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Imperium Sine Fine

Mit der Machtübernahme des Augustus zu Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. brach in der Vorstellung der Bewohner des Römischen Reiches nicht nur ein "Goldenes Zeitalter" an, sie waren auch davon überzeugt, dass dieser unbesiegbaren Weltmacht die Führungsrolle in der damals bekannten Welt zustünde. Trotzdem begann schon Augustus mit dem Aufbau eines Grenzsicherungssystems. Der "Limes" hatte bis ins späte 3. Jahrhundert Bestand, dann zwang der zunehmende Druck germanischer Stämme Diocletian ab 283 zur Neuorganisation der Grenzverteidigung. Dieser Zeitraum steht im Mittelpunkt des vorzüglich mit Fotos, Zeichnungen und Karten ausgestatteten Buches "Grenzen des Imperiums" der Archäologin Margot Klee, Leiterin der römischen Abteilung des Museums Wiesbaden und zuvor als Wissenschaftlerin am rekonstruierten Römerkastell Saalburg bei Bad Homburg tätig.

Nach einer knappen – fast schon etwas zu kurzen – Einführung zum Begriff "Limes", wird der Leser auf die Reise entlang der römischen Reichsgrenze von Großbritannien bis Nordafrika geschickt. Dabei wird klar, dass für die Römer der aus der Landwirtschaft abgeleitete Begriff "Limes" keine feste Grenzziehung bedeutete. Er diente vielmehr als "Symbol" und weithin sichtbare Grenze, jenseits der römische Lebensweise, römisches Recht, römische Verwaltung und römische Kultur aufhörten – sozusagen die Trennlinie zwischen Zivilisation und "Barbaren". Der römische Machtanspruch endete hier aber keineswegs: Stets versuchte Rom seine Macht auch jenseits auszuüben – was vor allem im Donaugebiet deutlich wird – und stationierte sogar Militärposten im "Land der Barbaren".

Egal, welcher Art die Grenze auch war – Mauern, Palisaden, Erdwälle oder die Nutzung geografischer Besonderheiten –, sie diente primär der Kontrolle des Alltagslebens und nur untergeordnet militärischen Zwecken. Konnten Römer unbeschwert in beide Richtungen passieren (teilweise wurde Zoll verlangt), wurden die "freien" Völker nur zu bestimmten Anlässen wie Markttagen eingelassen. So entstand beispielsweise bei den "wilden" Germanen der Eindruck eines "Gelobten Landes" hinter der Grenze, und das wiederum erklärt Überfälle und Beutezüge. Immerhin boten Grenzanlagen und stationierte Truppen der Zivilbevölkerung einen gewissen Schutz, auch wenn das Militär die Überfälle nicht gänzlich unterbinden konnte. Der Limes diente also auch der psychologischen Abschreckung.

In der Wissenschaft wurde der Limes lange als rein militärische Grenze verstanden, heute jedoch sieht man die 7000 Kilometer umfassende römische Reichsgrenze stärker als eine Art Demarkationslinie sowie als Organ zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Überwachung der Grenzregion. Ohne römische Duldung waren weder Handel noch größere Umsiedelungen möglich. Gesichert wurde die gesamte römische Reichsgrenze zunächst von 28, später 30 Legionen und damit einer relativ kleinen, doch gut ausgebildeten Armee. Bis ins 3. Jahrhundert reichte diese Militärmacht völlig aus, da lange Zeit nur die Parther als bedeutende gegnerische Macht im Osten existierten.

Die Autorin gibt nicht nur eine umfassende Übersicht über den neuesten Stadt der Forschung, sie weist auch auf Unsicherheiten und Kontroversen hin. So ist der Limes im Norden und Westen des römischen Reichs umfassend erforscht, im Osten und Süden jedoch nur sehr lückenhaft erkundet. Ein Verdienst des Buches liegt darin, dass diesen Bereichen dennoch derselbe Platz eingeräumt wird.

Am Ende hat der Leser einen umfassenden und lückenlosen Überblick über die gesamte römische Reichsgrenze vom 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr. erhalten. Alle Limesabschnitte werden historisch und topografisch vorgestellt, es wird auf Bautechnik und regionale Besonderheiten hingewiesen und das Leben an der Grenze betrachtet. Im Uhrzeigersinn geht es von Britannien (die "unruhige" Grenze) über die germanischen Provinzen ("feste"), die Donauprovinzen zum Schwarzen Meer ("nasse"), Pontus und Kappadokien ("felsige"), Syrien, Arabien und Judäa ("offene") bis hin nach Ägypten und Nordafrika ("sandige").

Das Abschlusskapitel fällt – anders als die Einleitung – umfangreicher aus und gibt ein äußerst informatives Resümee über den Limes. Abgerundet wird das Buch, das jeder an der antiken Geschichte interessierte Laie in seiner Bibliothek stehen haben sollte, mit einem hilfreichen Glossar, einer knappen, aber ausreichenden Literaturübersicht, einem Ortsregister sowie einer Übersichtskarte in der vorderen und einer Zeittafel in der hinteren Klappe.

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