Außerirdisches Leben: Fermi-Paradoxon: Sind wir allein im All?
Seit der Mensch in den Sternenhimmel schaut, fragt er sich, ob irgendwo da draußen vielleicht noch andere Wesen hausen. Trotz mittlerweile intensiver Suche gibt es allerdings nicht das kleinste Anzeichen, dass irgendeine ferne Zivilisation versucht, mit uns Kontakt aufzunehmen oder auch nur versehentlich Signale in unsere Richtung sendet. Hinter all der Strahlung, die wir etwa im Radiowellenbereich, im Sichtbaren oder auf anderen Frequenzen empfangen, scheinen ausschließlich natürliche Phänomene zu stecken.
Schon 1950 hat sich der Nobelpreisträger Enrico Fermi gewundert, warum wir es nicht längst mit Aliens zu tun bekommen haben: "Wo sind sie denn alle?, fragte er bei einem Gespräch unter Kollegen. Der Grundgedanke des nach ihm benannten Fermi-Paradoxons (das erst Jahre später von anderen ausformuliert wurde): Die Existenz von intelligentem Leben anderswo im Universum ist keineswegs unwahrscheinlich – warum aber kam es nie zu einem Kontakt?
Es gibt nämlich keinen bekannten Grund, warum nicht auch auf vielen anderen Planeten Leben entstanden sein sollte. Zeit genug ist ebenfalls verstrichen: 13,8 Milliarden Jahre seit dem Urknall (nicht 13, wie es in dieser Whiteboard-Animation heißt). Wir dürften also nicht die ersten Lebensformen im All sein. So argumentiert auch Leon Baar auf seinem populären YouTube-Kanal 100SekundenPhysik.
Um ein Paradoxon im engeren Sinne handelt es sich allerdings gar nicht. Denn wir wissen schlicht nicht genug, um die Frage zu beantworten, wie, wo und wann anderswo hätte Leben entstehen können. Falls das aus biologischen, physikalischen oder sonstigen Gründen nur sehr selten oder nur in entfernten kosmischen Regionen geschehen sollte, wäre auf absehbare Zeit nicht mit der Ankunft grüner Männchen zu rechnen.
In den letzten zehn Jahren ist in der Wissenschaft allerdings vieles passiert, das eine Einschätzung von Fermis Frage mit deutlich höherer Präzision möglich macht. Vor allem haben Astrophysiker inzwischen Tausende von Exoplaneten entdeckt. Heute taxieren sie die Zahl erdähnlicher Planeten, die sich innerhalb der lebensfreundlichen, habitablen Zone (im Video fälschlich "habitale" Zone genannt) um sonnenähnliche Sterne bewegen, auf rund vier Milliarden – allein in unserer Milchstraße.
Doch habitabel bedeutet lediglich: Auf diesen Himmelskörpern könnte Wasser in flüssiger Form vorliegen. Damit ist noch nicht einmal die Frage geklärt, ob es auf ihnen überhaupt Wasser gibt. Weil wir auch nicht wissen, wie eigentlich das Leben auf der Erde entstand, ist zudem unklar, welche weiteren Voraussetzungen Planeten mit sich bringen müssen, um intelligentes Leben hervorzubringen. Vielleicht entstanden bei ihnen nur Algenteppiche – die aber bauen nun mal keine Radiostationen, um sich mit uns in Verbindung zu setzen.
Das Video nennt darüber hinaus eine Reihe ungewöhnlicher Umstände, die im Fall der Erde gleichzeitig eingetreten sind und das Leben hier begünstigt haben: der Mond, der die Erdachse stabilisiert, das irdische Magnetfeld und die Position des Sonnensystems in der Milchstraße. Die Bedeutung dieser Faktoren sei hier nachgeliefert: Eine stabile Erdachse bewahrt das Klima langfristig vor heftigen Schwankungen. Das irdische Magnetfeld schützt vor kosmischer Teilchenstrahlung und verhindert die Erosion der Atmosphäre durch den Sonnenwind. Und die galaktische Randlage unseres Sonnensystems sorgt dafür, dass die zahlreichen Supernovae im Zentrum der Milchstraße uns nichts anhaben können.
Ergänzen könnte man zudem: Auch dem Planeten-Schwergewicht Jupiter hat die Erde viel zu verdanken. Der Gasplanet trägt dank seiner großen Masse nämlich einen guten Teil dazu bei, dass in unserem Sonnensystem "Ordnung" herrscht und die Himmelskörper nicht wild durcheinander wirbeln.
Auch Gammastrahlen-Ausbrüche wären ein großes Problem für Lebensformen. 2014 stellten die theoretischen Astrophysiker Tsvi Piran von der Hebrew University und Raul Jimenez von der Universität Barcelona Berechnungen vor, denen zufolge solche Strahlungsblitze die Möglichkeit von Leben auf Planeten in der Nähe des Zentrums von Galaxien einschränken könnten (siehe die Berichte Researchers learn more about the possible role of gamma ray bursts on life extinction in the universe auf phys.org und Der Grund für unsere Einsamkeit auf Spektrum.de).
Zu solchen Ausbrüchen kommt es, wenn ein Stern stirbt oder wenn zwei Neutronensterne zusammenprallen. Die dann ausgesandten elektromagnetischen Wellen können die Ozonschicht von Planeten bis in etliche Lichtjahre Entfernung zerstören und Lebensformen schädlicher UV-Strahlung aussetzen. Dass sich unter diesen Umständen höhere Intelligenz entwickelt, würde so höchst unwahrscheinlich.
Dass der Kontakt mit Außerirdischen am Ende schlicht an der Kommunikation scheitern könnte, ist ebenfalls nicht unplausibel. Im Video sind als Gründe die enormen Distanzen und die darum langen Signallaufzeiten genannt. Aber es kommt noch ein wichtiger Aspekt dazu: Wollten wir verlässlich auch nur über 100 Lichtjahre hinweg kommunizieren, bräuchten wir enorm viel Energie. In diesem Szenario etwa erfordert ein entsprechender, in alle Richtung strahlender Sender das 7000fache der gesamten Kraftwerksleistung in den USA. Es geht zwar auch etliche Größenordnungen kleiner, nämlich mit Richtfunk. Dann aber müsste man viel genauer wissen, in welchen Himmelsregionen man denn überhaupt mit Gesprächspartnern rechnet.
Die größte aller Fragen werden uns aber nur die Aliens selbst beantworten können: Wollen sie denn überhaupt Kontakt mit uns aufnehmen? Oder warten sie lieber erst einmal ab, ob die Menschheit noch einige zivilisatorische Fortschritte macht?
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