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Geheimakte Vatikan

4. Mai 1998: Innerhalb der Mauern des Vatikans werden drei Menschen erschossen aufgefunden – der Oberstleutnant der Schweizergarde, seine Frau und ein Untergebener. Doch anstatt Ermittlungen aufzunehmen, präsentiert der Vatikan kurzerhand einen Schuldigen und legt – trotz unübersehbarer Widersprüche – den Fall zu den Akten.

Was wie ein Thriller aus der Feder von Dan Brown klingt, ist in Wahrheit eine Episode aus dem neuen Sachbuch des italienischen Journalisten und Autor Corrado Augias.

Anhand verschiedener historischer Ereignisse erzählt er gekonnt Geschichte mit Geschichten, um so Werden und Wirken der heiligen Institution im Verlauf der Jahrhunderte zu beleuchten. Der Autor räumt dabei ein, dass er keinen Anspruch auf inhaltliche oder chronologische Vollständigkeit erheben will – dies ist angesichts der langen und bewegten Geschichte des Vatikans nicht nur legitim, sondern auch unerlässlich. Zuweilen irrt der Leser allerdings etwas ratlos durch die Jahrhunderte, da die unterschiedlichen Geschichten nicht immer durch einen erkennbaren roten Faden verknüpft sind.

Die einzelnen Episoden reichen von den Anfängen des Christentums über die Ursprünge der Schweizergarde, die gefälschte Konstantinische Schenkung um das Jahr 800, den Templerorden bis in die Moderne. In einem der letzten Kapitel nimmt Augias die Position des Papstes zur Zeit des Nationalsozialismus unter die Lupe. Hierbei gelingen ihm historisch fundierte Passagen, die von einer guten Kenntnis der Geschichte des Zwergstaats und der Stadt Rom zeugen. Der Autor verfügt jedoch nicht nur über detailliertes historisches Fachwissen, sondern er versteht es auch, seine Kenntnisse packend zu vermitteln.

Bedauerlich ist, dass er zuweilen auf verschwörungstheoretische Irrwege gerät. Etwa wenn er den Dreifachmord im Vatikan schildert oder dem frühen Tod des "33-Tage-Papstes" Johannes Paul I. im Jahr 1978 auf den Grund zu gehen versucht. Hier wiederholt er lediglich altbekannte Spekulationen – nach neuen Erkenntnissen und tieferen Einblicken in diese ominösen Fälle sucht der Leser vergeblich.

Letztlich werden Geschichtsinteressierte, auch wenn die großen Geheimnisse des Vatikans ungelüftet bleiben, in diesem Buch aber einen gleichermaßen spannenden wie informativen Stoff vorfinden.

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  • Quellen
epoc 6/2011

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