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Die Allerletzten ihrer Art

Wer kennt schon den Löffelstrandläufer, den Po'Ouli, Kabylenkleiber oder Bruijns Buschhuhn? Außerhalb der Ornithologenwelt dürften diese Vögel wohl eher zu den Tierarten zählen, deren Namen niemanden etwas sagen. Dominic Couzens will dies mit seinem Buch "Seltene Vögel" ändern. Denn ein Grund, warum kaum jemand etwas von diesen Vögeln gehört hat, ist ihre extreme Seltenheit: Sie sind vom Aussterben bedroht und leben oft an exotischen Orten weitab der normalen touristischen Trampelpfade.

Dabei sollte jeder Naturliebhaber vielleicht einmal sein Augenmerk auf die 50 im Buch vorgestellten Vogelarten richten. Denn von allen haben weit weniger Individuen überlebt als vom Panda, dem Gorilla oder Tiger, die gemeinhin als Seltenheit gelten. Bei manchen Spezies wie dem Po'Ouli – einem Singvogel aus Hawaii –, der Rosenkopfente aus Südasien oder dem Elfenbeinspecht aus den USA ist sogar völlig ungewiss, ob sie überhaupt noch leben.

In insgesamt zehn Kapiteln, die sich mit je fünf Vogelarten beschäftigen, stellt der Autor unerwartete Problemfälle vor – etwa die indischen Geier, die einst Millionen zählten und nun wegen Vergiftung fast verschwunden sind. Er widmet sich (vielleicht) aussichtslosen Fällen, wie dem Löffelstrandläufer oder dem Philippinenadler, die durch Jagd und Lebensraumzerstörung immer seltener werden und deren Rückgang bislang nicht gestoppt werden konnte.

Couzens erzählt vom gefährlichen Inselleben, wo eingeschleppte Ratten, Hund oder Katzen rasch ganze Arten auffressen können, und vom riskanten Dasein der Migranten, deren Leben im Brut- und Winterquartier und unterwegs verschiedensten Gefahren ausgesetzt ist – wie etwa beim Waldrapp: Der bis ins Mittelalter auch in Deutschland häufige Vogel verschwand fast überall, weil er gejagt und gegessen wurde, seine Nahrung knapp wurde, Pestizide ihn vergifteten und die Brutplätze verschwanden. Und dann gibt es noch Vermisstenfälle wie den australischen Nachtpapagei oder die thailändische Sirintaraschwalbe, die seit Jahrzehnten kein Mensch mehr lebend gesehen hat.

Der Autor nennt aber auch hoffnungsvolle Beispiele: Vögel, die es vom Rand des Abgrunds zurück geschafft. Vom Kalifornischen Kondor zum Beispiel kreisten vor 30 Jahren nur noch rund 20 Individuen über dem Westen der USA – heute leben dort dank eines intensiven Zuchtprogramms wieder 190 Tiere in Freiheit und ebenso viele in den Zuchtanlagen. Und dann gibt es noch die Arten, die zum Teil erst nach über 100 Jahren wieder von Menschen gefunden wurden, nachdem sie lange als verschollen galten.

Auch wenn Couzens Buch dramatische Geschichten des Artensterbens erzählt, ist es dennoch kein trostloses Werk – im Gegenteil: Es zeigt, wie wir den Vögeln auch wieder helfen können, wenn wir von ihrem Schicksal erfahren und geeignete Rettungsmaßnahmen ergreifen. Deshalb würdigt der Autor auch die Arbeit von Birdlife International, einem internationalen Dachverband von Naturschutzorganisationen, die in den letzten Jahrzehnten teils fantastische Arbeit zum Schutz gefährdeter Arten geleistet haben.

Was wir mit den Arten verlieren würden, verdeutlichen die hervorragenden Bilder, mit denen das Buch illustriert ist. Jede einzelne Spezies wird mit mindestens einem Bild gezeigt (sofern überhaupt eines vorhanden ist – manche Vögel sind so selten, dass sie noch gar nicht oder in Farbe fotografiert wurden). Zusammen mit den hervorragend recherchierten Fakten, die Dominic Couzens lebendig vermittelt, kann es für Naturfreunde eigentlich nur eine Wertung für "Seltene Vögel" geben: absolut empfehlenswert!

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