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Was wir essen

Es ist faszinierend, welche Schätze die Pflanzenwelt uns Menschen als Nahrung bietet. Neben dem bekannten heimischen Obst, Gemüse und Kräuter kommen immer mehr Nahrungspflanzen aus fernen Ländern zu uns – zum Wohle aller Essbegeisterten. Doch mancher Genießer fragt sich vielleicht, was das eigentlich für eine Pflanze ist, die er verspeist. Wie heißt sie, und wo kommt sie her? Was kann ich noch damit machen?

Mit seinem reich bebilderten "Handbuch der Nahrungspflanzen" stellt sich Ben-Erik van Wyk der Aufgabe, diese und andere Fragen für mehr als 350 verschiedene Pflanzen zu beantworten. Er hat dafür jeweils einseitige Pflanzenportraits zusammengestellt, die eine Beschreibung ihrer wichtigsten botanischen Merkmale sowie die geografische Herkunft und Geschichte enthalten. Unterstützt durch sehr gute Farbfotos erfährt der Leser weiterhin, wie die Pflanzen angebaut und welche Teile in welcher Weise als Nahrungsmittel Verwendung finden. Angegeben sind neben der wissenschaftlichen Bezeichnung auch Trivialnamen in verschiedenen Sprachen. Und nicht zuletzt weisen die meisten Pflanzen noch einige Besonderheiten auf – sei es, was ihren Nährstoffgehalt betrifft, sei es, wie sie sich sonst noch nutzen lassen.

Nehmen wir die beliebte Weihnachtsbäckerei als Beispiel, für die vielleicht mancher Ahornsirup als alternatives, vollwertiges Süßungsmittel eingesetzt hat. Schlägt man unter Acer saccharidum, dem Zuckerahorn, nach, lernt man einen bis zu vierzig Meter hohen Baum aus Nordamerika kennen. Im Vorfrühling bohren die Sirup-Produzenten Zapflöcher in den Stamm und leiten den austretenden Phloemsaft in Eimer oder Plastikschläuche. Durch Aufkochen aufkonzentriert, gewinnen sie dann den bräunlichen Sirup, der mit seinen ätherischen Ölen Pfannkuchen, Waffeln und Co einen unverwechselbaren Geschmack verleiht.

Kulinarisch wohl bekannt, im Einzelnen aber unbekannt, das mag vielleicht für Ananas gelten. Auch bei dieser Pflanze gibt der Steckbrief interessante Details preis: Allein schon das Bild mit der Frucht beeindruckt: Bis zu 200 kleine Blüten sitzen unter einem stacheligen Blätterkrönchen, aus denen sich die zusammengesetzte Frucht entwickelt. Wie es dem Konzept des Buches entspricht, erfährt der Leser auch hier, wo die Pflanzen herkommen und wie sie kultiviert werden. Ergänzend merkt der Autor an, dass sich Ananas durch einen niedrigen Brennwert sowie einen hohen Gehalt an den Vitaminen C, A und E auszeichnet und dass das enthaltene Enzym Bromelain entzündungshemmend wirkt.

Die Reihe an Beispielen ließe sich lange fortsetzen, denn egal ob es sich um den bewährten Dill oder den urigen Affenbrotbaum (Baobab) handelt, jede der Pflanzendarstellungen bietet fachlich wichtige und zugleich spannende Informationen. Die Auswahl erstaunt jedoch, denn nicht bei allen ist es offensichtlich, ob es sich tatsächlich um die weltweit wichtigsten Nahrungspflanzen handelt.

Bevor der Autor zu den alphabetisch geordneten Monografien kommt, gibt er noch einen Überblick über allgemeine Eigenschaften der pflanzlichen Hauptnahrungsgruppen. Hier erfährt der Leser, dass Gemüse in Wurzel-, Knollen- und Zwiebelgemüse, Blatt-, Stiel- und Blütengemüse sowie Frucht- und Samengemüse gegliedert wird. Ben-Erik van Wyk macht weiterhin den Unterschied zwischen Gewürzen und Würzkräutern deutlich oder stellt Pflanzen vor, die Zucker, Gummis oder Stärke liefern. Neben Obst, Nüssen oder Hülsenfrüchten fehlt natürlich auch das Grundnahrungsmittel Getreide nicht. In den Darstellungen werden etwa die Nährwerte aufgeführt, wobei der Autor nicht vergisst zu sagen, mit welchen anderen Lebensmitteln sie für eine ausgewogene Ernährung kombiniert werden könnten. Und nach der alphabetischen Vorstellung der Einzelpflanzen beschäftigt sich ein Kapitel genauer mit verschieden Nährstoffen, gefolgt von einem kurzen Leitfaden und einer Auflistung weiterer Nahrungspflanzen.

Das Buch ist sehr interessant, besonders wenn man bei den einzelnen Pflanzenportraits stöbert und durch die hervorragenden über 1000 Fotos so manches "Aha"-Erlebnis hat. Leider wirkt das Rahmenprogramm etwas hastig geschrieben. Die Texte sind teilweise nicht fehlerfrei, was bei einem Fachbuch (auch wenn es für Laien ist) nicht sein sollte: Beim Getreide wird zum Beispiel behauptet, dass nur Weizen Gluten enthält, obwohl für Zöliakie-Betroffene, die Gluten meiden müssen, auch Roggen, Dinkel, Grünkern, Gerste und eventuell Hafer verboten sind.

Bei den Nährstoffen haben sich ebenfalls Ungenauigkeiten eingeschlichen, so stimmt etwa die Formel für Linolensäure nicht, und es fehlt bei Vitamin D der wichtige Aspekt, dass es den Kalzium- und Phosphat-Stoffwechsel unterstützt. Davon abgesehen ist das Handbuch ein durchaus lohnendes, kompaktes Nachschlagewerk für Ernährungswissenschaftler, Pharmazeuten, Biologen oder Lebensmittelfachleute.

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