Direkt zum Inhalt

Unterwegs im Namen des Herrn

Der Apostel Paulus brachte im 1. Jahrhundert das Christentum aus dem jüdischen in den griechisch-römischen Kulturraum, ein Unterfangen, das ihm auch Gegner in den eigenen Reihen schuf. Diesen Wegbereiter der christlichen Weltreligion versucht der durch Bücher zu Parawissenschaften und Ufologie bekannt gewordene Journalist Michael Hesemann seinem Leser nahezubringen. Dabei berichtet er manch interessantes Detail, etwa dass es die römische Provinzverwaltung in Antiochia war, die einst den Begriff "Christen" prägte.

Insgesamt aber geht der Autor zu naiv mit seinen Quellen um, seien sie archäologisch oder literarisch. Zum Beispiel hinterfragt er die Identifizierung des "Paulusgrabes" nicht, obwohl sie Reliquienkult und archäologische Fakten vermischt. Auch deutet Hesemann die in der Apostelgeschichte gesammelten Reden als Wiedergabe tatsächlich gehaltener Pauluspredigten – Bibelforscher sind sich darin einig, dass diese Darstellungsform lediglich ein Stilmittel des Lukas war. Zwischen den sieben echten Briefen des Paulus und den ihm zugeschriebenen jüngeren Texten unterscheidet der Autor ebenfalls nicht, wodurch die Theologie des "Völkerapostels" völlig verzerrt erscheint.

Ließe sich all das noch als unsaubere Arbeitsweise kritisieren, wiegt es schwer, dass Hesemann oft auch zwischen Fakten und Spekulation nicht zu trennen weiß, um ein möglichst "bibeltreues" Paulusbild abzusichern. Beispiele: die auf der hochspekulativen Deutung eines Papyrusfetzens beruhende Datierung des Markusevangeliums in das Jahr 44, die Annahme, die Apostelgeschichte sei bereits zur Zeit Neros abgefasst worden und deshalb besonders vertrauenswürdig. Auf der Strecke bleiben auch Aspekte des historischen Kontextes, in dem Paulus wirkte, etwa der Glaube der frühen Christen an ein nahes Weltende.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

  • Quellen
epoc 05/2008.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.