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Wir Werden Alle Sterben: Was passiert, wenn man von einem Schwarzen Loch getroffen wird?

Unzählige Schwarze Mini-Löcher könnten laut manchen Theorien seit dem Urknall durchs All fliegen. Treffen sie uns, endet das böse – aber aus anderen Gründen, als man meist denkt.
Schwarzes Loch

Heute geht es mal wieder um eine wichtige Frage des Alltags: stirbt man, wenn man von einem Schwarzen Loch getroffen wird? Also nicht von so einem astronomischen mit ein paar Dutzend bis Milliarden Sonnenmassen. Da ist die Antwort relativ klar. Sondern von einem winzigen Loch, etwa mit der Masse eines Asteroiden oder irdischer, eines größeren Berges. Solche Objekte könnten, zumindest laut einigen Theorien, nach dem Urknall haufenweise entstanden sein und bis heute kreuz und quer durchs Universum fliegen.

Und nun könnte man argumentieren: Man ist tot, wenn man von einem Asteroiden getroffen wird, und man ist tot, wenn man von einem schwarzen Loch getroffen wird. Also ist man auch tot, wenn man von einem Schwarzen Loch mit der Masse eines Asteroiden getroffen wird. Aber tatsächlich ist es nicht ganz so einfach.

Avocados, Katzen, Supervulkane – die Welt ist voller Gefahren. In dieser Videoserie stellen die Spektrum-Redakteure Lars Fischer und Mike Zeitz regelmäßig spannende, ungewöhnliche oder einfach kuriose Dinge vor, die auf die eine oder andere Art zum unerwarteten Frühableben führen können.

Die übrigen Folgen der Serie finden Sie auf dieser Sammelseite.

Man stellt sich so ein schwarzes Loch oft als kosmischen Staubsauger vor. Wenn man zu nah rankommt, macht es schlürf und man ist weg. Aber schwarze Löcher erzeugen keinen Sog. Was da wirkt, ist nur die Schwerkraft, und die ist nicht allzu stark. So ein schwarzes Mini-Loch hat ungefähr die Masse eines Berges – wenn ihr euch ins Gebirge stellt, sagen wir, vor die Zugspitze - merkt ihr da was von der Schwerkraft des Bergs? Auf größere Entfernung spielt das kaum eine Rolle. Und das ist auch beim Schwarzen Loch so.

Der große Unterschied ist: in einem Schwarzen Loch ist die Masse sehr viel konzentrierter. Das ist deswegen wichtig, weil die Gravitation mit dem Quadrat des Abstandes vom Schwerezentrum abnimmt. Und so ein Berg ist ziemlich dick, das heißt, selbst, wenn ihr auf dem Berg sitzt, seid ihr immer noch einen Kilometer oder so vom Schwerezentrum entfernt. Entsprechend merkt ihr von der Massenanziehung nichts. An ein Schwarzes Loch mit der Masse eines Berges dagegen kann man beliebig nah herangehen. In sehr kurzen Abständen wird die Kraft dann sehr stark.

Wie groß Mini-Löcher sein können

Dabei ist aber der Radius, in dem die Kraft stark genug ist, Schaden anzurichten, sehr klein – um so kleiner, je geringer die Masse des Schwarzen Loches ist. Das bewegt sich bei den hypothetischen Mini-Löchern im Bereich von Nanometern. Das heißt, wenn ihr von einem sehr kleinen Schwarzen Loch getroffen werdet, macht es zwar entlang seiner Bahn Dinge im Körper kaputt. Aber das sind dann bestenfalls einzelne Zellen, und die werden im Körper ohnehin permanent ersetzt.

Damit stellen sich zwei Fragen: Wie groß muss so ein Schwarzes Loch sein, um einen Menschen zu töten? Und: fliegen solche Löcher überhaupt im Universum herum? Tatsächlich gibt es für beim Urknall entstandene Schwarze Löcher zwei Massengrenzen. Löcher mit weniger als einer Milliarde Tonnen Masse wären heute längst durch die Hawking-Strahlung verdampft. Umgekehrt würde eine große Zahl Schwarzer Löcher mit etwa der Masse des Mondes Gravitationslinseneffekte verursachen, die wir beobachten könnten. Die sieht man aber nicht.

Die mögliche Masse dieser seit dem Urknall herumfliegenden Schwarzen Löcher reicht also von einem mittelgroßen Asteroiden zu rund einer Zehntel Mondmassen. Wenn man von so einem Ding getroffen wird, treten zwei Effekte auf. Das eine ist die Zerstörung des Gewebes durch die Gezeitenkräfte. Ein Forscherteam hat das mal durchgerechnet kommt zu einem überraschenden Schluss: der eigentliche Schwarze-Loch-Effekt wäre meistens gar nicht tödlich. Das Loch ist einfach zu klein. Es misst etwa einen Nanometer, und die zerstörerische Schwerkraftwirkung reicht vielleicht einige Mikrometer weiter. Das ist, als wenn man von einer sehr dünnen Nadel durchbohrt wird.

Tscherenkow-Stoßwellen

Die wirkliche Gefahr kommt vielmehr von der Stoßwelle, die so ein Loch-Treffer erzeugen würde. Die entsteht aber nicht durch den Aufprall, weil ein Schwarzes Loch ja kein fester Körper ist. Vielmehr wirken hier zwei etwas ungewöhnlichere Effekte. Einerseits nämlich übertragen die Gezeitenkräfte Energie in Form von Dichteschwankungen auf das Gewebe. Das ist überraschend viel, nämlich bei einem mittelgroßen Mini-Loch im Bereich von wenigen Dutzend bis einigen hundert Joule. Also etwa im Bereich von Kleinkalibermunition.

Hinzu kommt noch ein zweiter Effekt. Die vom Schwarzen Loch ausgehende Strahlung verursacht nämlich eine Art Überschallknall im Gewebe, sobald sich das Schwarze Loch mit mehr als Schallgeschwindigkeit bewegt. Und der transferiert ebenfalls Energie – in diesem Fall einige hundert bis tausend Joule. Damit sind wir komfortabel im Bereich von Schusswaffentreffern, selbst für die kleinsten möglichen Löcher. Das heißt: Auch wenn ihr von einem sehr kleinen schwarzen Loch getroffen werdet, seid ihr entweder schwer verletzt oder tot.

Die schlechte Nachricht allerdings ist, dass die Wahrscheinlichkeit dafür verschwindend gering ist. Denn auch für die Zahl solcher Schwarzer Löcher gibt es eine Obergrenze im Universum. Sie können nämlich nicht mehr Masse haben als die rätselhafte Dunkle Materie, die bislang fehlende baryonische Masse im Kosmos. Und das schränkt die Menge solcher Löcher, wie sich herausgestellt hat, deutlich ein. Und zwar so sehr, dass es selbst bei acht Milliarden Menschen etwa eine Trillion Jahre dauern würde, bis auch nur einer von ihnen von einem Schwarzen Loch getroffen würde.

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