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Kleine Grüne Männchen

Vom Urknall bis zum heutigen Leben auf der Erde sind rund 13,7 Milliarden Jahre vergangen: Zwischendurch ist viel passiert. Das Universum kühlte sich ab, Wasserstoffwolken wurden zu Sternen. Diese fingen an, schwere Elemente zu produzieren, schließlich umrundeten Planeten die Sterne und irgendwann mittendrin entstand Leben auf der Erde und entwickelte sich bis zu dem Punkt, an dem wir uns gegenwärtig Gedanken über all diese Vorgänge machen können. Eine der großen Fragen ist bis jetzt allerdings unbeantwortet geblieben: Sind wir die einzigen im Universum, die ihren Himmel studieren und sich über eine Kontaktaufnahme mit Außerirdischen freuen würden?

Vielleicht, schreibt der italienische Physiker Giovanni Bignami vom Istituto Universitario di Studi Superiori in Pavia. Vielleicht aber auch nicht. Er gibt es offen zu: Wir wissen einfach noch nicht genug, um diese und viele andere Fragen beantworten zu können. Bignami war Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Europäischen Weltraumorganisation ESA und leitete die italienische Raumfahrtbehörde ASI. Im vorliegenden Titel präsentiert er eine Übersicht über die Ursprünge des Lebens und führt dabei auf nur 200 Seiten eines kleinformatigen Buchs in die Grundlagen der Astrophysik und der Astrobiologie ein.

Darin liegt allerdings das Problem: Bignami schreibt zwar klar und verständlich, gegeohne sich dabei in komplexe Erklärungen der physikalischen Hintergründe zu verstricken. Allerdings deckt er eine schwindelerregende Bandbreite an Themen auf sehr wenig Raum ab: Er behandelt unter anderem den Urknall und die kosmische Hintergrundstrahlung, Supernovae und Galaxien, die Entstehung von Molekülen im Weltall und die Chiralität von Aminosäuren. Diese Fülle an Informationen zieht zwangsläufig nach sich, dass Details übergangen und Fragestellungen zum Teil oberflächlich behandelt werden, mit einer Geschwindigkeit, die den Anfänger vielleicht bei der Lektüre auf der Strecke lässt – dabei ist dieser eindeutig das Zielpublikum eines solchen Überblicks.

Wem zum Beispiel Begriffe wie Spektroskopie fremd sind, oder wer sich über die Natur elektromagnetischer Strahlung im Unklaren ist, für den dürfte die Lektüre manchmal frustrierend sein, zum Beispiel bei Aussagen wie: "Da die Photonen des Lichts Energie besitzen, werden sie genau wie Masseteilchen von der Gravitation angezogen." Der physikalische Zusammenhang ist hier dann trotzdem nicht direkt offensichtlich für jemanden, der mit den Konzepten der Relativitätstheorie überhaupt nicht vertraut ist.

Außerdem wurde der Band entweder schlampig geschrieben, redigiert oder übersetzt – so ist der gravitative Mikrolinseneffekt, eine Methode zum Aufspüren von Exoplaneten, falsch oder zumindest viel zu ungenau erklärt; das ist ärgerlich. Auf der anderen Seite wird ein an Astrophysik interessierter Leser mit Vorkenntnissen wenig Neues erfahren. Der Titel, "Wir sind die Marsmenschen" ist übrigens von der These hergeleitet, wonach das Leben auf dem Mars entstanden und anschließend durch Meteoriten auf die Erde gelangt sei – eine sehr unwahrscheinliche, aber durchaus mögliche und interessante Theorie.

Der Autor behandelt sie wie auch den restlichen Inhalt auf rationale und wissenschaftliche Weise. Dazu mag dann wiederum der Titel mit Coverbild inklusive klassischem Alien à la kleinem grünen Männchen wenig passen. In Italien erschien parallel zum Buch eine gleichnamige Fernsehserie – zu diesem Format passt die thematische Aufarbeitung wahrscheinlich sehr viel besser. Das Buch hingegen nimmt sich viel vor, enttäuscht aber letztlich in der Ausführung.

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  • Quellen
Sterne und Weltraum 11/2012

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