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Emotionale Brücke statt Erkenntnis

Brauchen wir wirklich noch ein Buch von, mit oder über den Dalai Lama? "Ein friedvoller Geist ist wichtiger für das Glück als Geld" – das wussten wir schon vor der Lektüre dieses Zwiegesprächs zwischen dem geistigen Oberhaupt der Tibeter und dem Emotionspsychologen Paul Ekman. Spannung? Kommt selten auf, da die Dialoge oft ins Nirwana abschweifen. Erkenntnisgewinn? Kaum, denn wenn sich buddhistische Weisheit und westliche Wissenschaft über ein Thema austauschen, passen Fragen und Antworten selten so richtig zusammen. Da wirkt es eher hilflos, wenn immer wieder zu lesen ist, dass der Dalai Lama mal herzlich, mal vergnügt lacht und zuweilen gar gluckst oder kichert. Auch der Sinn zahlreicher Exkurs-Kästen bleibt unklar, zum Beispiel, wenn Ekman darin über seine Differenzen mit einem befreundeten Kollegen berichtet.

Nach rund 300 Seiten weiß der Leser nicht einmal, ob Emotionsmanagement und Achtsamkeitsmeditation – der westliche und der östliche Weg zum seelischen Gleichgewicht – überhaupt einen gemeinsamen Nenner haben. Oder verstellt die typisch westliche Ergebnisorientierung die Sicht auf den tieferen Sinn eines solchen Austauschs?

Denn im Lauf der Gespräche bildet sich eine emotionale Brücke zwischen den beiden Männern. Spürbar wird sie, wenn Ekman dem geistlichen Führer berichtet, wie er ihre erste Begegnung empfunden habe: als Erweckungserlebnis, das sein Leben veränderte.

Beide versuchen dafür eine Erklärung zu finden – vergebens. Und mit verkehrten Rollen: Während der Wissenschaftler eine mystische Erfahrung beschreibt, spekuliert der Dalai Lama über psychologische Faktoren wie Konzentration und Atmosphäre. So entwickeln sie zwar keine gemeinsame Theorie von Gefühl und Mitgefühl, stimmen aber darin überein, dass es emotionale Erfahrungen gibt, die weder Buddhisten noch Psychologen zu erklären vermögen.

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  • Quellen
Gehirn und Geist 11/2009

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