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Gesucht – gefunden? Das neuronale Substrat des Bewusstseins

Dieses Buch der beiden Neurowissenschaftler Gerald Edelman vom Neurosciences Institute in La Jolla und Giulio Tononi – inzwischen an der University of Wisconsin-Madison – verspricht nicht weniger als die Lösung des zentralen Problems der Philosophie des Geistes: eine wissenschaftlich fundierte Erklärung des bewussten subjektiven Erlebens. Wenn nach der Lektüre vielleicht auch nicht für jedermann eine befriedigende und allumfassende Lösung vorliegen mag, so ist der Leser doch überzeugt, dem Ziel ein ganzes Stück näher gekommen zu sein. Denn ausgehend von allgemeinen Eigenschaften unserer alltäglich erlebten Erfahrungswelt gelingt es den Autoren nach und nach, die zu Grunde liegenden anatomischen Strukturen und ihre neuralen Mechanismen anschaulich und durch eine Vielzahl von experimentellen Befunden belegt aufzudecken. Was nimmt der Leser davon mit? Vor allem die allgemeine Erkenntnis, dass für die Entstehung bewussten Erlebens nicht das Gehirn als Ganzes oder die Neuronen eines einzelnen Areals verantwortlich sind, sondern variable Neuronengruppen einer bestimmten Hirnstruktur, des so genannten thalamocortikalen Systems. Diese sind weiträumig über das Gehirn verteilt, verarbeiten eine Vielzahl komplexer sinnesspezifischer Informationen, wechselwirken rasch miteinander und finden sich dabei zu stetig veränderbaren und hoch differenzierten Aktivitätsmustern zusammen. Nun kann aber erst ein zu Grunde liegender selektiver Mechanismus – die Hirnforscher sprechen von “neuralem Darwinismus” – das Funktionieren eines solchen Prozesses sicherstellen. Demnach wählt unser Gehirn fortlaufend aus einer praktisch unendlichen Vielzahl möglicher Aktivitätsmuster eines aus, das die jeweils einzigartige Momentaufnahme einer subjektiven Erlebniswelt bewusst werden lässt. Aufbauend auf diesem Kernbereich des Gehirns entwickeln Edelman und Tononi dann eine Bewusstseinstheorie höherer Ordnung, die schließlich auch die Sprache und die Selbsterkenntnis mit einbezieht. Am Ende landen die Buchautoren bei allgemeinen philosophischen Überlegungen, die den menschlichen Geist und seine Erkenntnisfähigkeit auf ein biologisches Fundament stellen.

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  • Quellen
Gehirn und Geist 2/2002

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