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Im Kopf geht der Kampf weiter

David hebt im Garten einen "Schützengraben" aus. Einkaufen geht er nur noch selten; er meidet belebte Plätze und die Nähe zu anderen Menschen. Seitdem der ehemalige US-Soldat aus dem Irak in seine Heimat zurückgekehrt ist, scheint er wie verwandelt. Er leidet unter Albträumen, und bei jedem unerwarteten lauten Geräusch erscheinen die Erinnerungen an seine Kriegserfahrungen so lebhaft vor seinen Augen, dass er sie nicht von der Realität unterscheiden kann. Diese Symptome kennzeichnen eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Verursacht wird sie durch lebensbedrohliche Ereignisse wie Naturkatastrophen, Unfälle oder Gewalterfahrungen. Rund ein Prozent aller deutschen Soldaten entwickeln nach Auslandseinsätzen eine solche psychische Erkrankung.

Die Münchner Biologin Leah Wizelman hat betroffene Soldaten unterschiedlicher Nationalitäten sowie deren Familien nach ihren Erfahrungen befragt. Insgesamt 21 Interviews hat sie in diesem Buch versammelt. Dabei geht es nicht nur um die Leiden der Soldaten. Wizelman führt drastisch vor Augen, welchen Belastungen auch die Angehörigen ausgesetzt sind, wenn der Heimgekehrte etwa unvermutet Passanten auf der Straße angreift, weil er sich von ihnen bedroht fühlt.

Die kanadische Fernmeldeexpertin, der Vietnamveteran oder der Soldat, der in Somalia diente – eines haben alle gemeinsam: Eine Rückkehr ins "normale" Leben scheint für sie nur möglich, wenn sie sich mit ihrer Erkrankung auseinandersetzen. Doch gerade diesen Weg zu beschreiten fällt in dem von Männlichkeitsklischees geprägten Metier schwer. Viele Soldaten befürchten, als "Weicheier" zu gelten, wenn sie über ihre Probleme berichten. Dabei ist das Gespräch mit dem Stabsarzt oder Psychologen unumgänglich, wie die meisten Betroffenen im Nachhinein erkennen.

Den ebenso spannenden wie bedrückenden Fallgeschichten geht eine leider allzu knappe Einführung in die Thematik voraus. Im Anhang enthält das Buch unter anderem eine Liste mit Adressen von Hilfsorganisationen. Die Erfahrungsberichte zeigen allerdings, dass die Maschen des psychosozialen Netzes für Betroffene und Angehörige noch weitaus enger geknüpft werden müssen.

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  • Quellen
Gehirn&Geist 3/2010

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