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Aufbruch ins Unbekannte

Im Buch "Die großen Entdecker" stellt Ulli Kulke zwölf Entdecker, ihr Leben und ihre abenteuerlichen Reisen vor. In einer kurzen Einleitung geht er auf die Beweggründe der Entdecker ein und skizziert kurz das jeweilige Zeitalter der Entdeckungen. Danach kommen die "Fernfahrer" selbst zu Wort. Im Mittelpunkt steht dabei nicht ein bloßer Abriss ihres Lebens, sondern der Autor versteht sich darauf, Reisen und Abenteuer packend nachzuerzählen und die Hauptpersonen anhand zeitgenössischer Schilderungen auch als Menschen näher zu bringen. Der Leser taucht so in jedem der zwölf Kapitel in eine andere Welt ein und fiebert mit den Reisenden und Abenteurern mit.

Eine Karte zur Orientierung sowie jeweils ein kleiner, abgesetzter Exkurs zum Lebenslauf der Persönlichkeit geben den nötigen Hintergrund, ehe die abenteuerlichen Reisen selbst geschildert werden. Dabei verliert Kulke nie die historische Bedeutung ihrer Unternehmungen aus den Augen. Er erläutert das welt-, kultur- oder nationalgeschichtliche Umfeld der jeweiligen Reisen oder Epochen und versucht, ungeklärte Aspekte im Leben oder auf den Expeditionen hervorzuheben und so mancher scheinbar altbekannten Geschichte eine neue interessante Wendung zu geben.

Am Beginn steht Leif Eriksson (um 978 bis 1020) – der Wikinger, der gemeinhin als erster Europäer auf amerikanischem Boden angesehen wird. Weniger bekannt als er ist Wilhelm von Rubruk, der auf diplomatischer Mission in die Mongolei zog. 120 000 Kilometer zwischen dem Mittelmeerraum und China legte dann Ibn Battuta (1304-1369) zurück, der zudem eine fantastische Weltbeschreibung verfasste. Bevor sich der Autor mit Christoph Kolumbus (1451-1506) und seinen Fahrten beschäftigt, geht es erst noch um den chinesischen Admiral Zheng He (1371-1433), der zahlreiche Seefahrten in fast allen Meeren der Welt unternahm und vielleicht sogar schon vor Kolumbus in Amerika landete.

Francisco Pizzaro (etwa 1478-1541), der Eroberer des Inkareiches, steht stellvertretend für die frühen Abenteurer, die in der "Neuen Welt" ihr Glück suchten. Francisco Serrao machte sich dadurch einen Namen, dass er die nördlichen Molukken entdeckte – sie wurden als "Gewürzinseln" bekannt. Zu den großen Namen zählt dann wieder James Cook (1728-1779), der auf drei Weltumsegelungen die Welt des Pazifik erforschte und während der dritten Expedition auf Hawaii umkam.

Mit dem Universalgelehrten und Weltreisenden Alexander von Humboldt (1769-1859) begibt sich der Autor erneut in die "Neue Welt". Während Humboldt in Südamerika unterwegs war, erforschten die beiden Offiziere Meriwether Lewis und William Clark zwischen 1804 und 1806 im Auftrag des US-Präsidenten den zuvor von Napoleon abgekauften Nordwesten Nordamerikas. Die beiden letzten Entdecker Heinrich Barth und Henry Stanley (1841-1904) entführen den Leser schließlich nach Afrika.

Ulli Kulke ist kein Historiker, sondern Volkswirtschaftler und Zeitungsredakteur. In letzter Zeit schreibt er vor allem für Die Welt – vielfach über historische Themen. Sein beruflicher Hintergrund mag erklären, warum sich dieses Buch keineswegs langatmig oder wissenschaftlich liest, sondern packend und mitreißend geschrieben ist. Beinahe bedauert man am Ende, dass der relativ schmale Band so schnell ausgelesen war.

Andererseits scheint Knappheit ein gewisses Manko dieses Buches zu sein. Die Texte bleiben manchmal zu sehr an der Oberfläche und damit ungenau. Um sich weiter ins Thema vertiefen zu können, würde man sich wünschen, dass die Literaturliste am Ende des Buches ausführlicher ausfiele. Auch die Bebilderung bleibt relativ spärlich: Ein paar Karten, Pläne, historische Fotos – das war es.

Man könnte sich darüber hinaus über die Auswahl Kulkes wundern – nennt sich das schmale Buch doch "Die großen Entdecker" und lässt dann Namen wie beispielsweise Ernest Shackleton, Roald Amundsen oder Edmund Hillary aus. Das 20. Jahrhundert wird beinahe komplett ausgespart. Darüber könnte man jedoch angesichts des vorgegebenen Umfangs hinwegsehen, denn insgesamt wurde eine recht interessante Mischung aus allgemein bekannten und weniger berühmten, aber nicht minder "großen Entdeckern" gefunden, die gleichermaßen für Jugendliche und Erwachsene, geschichtlich Interessierte und Laien spannenden Lesestoff bietet.

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