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Viele Wege führen zum Glück

"Glück ist der Grad, in dem ein Individuum die allgemeine Qualität seines Lebens als Ganzes günstig bewertet", so formuliert es Ruut Veenhoven in etwas schwerfälligem Forscherjargon. Der niederländische Soziologe hat das Schlusswort in der Runde der 100 Wissenschaftler, die der Journalist Leo Bormans in seinem Sammelsurium der internationalen Glücksforschung zum Rapport gebeten hat. Zur Freude des Lesers beschäftigen sich die meisten seiner 99 Kollegen mit handfesten Fragen: Macht es glücklich, allein auf dem Gipfel eines Berges zu stehen? Und wie viel Glück steckt in einer Kugel Eis?

Mit der Bitte, ihre oft jahrzehntelange Forschung in 20 Zeilen auf den Punkt zu bringen, stellt Bormans Soziologen, Psychologen und Wirtschaftswissenschaftler vor eine Herausforderung. Das Endprodukt kennzeichnet vor allem eins: Vielfalt statt Tiefe. Denn obwohl sich keiner der Autoren akribisch an die Vorgaben hält, kratzen ihre Beiträge zwangsläufig nur an der Oberfläche, und in der Kürze können manche Autoren mehr, andere weniger überzeugen.

Doch der Herausgeber hätte kein einprägsameres Format wählen können, um zu zeigen, wie vielfältig die möglichen Quellen des Wohlgefühls sind und wie sehr es vom kulturellen Umfeld geprägt wird. Während etwa ein nepalesischer Forscher das größte Glück in den Kindheitserinnerungen an seine Großmutter verortet, hofft sein Kollege in Australien auf den technischen Fortschritt: "Ein Quantensprung für das Glück der Welt könnte durch künstliche, direkte Stimulierung unserer Gehirne gelingen."

Die Forschungsreise reicht vom staatlich geförderten Bruttonationalglück in Bhutan über Feldstudien bei der Glaubensgemeinschaft der Amischen zu den klassischen Laborexperimenten der Wirtschaftspsychologie. Der Ökonomin Claudia Senik von der Sorbonne in Paris gelingt das Kunststück, Forschung und Fazit in aller Kürze zu verbinden: Wenn Gruppe A und Gruppe B dieselbe Aufgabe gleich schnell bewältigen, doch eine Gruppe fälschlich meint, sie sei langsamer, ist sie unzufriedener mit ihrer Leistung. Ihre Empfehlung: Vergleichen Sie sich nicht mit anderen! Die meisten von Seniks Kollegen sehen das Schielen nach den Mitmenschen hingegen eher als Chance denn als Übel. So empfiehlt etwa der Psychologieprofessor Christopher Peterson von der University of Michigan in Ann Arbor: Suchen Sie das Glück in Ihren Beziehungen!

Die Beiträge werfen immer neue Schlaglichter auf den Einfluss der Umwelt, vor allem auf den eigenen Anteil am subjektiven Wohlergehen. Gesundheit, Sport, Humor, Erbanlagen, das Alter, Sinnerleben, Sex, Liebe, Freundschaft und Familienbande – die Forscher loten den Glücksbegriff in all seinen Fassetten aus. Während man sich anfangs noch wünschen mag, der Herausgeber hätte sich auf 20 Forscher beschränkt, diesen aber mehr Raum gegeben, möchte man auf der letzten Seite keinen Teil des interkulturellen Potpourris mehr missen.

Nach 100 verschiedenen Perspektiven, nach 100 Schlüsseln zum Glück, die der Leser am Ende mit auf den Weg bekommen hat, stellt sich nicht nur ein Gespür für die Unterschiede, sondern auch für den universellen Charakter der Glückssuche ein. Und vielleicht passt der eine oder andere Schlüssel auch in das ganz persönliche Schloss.

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  • Quellen
Gehirn&Geist 5/2011

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