Sprödes Schatzkästchen
Nach bedeutenden Ereignissen in der Antike befragt, würden viele wohl den Ausbruch des Vesuvs 79 n. Chr. anführen. Eine Katastrophe, die zwei blühende Städte vernichtete – und Indizien ihres Alltagslebens über Jahrhunderte hinweg bewahrt hat, konserviert unter mächtigen Ascheschichten.
Pompeji und Herculaneum gehören zu den ersten Wirkungsstätten der Archäologen, inzwischen haben sie ganz Kampanien im Blick, jenen Landstrich an der Westküste Italiens, dessen Geologie von vier Vulkanen bestimmt wird. Der Mensch lebte dort nicht erst seit der Antike, wie die Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. verschüttete Siedlung Nola zeigt. Denn die Böden waren gerade dank der Ausbrüche fruchtbar, das Klima mild – und die Katastrophen irgendwann vergessen.
Experten verschiedener Fachdisziplinen erläutern im Katalog zur diesjährigen Landesausstellung in Halle, wie der Vulkanismus die Landschaft prägte und wie die Menschen damit umgingen. Ein echtes Schatzkästchen für Archäologiebegeisterte. Leider sind gerade diese interessanten Beiträge für Laien eher schwer verdauliche Kost, durchsetzt mit spröden Fachbegriffen und Fundbeschreibungen.
Hauptsächlich behandelt der Katalog Pompeji und Herculaneum, von einer Rekonstruktion der dramatischen Ereignisse angefangen über die Schilderung römischen Alltagslebens bis hin zu kuriosen Details. So gruben Diebe, aber auch die ehemaligen Besitzer in den verschütteten Villen schon bald nach Wertvollem – wobei mancher ums Leben kam.
Nach einem überraschenden Ausflug an den Rhein, wo römische Siedler Gewürzsoßen aus Pompeji schätzten, führt das umfangreiche Werk weiter ins 18. Jahrhundert, zu Johann Joachim Winckelmann, einem der Gründerväter der Archäologie, und zu den Anfängen des Klassizismus: Beeindruckt von den Stätten am Golf von Neapel beauftragte Fürst Franz von Anhalt-Dessau seinen Architekten, die römische Antike in seiner Gartenanlage neu erstehen zu lassen – inklusive künstlichem Vulkan.
Den Autoren ist ein eindrucksvoll bebilderter Katalog gelungen, der jedoch einiges Durchhaltevermögen erfordert.
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