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Wir werden alle sterben: Folge 41: Die Leprahörnchen aus der Brexithölle

Lepra-Bakterien verstecken sich nicht nur in Eichhörnchen, ein Teil ist inzwischen resistent gegen gängige Antibiotika.
© Lars Fischer / Mike Beckers
WWAS Folge 41: Die Leprahörnchen aus der Brexithölle

Veröffentlicht am: 04.02.2018

Laufzeit: 0:05:59

Sprache: deutsch

Wir Werden Alle Sterben ist der Wissenschafts-Videocast auf Leben und Tod der Spektrum-Redakteure Mike Beckers und Lars Fischer.

Heute geht es um eine der ältesten bekannten ansteckenden Krankheiten, die Lepra. Lepra war im Mittelalter in Europa eine Art Volksseuche, ist dann aber ab dem 16. Jahrhundert stark zurückgegangen. Ihr letztes Refugium hierzulande sind Eichhörnchen in Großbritannien.

Forscher vermuten, dass sich im Mittelalter viele Briten tatsächlich an Eichhörnchen mit Lepra angesteckt haben, weil die Viecher damals gegessen und wegen ihrer Pelze gejagt wurden. Das macht man heute nicht mehr, und deswegen gilt Hörnchenflauschen als harmlos und Europa als praktisch Lepra-frei.

Weltweit gibt es aber auch heute noch jedes Jahr etwa 200 000 Neuinfektionen. Ursache der Lepra ist das stäbchenförmige Bakterium Mycobacterium leprae, das in Zellen lebt. Die Infektion verursacht Geschwüre und Nervenschäden, durch die die Haut gefühllos wird. Dadurch verletzt man sich leichter, und das führt oft dazu, dass Verletzungen nicht bemerkt werden und man Finger oder Zehen durch andere Infektionen verliert.

Das Problem mit Lepra ist, dass sie extrem schwer zu erforschen ist. Man kann die Bakterien nämlich nicht einfach in so einer Petrischale züchten wie andere Krankheitserreger. Sie wachsen nur in Tieren, normalerweise nimmt man dafür Mäuse oder Gürteltiere. Und dann wachsen die Viecher auch noch extrem langsam, sie teilen sich nur etwa alle 14 Tage.

Bisher lief das in der Forschung so, dass man den Erreger erforschte, indem man ein Versuchstier mit den aus dem Menschen gewonnenen Bakterien infizierte und etwa ein Jahr wartete, bis die Bakterien mal zu Potte kommen. Bei Menschen ist das ähnlich, von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit dauert das leicht mal einige Jahre; das ist natürlich blöd, wenn man eventuelle Ausbreitungswege nachvollziehen will.

An diesem Punkt gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Einerseits ist die Lepraforschung dank der modernen Genetik viel einfacher geworden – man kann jetzt die Bakterien direkt aus dem Patienten sequenzieren, indem man einfach eine Hautprobe nimmt. Andererseits ist man da gerade auf eine ausgesprochen unschöne Entwicklung gestoßen.

Es hat sich nämlich in einer aktuellen Studie gezeigt, dass auch Lepra gegen die gängigen Antibiotika resistent wird, mit denen man die Krankheit derzeit behandelt. Das kommt jetzt natürlich nicht sooo unerwartet. Aber außerdem besitzt ein Teil der Lepra-Stämme Mutationen in einem Gen zur DNA-Reparatur. Dadurch sammeln diese Erreger besonders schnell Mutationen an – und zwar ganz besonders Resistenzen gegen Antibiotika.

Die aussätzigen Eichhörnchen sind also möglicherweise nicht der letzte Zufluchtsort der Lepra in Europa, sondern ein Blick in unsere Zukunft – wenn nämlich die Supermutanten tatsächlich dafür sorgen, dass Lepra immer weniger zu behandeln ist, dann kommt auch diese besiegt geglaubte Krankheit zurück.

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