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Geburt eines Vaterlands

Mit dem 16. und beginnenden 17. Jahrhundert befinden wir uns in einer Zeit, als Europa einem politischen und konfessionellen Flickenteppich glich. Der Schweizer Historiker Thomas Lau von der Universität in Fribourg berichtet von Habsburgern, Spaniern und Franzosen, über Adelige, Städte mit Räten, von Bürgern und Neureichen, Dörfern und Bauern und über Reformisten, Humanisten und die römischkatholische Kirche. "Deutschland" – die Idee einer Nation, die Bünde, Stände und Konfessionen miteinander verband – stiftete immer mehr Menschen jener Zeit das Gefühl einer gemeinsamen Identität – trotz, zum Teil aber auch gerade wegen der Unterschiede.

Die Kernthese des Autors lautet: Der Ursprung des deutschen Nationalgefühls liegt nicht erst im 19. Jahrhundert, sondern schon 300 Jahre zuvor. Doch wer nun hofft, mit diesem Buch das Entstehen und Werden des deutschen Nationalgefühls nachvollziehen zu können, wird enttäuscht. Vor allem Lesern, die in der Geschichte des 16. Jahrhunderts nicht allzu versiert sind (so auch der Rezensent), dürfte die Lektüre schnell schwerfallen.

Die Gründe dafür sind zahlreich: Erstens setzt Lau zu viel voraus. Zweitens neigt er zu Schachtelsätzen. Drittens fehlen Einführungen und Überblicke, was besonders schwer wiegt, weil es der Autor – viertens – versäumt, den historischen Flickenteppich zu ordnen. Zwar bringt er viele Details, erzählt zahlreiche kleine Geschichten, doch ist ein verbindender roter Faden dabei kaum erkennbar. Fünftens: Es fehlen Pointen. Nirgends fasst der Autor zusammen, stellt heraus, hebt hervor, vergleicht oder umreißt Theorien.

Mag die Fachwelt ihr eigenes Urteil fällen – für einen Laien ist das Buch allzu schwere Kost. Der Autor verfügt offenbar über enormes Fachwissen, hat es aber leider versäumt, den Wirrwarr um die Entstehung eines Nationalgefühls für den Leser nachvollziehbar zu ordnen.

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  • Quellen
epoc 1/2011

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