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Guter Mond, du gehst so stille

Wie heißt es in einem Volkslied so schön: "Guter Mond, du gehst so stille durch die Abendwolken hin"? Mit der Ruhe könnte es für unseren Begleiter nun vorbei sein. Der bei Oculum erschienene, großformatige "Fotografische Mondatlas" dürfte viele Menschen anregen, sich ihm zuzuwenden. Vielleicht steht sogar eine Renaissance der Mondbeobachtung ins Haus. Zu wünschen wäre es, ist doch der Mond der einzige Himmelskörper, auf dem bereits im kleinen Teleskop Oberflächenstrukturen zu sehen sind.

Bei ihrer Bezeichnung hat man sich von irdischen Vorbildern leiten lassen. Die Palette reicht von Ozean, Meer (Mare), Bucht, Krater, Berg, Tal, Rille bis hin zu Sumpf. Besonders faszinierend sind Objekte wie der Geisterkrater Stadius, die "Lange Wand" (Rupes Recta), das Schröter-Tal oder der Strahlenkrater Tycho. Alles was auf der Erde wissenschaftlichen Rang und Namen hatte, ist auf dem Mond vertreten. Er ist also weit mehr als eine lebensfeindliche Welt, die uns in 384 000 Kilometer Entfernung umkreist. Der Mond ist ein faszinierendes Beobachtungsobjekt – und ein Quell‘ der Fantasie.

Für die meisten Amateurastromomen war unser Trabant das erste Ziel: Was für ein Erlebnis, erstmals Krater im (wackeligen) Feldstecher zu sehen! War das Interesse geweckt, so reichte bereits ein kleiner Refraktor, um anhand einer Karte die Oberfläche zu erkunden. Mit einem größeren Teleskop kann man schließlich vollends in eine unbekannte Welt eintauchen. Eine hohe Vergrößerung und ruhige Luft gibt sogar das Gefühl einer "Mondlandung": Durch Betätigen des Handtasters der Nachführung schwebt man quasi über die Oberfläche wie einst die Apollo-Astronauten – dieses Liveerlebnis ist besser als jedes bunte Computerspiel.

Doch bicht nur visuell, sondern auch fotografisch ist der Mond ein lohnendes Ziel. Hier liefert der Atlas von Chu, Paesch und Weigand ebenfalls viele Anregungen. Er zeigt auf beeindruckende Weise, was heute mit Amateurmitteln dank Digitalkamera und Bildbearbeitung möglich ist. Zum Einsatz kamen handelsübliche Teleskope von 15 bis 35 Zentimeter Öffnung.

Die ersten 26 Buchseiten des "Mondatlas" gehören der Theorie. Zunächst wird ausführlich auf die Entstehung und Entwicklung des Mondes, seinen inneren Aufbau und die Topografie eingegangen. Anschließend geht es um die visuelle und fotografische Beobachtung, insbesondere die von den Autoren verwendete Teleskop-, Kamera- und Computertechnik. Der Text ist fundiert und sachlich geschrieben; ergänzend gibt es Bilder, Grafiken und Tabellen (zum Beispiel mit den Daten des Monds). Es fehlt aber leider ein historischer Abriss der Mondbeobachtung, und interessant wäre, etwas über die lunare Namensgebung oder bedeutende Mondzeichnungen zu erfahren, wie etwa die kurz nach der Erfindung des Fernrohrs entstandenen Skizzen von Harriot und Galilei oder das monumentale Kartenwerk von Julius Schmidt aus dem 19. Jahrhundert.

Der Hauptteil des Buchs zeigt dann 68 Mondregionen auf insgesamt 388 hochauflösenden Fotos, davon einige wenige in Farbe. Die 69. "Region" ist die Mondrückseite, von der es allerdings wohl sicherlich bessere Bilder gäbe. Der Leser erlebt einen kompletten Mondumlauf mit seinen verschiedenen Phasen. Durch unterschiedliche Lichtverhältnisse und die Libration (bei Objekten am Mondrand) entstehen immer neue Eindrücke, die im Atlas hervorragend wiedergegeben sind. Bildtexte erläutern die gezeigten Regionen und Formationen. Der Anhang bietet ein Glossar, ein Verzeichnis von 422 Mondformationen mit Koordinaten sowie Literaturhinweise.

Ich besitze noch den "Lunar Atlas" von Dinsmore Alter – vor 40 Jahren das Standardwerk. Verglichen damit ist das neue Werk hinsichtlich der Qualität der Bilder, des Layouts und des Drucks ein riesiger Sprung. Der Drang von damals lebt wieder auf: den guten alten Mond zu erkunden. Mit diesem Buch macht die Sache richtig Spaß.

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