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Leidenschaft für das Chaos

Manchmal geht Anke te Heesen, Leiterin des Museums der Universität Tübingen, mitten in der Nacht spazieren. Aber nicht ohne ihr Notizbuch. So manche Idee, die während einer nächtlichen Schlaflosigkeit kommt, schreibt sie auf. Und wer weiß – vielleicht reift manch eine zu einem spannenden Forschungsprojekt.

Te Heesen ist eine von zehn Geschichtswissenschaftlern, die in ausführlichen Interviews von ihren Arbeitsweisen erzählen. Die Autoren Alexander Kraus und Birte Kohtz wollen mit diesen Gesprächen "Lust auf das Schreiben der Geschichte" machen und gleichzeitig "Anregungen" liefern, "den eigenen Erkenntnisprozess zu reflektieren und neue Wege zu gehen".

Letzteres könnte gelingen: Die Hauptzielgruppe des Buchs sind Wissenschaftler. Das ist auch gut so, denn wo die Autoren Laien für das Geschichteschreiben begeistern wollen, hapert es: So manche Interviewfrage dürfte Nichtwissenschaftler abschrecken. Ohne Zweifel gut recherchiert, sind die Fragen leider unzugänglich formuliert und manchmal sogar länger als die Antworten.

Eine etwas seltsam anmutende Passion scheinen die Befragten zu teilen: "Wenn ich erst mal am Schreibtisch sitze, bin ich happy", sagt etwa Umwelthistoriker Christof Mauch. Den Autoren zufolge erliegen Geschichtswissenschaftler denn auch allesamt der »unwiderstehlichen Anziehungskraft des Historikerschreibtisches«.

Historiker also, die im stillen Kämmerlein in verstaubten Büchern blättern? Ganz und gar nicht! So unterschiedlich die ausführlichen Interviews ausfallen, so sehr ist den Wissenschaftlern gemein, dass sie keineswegs immer wohlüberlegt und strukturiert, sondern meist intuitiv und kreativ arbeiten. Sie sind Chaoten im besten Sinn – und wenn sie nachts spazieren gehen und ihnen Ideen für ihre zukünftige Forschung kommen, ist das ein erfrischender Widerspruch zum stillen Kämmerlein und den verstaubten Büchern.

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  • Quellen
Epoc 5/2011

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