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Der Mensch - das sozialste Tier auf Erden

Können wir vom heutigen Standpunkt behaupten, dass wir Menschen soziale Wesen sind? Sind wir das sozialste Lebewesen überhaupt? Was macht uns so sicher und welche Fakten sprechen für solch eine Hypothese? Schaut man sich im Tierreich um, so wird man schnell feststellen, dass neben uns noch viele andere soziale Lebewesen existieren. Auch bei Schimpansen, Orang-Utans, Gorillas oder Bonobos finden sich viele soziale Züge wie Mutterliebe und Fürsorge. Tatsächlich sind uns diese Arten ähnlich in ihrem Verhalten – und dennoch sind wir "anders". Aber was macht uns zu dem was wir sind?

Dieser Frage widmete sich Sarah Bluffer Hrdy in ihrem Buch "Mütter und Andere". Die emeritierte Professorin für Anthropologie gilt als führende Soziobiologin und Primatenforscherin. Für sie besteht der gravierendste und auffälligste Unterschied zwischen Menschen und anderen Primaten in unserer Fähigkeit, sich in andere einfühlen zu können, weshalb wir uns umgänglich und kooperativ unseren Mitmenschen gegenüber verhalten können.

Witzig und aufschlussreich beginnt sie ihr Buch mit dem Kapitel "Menschenaffen in einem Flugzeug". Sie versetzt uns durch ihre Beschreibung in typische Alltagssituationen, wie sie zum Beispiel bei einem Flug auf uns zukommen können: Schlange stehen, Drängeleien, sich durch enge Gänge quälen, Passagiere mit einem Lächeln passieren lassen, Müttern mit schreienden Babys freundlich zulächeln. All diese typischen Verhaltensweisen fassen die Psychologen in der "Theory of Mind" zusammen, der Fähigkeit, Bewusstseinsinhalte anderer Personen zu erfassen. Aber ab wann, in welcher Phase unserer Entwicklung, sind wir Menschen dazu in der Lage?

Immer mehr Forschungsergebnisse deuten daraufhin, dass unsere Bereitschaft zur Kooperation mit anderen Menschen in unserem Gehirn bereits von Geburt an angelegt ist. Wäre dem nicht so – hätten wir also keine "prosozialen Emotionen" –, verhielten wir uns alle wie Soziopathen: Die menschliche Gesellschaft könnte nicht existieren.

Hrdy beschreibt auf insgesamt 410 Seiten sehr eindringlich, wie wir gemeinsam an gesellschaftlichen Aktivitäten teilnehmen und für gemeinsame Ziele zusammenzuwirken – was uns von anderen Arten abhebt. Das soziale Verhalten, welches unsere Vorfahren langsam entwickelt haben, war eine Überlebensstrategie. Die Autorin geht deshalb auf Verhalten und Lebensweisen von Urvölkern ein, bei denen klare Rollenverteilungen existierten: Es gibt Jäger, Sammler, Schenker, Beschenkte oder Großmütter die sich um die Kinder kümmerten. Sie erklärt die Aufgaben von Alloeltern beziehungsweise Allomüttern, die durch jedes Gruppenmitglied besetzt werden können und beim Großziehen des Nachwuchses mithelfen.

Das Buch ist nicht einfach zu verstehen und sicherlich nicht unbedingt eine Lektüre für Laien. Dennoch empfehle ich Lesern, die sich ein wenig auf dem Feld der Soziobiologie bewegen, sich dem Werk zu nähern. Viele Fragen über unser soziales Verhalten und unsere Existenz werden hier eingehend beantwortet. Ein einschlägiges Literaturverzeichnis sowie zahlreiche Anmerkungen geben dem interessierten Leser die Möglichkeit, tiefer in die Materie einzusteigen.

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