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Ein großer alter Mann

Im Gedächtnis der Nachwelt bleibt Max Planck (1858-1947) sicherlich vor allem als der "große alte Mann der Physik in Deutschland" erhalten. Selbst als er seine bahnbrechende Quantenhypothese präsentierte – anfangs noch zögernd und zaudernd – war er bereits 42 Jahre alt. Das Bild vom "ehrwürdigen Geheimrat Planck" werden wohl auch die beiden von Klaus Sander herausgegebenen CDs "Wissenschaft und Leben" nicht erschüttern, die so gut wie alle erhaltenen Tonaufnahmen von Max Planck enthalten. Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1936 bis 1945 und beinhalten zumeist Radiovorträge über Sinn und Wesen der Wissenschaft, insbesondere der Physik, und ihrem Verhältnis zu Technik, Philosophie und Religion. Spannend dabei ist, wie die Zäsur der ersten Atombombenexplosionen im August 1945 in Plancks Ausführungen über die Kernkraft einfließt.

Daneben finden sich Aufnahmen biografischen Inhalts (etwa die über 20-minütige "Selbstdarstellung", Tonspur eines Filmporträts von 1942) und zwei kurze Interviews aus den letzten Lebensjahren Plancks. Ein besonders Schmankerl ist ein Mitschnitt der Festsitzung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft zum 80. Geburtstag von Max Planck. Hier dominiert – ausgenommen die Verleihung der Max-Planck-Medaille an Louis de Broglie – eine lockere und herzliche Atmosphäre. Im Kreise ihresgleichen zeigen sowohl der Festredner Arnold Sommerfeld als auch Max Planck eine gehörige Portion Humor, die man in ihren Veröffentlichungen vergeblich suchen wird.

Die Tonqualität der Aufnahmen ist in Anbetracht ihres Alters erstaunlich gut, in einigen Aufnahmen hört man gar das Rascheln des Manuskripts. Schwankungen in der Lautstärke oder Rauschen beeinträchtigen das Hörvergnügen nur höchst selten. Das beiliegende Booklet enthält den Lebenslauf, den Max Planck im Jahre 1922 für die Akademie der Wissenschaften in Wien schrieb, eine detaillierte tabellarische Bio-Bibliografie sowie einen ausführlichen Nachweis der Tondokumente.

Wer sich den Entstehungszeitraum vergegenwärtigt, wird Plancks Ausführungen über "exakte Wissenschaft" getrieben vom "reinen Erkenntnisdrang" und über "Pflichterfüllung gegenüber dem Vaterland" sicherlich mit gemischten Gefühlen hören, denn schließlich beendete die "Machtübernahme durch den Nationalsozialismus [...] das 'goldene Zeitalter der deutschen Physik'", wie es der Physikhistoriker Armin Herrmann in seiner Planck-Biografie schreibt, und zwang die Physiker, die in Deutschland geblieben waren, zu sehr schmerzhaften Kompromissen mit den Machthabern – Kompromisse, die zum Beispiel im Fall Heisenbergs noch heute heiß diskutiert werden. In diesem Zusammenhang ist sicher lohnend, sich gerade auch mit der weltanschaulichen und politischen Haltung von Max Planck, dessen moralische Integrität außer Zweifel steht, näher und unvoreingenommen zu beschäftigen. Die hier vorgelegten Tonaufnahmen bieten auch hierfür Anhaltspunkte.

Planck musste in seinem langen Leben viele Schicksalsschläge ertragen: Seine erste Frau Marie starb bereits 1909, Sohn Karl fiel im Ersten Weltkrieg, seine Zwillingstöchter starben jeweils bei Geburt ihres ersten Kindes, Sohn Erwin wurde 1944 als Kriegsverbrecher hingerichtet, Plancks Bibliothek und vor allem seine wissenschaftlichen Aufzeichnungen und Briefwechsel wurden bei einem Luftangriff der Alliierten 1944 fast gänzlich vernichtet. Das ist sicher einer der Gründe dafür, dass die Veröffentlichungen über Planck, im Gegensatz etwa zur Flut von Publikationen über Einstein, nur ein schmales Rinnsal darstellen. Wer sich für die Geschichte der Physik und die Person Plancks interessiert, dürfte sich darüber freuen, dass das elegant aufgemachte CD-Set des Supposé-Verlags die Stimme einer der großen Gestalten der Physik wieder hörbar macht.

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