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Rechenmaschinen: Intelligente Rechenschieber?

Schon seit der Antike kennt die Mathematik standardisierte Rechenverfahren. Seit einigen hundert Jahren setzt der Mensch sie in maschineller Form ein, um diese Prozeduren zu automatisieren - angefangen bei den von Hand errechneten Logarithmentafeln über dampfkraftgetriebe Lochkartenrechner bis hin zu den hochgradig komplexen wissenschaftlichen Kalkulationen auf modernen Supercomputern. Eine Frage, die sich dabei fast von selbst stellt: Werden die Computer irgendwann intelligenter als ihre Schöpfer? Werden sie irgendwann gar einen Sklavenaufstand wagen, um sich von ihren fleischlichen Erbauern zu emanzipieren?
© Christoph Bertolo
Computergeschichte

Videotext: Veröffentlicht am: 05.04.2019

Laufzeit: 0:13:03

Sprache: deutsch

In diesem Video des Kanals von Christoph Bertolo wirft der Heidelberger Technikphilosoph Christian Vater einen Blick zurück in die Geschichte der Computertechnik. Bereits vor hunderten Jahren waren Menschen der Zeit raubenden Rechenarbeit müde und versuchten, sie entweder durch geschickte Rechenmethoden zu vermeiden oder am besten gleich ganz mechanischen Rechnern zu überlassen. In diesem Zusammenhang hätte man aber das Räderwerk von Antikythera erwähnen können, mit dem sich schon vor über 2000 Jahren astronomische Berechnungen automatisiert durchführen ließen. Seit den 1930er Jahren hat das Elektronenhirn die Vorreiterrolle von mechanischen Rechnern übernommen – einfach weil sich Transistoren sehr viel schneller schalten lassen als mechanische Bauteile.

Vor allem in den vergangenen Jahren hat sich neben der Rechenpower aber auch die Komplexität der Programme auf Grund ihrer zunehmenden Lernfähigkeit rasant gesteigert. Bei den modernen Verfahren des »Deep Learning« lässt sich nicht mehr wirklich nachvollziehen, nach welchen Präferenzen ein Computerprogramm seine Entscheidungen trifft. Die Spielregeln, innerhalb derer etwa ein Schach- oder ein Go-Programm handelt, sind natürlich bekannt, ebenso wie die Struktur des Computerprogramms. Doch im Gegensatz zu den früheren Schachprogrammen, die vor allem mit grober Rechenpower ihre Aufgaben gelöst haben und deshalb von Menschen nicht mehr zu bezwingen sind, bestechen die neuesten Entwicklungen im »Deep Learning« durch teilweise unerwartete Fähigkeiten. Bei Spielen wie Go oder Schach können Programme wie AlphaZero allein durch das Spielen gegen sich selbst die Muster des Spiels so tief durchdringen und die eigene Spielweise so variantenreich gestalten, dass sogar die Programmierer außer Stande sind, das weitere Verhalten des Programms vorherzusehen. Und auch Schachgroßmeister sind erstaunt, was sich aus den Zügen dieses Programms über ihre Lieblingsbeschäftigung so alles lernen lässt.

Ist das schon Intelligenz? Oder braucht es hierzu nicht die Fähigkeit, sich in einer freien Umwelt zu orientieren, die nicht den strengen Regeln eines Spiels gehorcht? Im menschlichen Gehirn fließen Ströme, weshalb ein elektronisch arbeitender Computer eher als ein mechanischer Rechner den Eindruck erweckt, er könne mit zunehmender Komplexität Intelligenz entwickeln. Aber wenn ein rein mechanischer Rechner exakt dieselben Berechnungen ausführt, nur sehr viel langsamer, wäre das dann nicht ebenfalls intelligent? Solche und ähnliche Fragen stellt man sich beinahe unwillkürlich beim Betrachten des schön aufgemachten Videos. Und seine Stärke beruht vielleicht auch darauf, dass es diese Fragen gar nicht eindeutig zu beantworten sucht, sondern den Zuschauer zum Mitdenken über die tiefen Fragen einlädt, die heute auch unter Experten in Philosophie und Computerwissenschaft kontrovers diskutiert werden.

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