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Antiteilchen: Antimaterie aus der Fabrik

Warum hat die Antimaterie die Materie des Universums nach dem Urknall nicht vollkommen vernichtet? Künstlich erzeugte Antiteilchen sollen helfen, das Rätsel zu lösen.
CERN VIDEO STORY: CERN’s Unique Antimatter factory

Veröffentlicht am: 09.04.2018

Laufzeit: 0:02:06

Sprache: ohne gesprochene Sprache

Die bei Genf gelegene Europäische Organisation für Kernforschung betreibt unter anderem den LHC, den weltgrößten Teilchenbeschleuniger.

Eigentlich dürfte es die materielle Welt und uns überhaupt nicht geben. Trifft ein Teilchen auf sein Antiteilchen, löschen sie sich gegenseitig mit einem Strahlungsblitz aus. Die Energie, die dabei frei wird, entspricht der ursprünglichen Masse der beiden Teilchen. Sonst bleibt nichts mehr übrig. Nach unserem derzeitigen Verständnis des Kosmos hätte genau das auch unmittelbar nach dem Urknall passieren sollen. Materie und Antimaterie hätten sich gegenseitig vernichten sollen. Dennoch blieb ein kleiner Rest »normaler« Materie erhalten, der alles ausmacht, was wir heute im Universum beobachten können. Uns selbst natürlich eingeschlossen.

Physiker versuchen bereits seit Jahrzehnten, diesen bemerkenswerten Umstand mit feinen Unterschieden zwischen Materie und Antimaterie zu erklären. Worin dieser Unterschied allerdings genau bestehen soll, ist nach wie vor offen. Das etwas hektisch anmutende YouTube-Video des CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung, erklärt in knappen Sätzen, wie in der »Antimaterie-Fabrik« Antiprotonen für Experimente erzeugt werden, die dieser Frage auf den Grund gehen sollen.

Der erste Schritt ist dabei immer die Bildung eines Paares aus einem Teilchen und seinem Antiteilchen. Das geschieht am CERN im Proton Synchrotron, einem Teilchenbeschleuniger mit einem Umfang von mehr als 600 Metern, in dem Protonen zunächst auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt und dann in einen Metallblock geschossen werden. Dabei entstehen neben einer Vielzahl anderer Partikel auch Antiprotonen. Mit Hilfe von Massenspektrometern werden die Teilchen schließlich voneinander getrennt, so dass nur noch Antiprotonen im Beschleuniger ihre Kreise ziehen.

Diese Antiprotonen sind allerdings noch viel zu schnell und müssen erst abgebremst werden, um sie genau untersuchen zu können. Bisher stellte man den Teilchen dünne Metallfolien in den Weg, die sie abbremsten. Wobei allerdings 99,9 Prozent der Teilchen verloren gingen, bevor sie die Experimentierkammern erreichten. Seit August 2017 ist deshalb der neue Beschleuniger ELENA (Extra Low Energy Antiproton Ring) in Betrieb, der die Ausbeute um das 10- bis 100-Fache verbessern soll.

Wenn die Teilchen langsam genug sind, lassen sie sich schließlich mit elektrischen und magnetischen Feldern in so genannten Penning-Fallen festhalten, um mit ihnen zu experimentieren. So können sich etwa ein Antiproton und ein Positron, das Antiteilchen des Elektrons, zu einem Antiwasserstoff-Atom verbinden. Das ermöglicht es den Forschern, die physikalischen Eigenschaften von Antiwasserstoff mit denen von Wasserstoff zu vergleichen, um mögliche Unterschiede festzustellen. Die ersten Antiwasserstoff-Atome wurden bereits vor über 20 Jahren am CERN nachgewiesen.

Befinden sich die Antiwasserstoff-Atome erst einmal in der Penning-Falle, kann die Strahlung vermessen werden, die die Atome aussenden, wenn ein Positron von einem Orbital in ein anderes wechselt. Im Lauf der Jahre haben die Forscher die Experimente immer weiter verbessert, so dass sie mittlerweile mehrere tausend Antiwasserstoff-Atome erzeugen und minutenlang in den Fallen festhalten können, um an ihnen spektroskopische Präzisionsmessungen durchzuführen. Trotz der immer höheren Genauigkeit konnte bisher allerdings noch kein Unterschied festgestellt werden, der das Ungleichgewicht von Materie und Antimaterie im Universum erklären würde.

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