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Neutrinos: Auf der Jagd nach den Geisterteilchen

Neutrinos sind schwer zu fassen. Ein gigantischer, unterirdischer Detektor soll den mysteriösen Teilchen auf die Spur kommen.
© Fermilab
The Science of the Deep Underground Neutrino Experiment (DUNE)

Sie sind überall. Vor allem von der Sonne ausgehend durchdringen sie unablässig unsere Körper und den gesamten Planeten. Da sie dabei aber kaum in Wechselwirkung mit der Materie treten, sind sie nur äußerst schwer nachzuweisen: Neutrinos sind elektrisch neutral und extrem leicht. Von den vier Grundkräften spüren sie nur die schwache Kraft und die Gravitation. Das macht sie für jede Art von Detektor nahezu unsichtbar.

Um sie dennoch nachweisen zu können, sind riesige Anlagen nötig, in denen Unmengen von Targetmaterial darauf wartet, doch irgendwann einmal von einem Neutrino »berührt« zu werden. Im Youtube-Video des Fermilab wird anhand übersichtlicher Animationen ein Projekt vorgestellt, das alle bisherigen Experimente in den Schatten stellen soll. In einer internationalen Kooperation, dem Deep Underground Neutrino Experiment (DUNE), sollen mit flüssigem Argon gefüllte Detektoren in der Sanford Underground Research Facility Neutrinos nachweisen, die 1300 Kilometer entfernt vom Protonenbeschleuniger des Fermilab auf die Reise geschickt worden sind.

Spatenstich für den Bau des Detektors war bereits im Juli 2017. Der Plan sieht vor, vier Tanks mit einem gesamten Fassungsvermögen von 68 000 Tonnen flüssigem Argon, das bei einer Temperatur von weniger als minus 186 Grad Celsius gehalten werden muss, gut eineinhalb Kilometer unter der Oberfläche zu bauen. Nur in dieser Tiefe, verborgen unter einer dicken Gesteinsschicht, ist gewährleistet, dass die kosmische Strahlung, der die Erde ständig ausgesetzt ist, die empfindliche Messung nicht stören kann.

Trifft ein Neutrino auf eines der Argonatome im Tank, entstehen geladene Teilchen, die von Detektoren eingefangen und analysiert werden. Ein erster Prototyp eines solchen Detektors ist bereits am CERN gebaut worden und hat erst kürzlich seine ersten Teilchenspuren aufgezeichnet. Auch mit »nur« 800 Tonnen Argon handelt es sich dabei bereits um den größten Detektor für Neutrinos auf Basis von flüssigem Argon. Die für DUNE geplanten Detektoren sollen allerdings noch 20-mal größer werden.

Die ersten Messergebnisse von DUNE werden 2026 erwartet. Im Wesentlichen sollen die Detektoren dabei für drei verschiedene Experimente eingesetzt werden. Die wohl spektakulärste Anwendung ist die Detektion und die Analyse von künstlich erzeugten Neutrinostrahlen, die vom Fermilab durch die Erdkruste zum Sanford Labor in South Dakota geschickt werden. Von diesen Experimenten erwarten sich die Wissenschaftler bessere Erkenntnisse zu den verschiedenen Arten von Neutrinos. Diese Messergebnisse könnten auch zu neuen Einblicken in die Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie führen und letztendlich die Frage nach der Entstehung der Materie im frühen Universum beantworten.

Neben künstlich erzeugten Neutrinos sollen die empfindlichen Detektoren aber auch solche erfassen, die von Supernovas ausgesendet werden. Ein derartiger Blick auf die Geburt eines Neutronensterns oder gar eines Schwarzen Loches birgt weiteres Potenzial, zusätzliches Wissen über die Entstehung des Universums zu erlangen. Darüber hinaus können die Argon-Detektoren auch eingesetzt werden, um den Protonenzerfall nachzuweisen, der zwar von einigen Theorien vorhergesagt wird, bisher aber noch nicht beobachtet wurde.

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