebend gesehen hat.

Gould gehörte zu den ersten Ornithologen und Tiermalern seiner Zeit. Ihm übergab Charles Darwin nach seiner Weltreise die Bälge seiner später so berühmten Galapagos- oder Darwinfinken zur Bestimmung, unsortiert und teilweise völlig falsch klassifiziert, denn Darwin selbst hielt seine Mitbringsel damals für wenig bedeutsam. Der Londoner Kurator Gould brauchte nur wenige Tage, um sie einer völlig neuen gemeinsamen Gruppe eng verwandter Arten zuzuordnen.

Zum Lebenswerk dieses Ausnahmeforschers gehören etliche umfassende, oft mehrbändige Werke über Vögel verschiedener Weltregionen, die er mit genauen, heute hoch gehandelten Bildern vorstellte. Eine erste Ausgabe des Tukane-Buchs erschien Mitte der 1830er Jahre. Für die umfangreichere zweite Ausgabe legte Gould sämtliche Darstellungen neu an. Er ordnete diese Vögel nun in 51 Arten, die er in Lebensgröße wiedergab. Die Tafeln maßen 55,9 mal 40,6 Zentimeter.

Die hier vorgestellten, zum Einrahmen gedachten Abdrucke sind ein wenig kleiner. Leider liegen die wissenschaftlichen Begleittexte Goulds nicht bei. Dafür gibt es einen informativen Übersichtstext von dem prominenten britischen Ornithologen Jonathan Elphick, der Goulds Werk historisch und aus heutiger Sicht beleuchtet.

Dort steht auch folgende Geschichte, die von den Indianern Brasiliens überliefert ist: Hockt ein Tukan in seiner Baumhöhle, so dass nur der Riesenschnabel zu sehen ist. Die anderen Vögel halten ihn für ein gewaltiges Tier und sind bereit, ihn als König zu akzeptieren. Als er dann herauskommt, rufen sie: "Er ist ja nichts als Nase!"

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  • Quellen
Spektrum der Wissenschaft 1/2012

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