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Ein erhellendes Werk

Es wäre ganz sicher verfehlt, den etwas seltsamen Titel des Buchs mit "Lichtempfänger" zu verwechseln, worunter heutzutage – neben dem Auge – technische Rezeptoren vielfältiger Art verstanden werden.

Das Interesse des Autors an den "menschlichen und geistigen Dimensio­nen des Lichts", wie Goethes Farbenlehre oder Rudolf Steiner, für den Licht ein rein geistiges Phänomen war, wurde von frühen Mentoren und durch Gespräche und Anregungen von Kollegen geweckt.

Das Ergebnis ist dieses in jeder Hinsicht ungewöhnliche und vor allem in der mir bekannten Literatur einmalige Buch. Es handelt über weite Strecken davon, wie sich Licht im Bewusstsein des Menschen manifestiert. Daher ist es anfangs eine Geschichte der »Licht-Erfahrungen«, überliefert durch Kunst, Mythen und schriftliche Dokumente vergangener Kulturen:
  • Im alten Ägypten wurde die Natur des Lichts mit dem »Sehen«, dem Auge des Sonnengottes Ra gleichgesetzt…
  • In Persien beschäftigte sich im zweiten Jahrtausend v. Chr. Zarathustra mit dem Ursprung des Lichts und seinem Gegenstück, der Finsternis, in einem kosmischen Schöpfungsmythos…
  • Für die Juden geht in den Berichten der Bibel der Sündenfall des Menschen mit dem Sturz Luzifers, dem Lichtbringer, einher…
  • In China entwarf Mani, »der Bote des Lichts« eine Universalreligion – als Vereinigung des Erbes von Buddha, Christus und Zarathustra…

In einer kleinen Schrift "De Luce" ("Über das Licht") hat Robert Grosseteste im 13. Jahrhundert n. Chr. eine Schöpfungsgeschichte entworfen, in der die Entstehung des Universums durch Ausbreitung und Veränderung des Lichts beschrieben wird. Diese Schrift gilt heute als einzige wissenschaftliche Kosmogonie zwischen Platons »Timaios« und den Erkenntnissen ab dem 18. Jahrhundert.

Etwa mit Grosseteste und Brunelleschi, die um 1420 die "Zentralperspektive" in der bildenden Kunst "erfanden", wandelt sich die Betrachtungsweise des Lichts – weg vom Spirituellen hin zu einer mathematisch physikalischen Vorstellung.

Der Erkenntnisprozess des Lichts durch die Jahrtausende menschlicher Kulturen war vielfältig und sein Weg mit Irrtümern gepflastert. Beispielhaft sei die Äthertheorie erwähnt, der die Funktion von »Stützrädern« zur Ausbreitung der Wellenbewegung zukam.

In dieser Biografie des Lichts bleibt wirklich kein Aspekt unberücksichtigt: So diskutiert der Autor auch die lichtrelevanten Experimente und Theorien des 19. und 20. Jahrhunderts zur Quantenoptik und Relativitätstheorie von Planck, Bohr, Einstein, Heisenberg.

Es lohnt sich, den Leser auf zwei kleine Abschnitte besonders hinzuweisen: Nämlich einmal auf die fast poetische Schilderung einer brennenden Kerze (aus einem Weihnachtsvortrag von Michael Faraday in den Jahren 1860/61) – "sie eröffnet einen Weg zum Verständnis des Lichts". Zum anderen auf den Abschnitt über den Regenbogen, wo der Autor von mythischen Auffassungen und dichterischen Inspirationen der "schönsten Erscheinungsform des Lichts" bis zum heutigen (endgültigen) Verständnis hinführt.

Es sprengt den Rahmen einer Rezen­sion, im Detail die vielfältigen Aspekte anzusprechen, die uns vom Phänomen Licht seit drei Jahrtausenden überliefert sind, und deren Fülle Arthur Zajonc in seinem Buch so spannend vor dem Leser ausbreitet.

Als Physikprofessor und Spezialist für Quantenoptik am Amherst College in Massachusetts steht die fachliche Kompetenz des Autors außer Frage. Aber wenn auch der Klappentext eine populärwissenschaftliche Darstellung der Geschichte des Lichts verspricht – als leichte Bettlektüre ist das Buch nicht geeignet! Gerade das tiefere Verständnis der modernen Ergebnisse über das Licht erfordert doch intime Vorkenntnisse der einschlägigen Physik des 20. Jahrhunderts.

Die zwölf Kapitel unterteilen sich in viele kleinere Abschnitte, die (fast) alle durch die prägnante Äußerung eines Dichters oder Forschers eingeleitet sind. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis für weiterführende Studien, ein Abbildungsverzeichnis und das Personen- und Sachregister runden das Buch ab. Leider sind die den Text unterstützenden Grafiken und Halbtonbilder allesamt schwarz-weiß, aber gerade in einem Buch, dessen Thema Licht und Farbe ist, hätten einige Farbtafeln (zum Beispiel das Nordlicht auf S. 311) den Gesamteindruck aufgewertet.

Kaum jemand kann sich dem Zauber und der Faszination von Licht und Farbe entziehen – sei es bei Beobachtungen in der Natur oder auch nur beim Betrachten eines Gemäldes. Menschen, die mehr über die geheimnisvolle Wirkung und das Wesen des Lichts erfahren möchten, finden in diesem gescheiten Buch Antworten; es ist darüberhinaus vergnüglich zu lesen.

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  • Quellen
Sterne und Weltraum 10/2009

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