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BERNHARD HOËCKERS GUTE FRAGE: Warum bricht die mobile Verbindung an Autobahnkreuzen leichter ab?

Beim Telefonieren auf der Autobahn, bemerkt der Comedian, dass seine Verbindung an Autobahnkreuzen stets abbricht. Kann eine Kreuzung die Verbindung stören? Oder ist das alles nur Einbildung? Spektrum-Redakteur Mike Beckers begibt sich selbst auf die Autobahn, um die Netzabdeckung zu prüfen. Doch für eine wissenschaftliche Aussage reicht das nicht aus. Was das mit urbanen Mythen und Legenden zu tun hat, und warum es in der Wissenschaft oft gut ist, Unrecht zu haben, erzählt der Physiker im Video.
BERNHARD HOËCKERS GUTE FRAGE: Warum bricht die mobile Verbindung an Autobahnkreuzen leichter ab?

Veröffentlicht am: 22.02.2020

Laufzeit: 0:04:10

Sprache: deutsch

Nette Theorie, aber vermutlich hast du einfach Unrecht. Das kommt ja in der Wissenschaft immer wieder vor, und mit einer Vermutung falschzuliegen ist eigentlich sogar eine gute Sache. Warum, erzähle ich dir gleich noch. Aber lass uns erst mal über deine Frage zum Empfang reden. Wir fahren hier wie von dir vorgeschlagen gerade ein wenig rum. Ich bin mit meinem Handy selbstverständlich nur Beifahrer und hab noch keine Funklöcher bemerkt. Aber solche Stichproben reichen natürlich nicht für eine belastbare Aussage. Darum haben wir vorab ein wenig recherchiert. Mit den Verbindungsabbrüchen bei Autobahnkreuzen hast du was Interessantes bemerkt und dir stimmige Erklärungen zurechtgelegt – nur ist da wahrscheinlich gar nichts dran.

Wir haben unter anderem bei den beiden großen deutschen Mobilfunkanbietern Telekom und Vodafone nachgefragt. Die analysieren bei ihren mehreren zehntausend Mobilfunkstationen ständig die Verbindungsqualität und die Abbruchraten von Gesprächen, und dabei fallen Autobahnkreuze offenbar nicht auf, auch nicht im Vergleich zu anderen Autobahnabschnitten. Es gibt auch keine besonderen Beschwerden über die Versorgung an Autobahnkreuzen. Auch andere Fachleute, die wir gefragt haben, haben von deinem Phänomen noch nichts gehört. Also: Schöne Idee mit vielen denkbaren Mechanismen – lässt sich beim genauen Hingucken bloß nicht mit Messdaten belegen. Aber mach dir nichts draus, das kommt unter Forschenden immer wieder vor. Es ist sogar wichtiger Teil der Wissenschaft, mit einer Annahme falschzuliegen. Bloß – das zuzugeben, ist im modernen Forschungsbetrieb leider gar nicht so selbstverständlich, wie es sein sollte: Viele Leute trauen sich nicht, ihre Nullresultate publik zu machen, oder Zeitschriften nehmen Veröffentlichungen nicht an, wenn nichts Neues entdeckt wurde. Bringt ja wenig Prestige, einzugestehen, dass etwas nicht geklappt hat. Schlimmstenfalls wird so eher das öffentlich und gefördert, was ins schon bekannte Bild passt, das kritische Hinterfragen kommt zu kurz, und manche Experimente werden unnötigerweise wieder und wieder gemacht, weil keiner erfährt, dass andere schon damit gescheitert sind.

Wir kennen das ganz ähnlich von urbanen Legenden und allerlei anderen Mythen: Die Idee klingt erst mal gut, dann sucht man sich dafür überall gezielt Bestätigung und ignoriert den Rest. Wenn du mal am Autobahnkreuz kein Netz hast, dann merkst du dir das, weil das gut in dein Bild passt. Die Schwester eines Bekannten hatte bestimmt ebenfalls schon mal schlechten Empfang an einem Autobahnkreuz. Und ihr Schwager auch! Das muss doch der Beweis sein! Aber das ist halt keine Wissenschaft. Da brauchen wir harte Daten, auch wenn sie den eigenen Ideen weh tun. Und auch darum ist es gut, dass wir darüber mal gesprochen haben. Für mich geht's jetzt zurück in die Redaktion. Bis zur nächsten Frage!

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