Orphan Drugs: Das Geschäft mit seltenen Erkrankungen
So genannte seltene Krankheiten treten per Definition nur bei relativ wenigen Patienten auf. Deshalb klingt es plausibel, wenn man immer wieder liest, die Pharmaindustrie habe kein Interesse an der Entwicklung geeigneter Arzneimittel: Der Markt für "Orphan Drugs" sei schlicht zu winzig, höchstens fünf von zehntausend Menschen seien jeweils betroffen.
Das stimmte lange auch, doch die Zeiten haben sich geändert. Wissenschaftliche Fortschritte, vor allem in der Genetik, beflügeln die Erforschung der häufig genetisch bedingten seltenen Krankheiten.
Wie ein sehenswerter Beitrag des SRF zeigt, sind Orphan Drugs aber gerade wegen ihrer genetischen Ursache auch eine regelrechte Goldgrube: Ist die Krankheit angeboren, müssen Medikamente oft ein Leben lang eingenommen werden und das auch gerne mal bei Kosten von 25 000 Euro pro Monat und Patient. Außerdem sind die Zulassungsbedingungen für neue Orphan Drugs deutlich laxer als bei herkömmlichen Medikamenten. Das fast zwölfminütige Video mit einer Reihe von Expertenstatements, teils auf nicht immer leicht verständlichem Schweizerdeutsch, belegt wirtschaftliche Verflechtungen zwischen schweizerischer Pharmaindustrie und Politik, mit dem Ziel, die – an sich begrüßenswerte – Entwicklung von Orphan Drugs mit zweifelhaften gesetzlichen Rahmenbedingungen voranzutreiben.
Auch in Deutschland, so könnte man den Beitrag ergänzen, zeigt der Boom dieser Medikamente seine Schattenseiten. So ist etwa der Zusatznutzen einiger Orphan Drugs gegenüber verfügbaren Vergleichstherapien fraglich, und manche Medikamente haben wohl zu Unrecht das einträgliche "orphan"-Label erhalten.
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