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Toxikologie: 10 außergewöhnliche Giftmischer

Schrecklicher Pfeilgiftfrosch

Schlangen oder Spinnen gelten für viele Menschen als typische Giftproduzenten. Doch auch Säuger, Vögel und andere Tiere können sich mit Toxin wehren – viele davon sind auch für uns tödlich. Und ihre Schönheit führt uns dabei manchmal fatal in die Irre.

10. Sporngans – ein ungenießbares Geflügel |

Erfahrene Jäger in Westafrika wissen: Hände weg von der Sporngans (Plectropterus gambensis). Denn dieses Geflügel ist hier oft völlig ungenießbar – und eine Mahlzeit kann im Extremfall tödlich enden. Zur Hauptmahlzeit dieser in weiten Teilen Afrikas beheimateten Glanzentenart gehören bestimmte Ölkäfer, die wiederum ein hochpotentes Gift namens Cantharidin produzieren. In sehr geringen Dosen hat man es früher als Aphrodisiakum verwendet, da es die Genitalien anschwellen lässt. Doch bereits zehn Milligramm dieser Monoterpens reichen aus, um einen erwachsenen Menschen zu töten.

9. Schlitzrüssler – nutzlose Giftzähne |

Verglichen mit den Reptilien oder Amphibien verfügen nur sehr wenige Säugetierarten über Gifte, die sie zur Verteidigung oder Jagd einsetzen können. Neben verschiedenen Spitzmäusen und dem Plumplori (Nycticebus kayan) – einer Primatenart – trifft dies beispielsweise auf die Schlitzrüssler zu. Diese urigen Insektenfresser leben ausschließlich in der Karibik und produzieren in einer Speicheldrüse im Unterkiefer ein potentes Nervengift. Sie leiten es über eine Furche in einem der unteren Schneidezähne in das gebissene Opfer und überwältigen so auch eine relativ große Beute. Ihr Toxin nützt ihnen aber leider nichts gegen Lebensraumzerstörung und eingeschleppte Arten. Die beiden überlebenden Schlitzrüsslerspezies auf Kuba und Hispaniola sind daher stark gefährdet, und erst vor wenigen Jahren entdeckten Mitarbeitern des britischen Durrell Wildlife Conservation Trust wieder einige Exemplare in Haiti.

8. Schrecklicher Pfeilgiftfrosch – klein, aber oho |

Wer im Regenwald mit besonders grellen Farben aufwartet, deutet oft an: "Friss mich nicht, mein Gift ist tödlich!" Das gilt für den Schrecklichen Pfeilgiftfrosch (Phyllobates terribilis), der zu den giftigsten Tieren der Welt zählt. Sein Batrachotoxin ist so potent, dass ein typischer Frosch 10 bis 20 Menschen töten könnte. Es verhindert die Reizleitung in den Nerven und sorgt dafür, dass Muskeln sich dauerhaft zusammenziehen: Der Tod kommt dann durch einen Herzinfarkt. Die indigene Bevölkerung des Choco-Regenwalds in Kolumbien nutzte sein Hautsekret daher lange für die Jagd mit Pfeil und Bogen, weil getroffene Beutetiere rasch verenden. Ihr Gift beziehen die Lurche aus ihrer eigenen Nahrung, toxischen Käfern und Milben, die sie gefahrlos verspeisen können. Fehlt dieses Futter wie in der Terrarienhaltung, verlieren die Frösche bald ihre Gefährlichkeit.

7. Hundertfüßer – nicht nur der Biss schmerzt |

Wachsender Beliebtheit bei Terrarienfreunden erfreuen sich tropische Hundertfüßer: Bis zu 25 Zentimeter lang können diese Gliederfüßer werden, deren Anzahl an Beinpaaren stark variieren kann. Ganz unproblematisch ist ihre Haltung allerdings nicht, denn die auch Skolopender genannten Tiere sind flink, wendig, aggressiv und können schmerzhaft zubeißen. Aus ihrem zu Giftklauen umgebauten ersten Beinpaar geben sie dann einen reizenden Cocktail ab, der Azetylcholin, Serotonin sowie Histamin beinhalten kann. Manche Arten produzieren sogar Blausäure. Das Gift ist für einen gesunden Erwachsenen normalerweise nicht tödlich, aber der Schmerz strahlt über den ganzen Körper aus, und es kann zu zeitweiligen Lähmungserscheinungen kommen.

6. Kugelfisch – eine tödliche Delikatesse |

Manche Delikatessen zu verspeisen, kann mit dem Tod enden – beispielsweise der Genuss von Fugu, einer japanischen Spezialität, die aus dem Muskelfleisch von Kugelfischen zubereitet wird. Nur speziell ausgebildete Köche dürfen sich an die Zubereitung wagen, denn neben dem ungiftigen Muskelfleisch befinden sich die giftige Haut, die Leber und die Eierstöcke des Meeresfischs. Sie enthalten das nach dem lateinischen Familiennamen des Tiers benannte Tetrodotoxin, das zu den potentesten natürlichen Giften der Erde gehört. Schon zehn Mikrogramm wirken letal und lähmen alle Körpernerven, aber nicht das Hirn: Man erstickt bei vollem Bewusstsein, wenn keine Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Wahrscheinlich erzeugen die Fische ihr Gift nicht selbst, sondern nehmen es über Bakterien auf.

5. Zweifarbenpitohui – der Giftvogel |

Noch ungewöhnlicher als giftige Säuger sind toxische Vögel. Neben der oben erwähnten Sporngans kennt die Wissenschaft dieses Phänomen bislang nur noch von sechs weiteren Arten – die vor allem in Neuguinea vorkommen wie dieser Zweifarbenpitohui (Pitohui dichrous) aus der Familie der Pirole. Nur durch Zufall hatten Biologen entdeckt, dass im Gefieder und der Haut der Vögel das von den Pfeilgiftfröschen bekannte Batrachotoxin vorhanden ist: Beim Fangen hatten die Tiere einen Forscher gekratzt, worauf dieser Körperbereich zeitweilig taub wurde. Die einheimischen Papua verschonen daher meist die Pitohui, wenn sie jagen – weil sie kaum genießbar sind.

4. Blauringoktopus – schön tödlich |

Wer vor der Küste Australiens oder der Philippinen schnorchelt, trifft leicht auf einen faszinierenden Kopffüßer: den Blauringoktopus oder Blaugeringelten Kraken, von denen es insgesamt vier Arten gibt. Und alle besitzen ein ausgesprochen starkes Gift, das sie bei einem Biss abgeben. Es handelt sich dabei wiederum um ein Tetrodotoxin, wie man es auch vom Kugelfisch kennt. Produziert wird es hier von Bakterien in den Speicheldrüsen und Vorderdarm der Weichtiere, und es wirkt sehr schnell. Ohne Gegenmaßnahmen wie künstliche Beatmung kommt es innerhalb von zwei Stunden zum Atemstillstand. Normalerweise fliehen die Tiere bei Bedrohung, doch bleibt die Gefahr in Gestalt aufdringlicher Taucher bestehen, wehren sie sich mit Bissen.

3. Komodowaran – der Drache mit dem üblen Biss |

Mundgeruch macht einsam, heißt es plakativ. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum Menschen sich tunlichst vom Maul der indonesischen Komodowarane (Varanus komodoensis) fernhalten sollten. Die vor allem auf der Insel Komodo beheimateten Echsen sind veritable Jäger, die auch deutlich größere Beute wie Hirsche oder Büffel überwältigen können. Lange dachten Wissenschaftler, dass ein tödlicher Bakteriencocktail aus dem Speichel dabei mithelfen könnte: Er sollte eine letale Blutvergiftung auslösen. Erst vor wenigen Jahren erkannte man dann jedoch, dass sie ebenfalls mit Gift arbeiten: Eine Analyse ihres Toxindrüseninhalts ergab eine Mixtur aus Proteinen, die sowohl die Blutgerinnung hemmt als auch Muskelstarre und Bewusstlosigkeit hervorruft.

2. Seewespe – berühren streng verboten |

Quallen gehören sicherlich zu den Tieren, bei denen wir eine Giftigkeit oft vermuten. Tatsächlich besitzen viele dieser Nesseltiere mehr oder weniger potente Toxine – die bisweilen leider völlig unvorhergesehen auch Menschen töten können, wie das Beispiel der Seewespe (Chironex fleckeri) zeigt. Diese Würfelqualle besitzt bis zu 60 Tentakeln, die drei Meter lang werden können und mit 5000 Nesselzellen bestückt sind. Bei Kontakt dringen sie in die Haut des Opfers ein und entladen ihre Mischung aus hochwirksamen Peptiden, Neurotransmittern und Hormonen. Oft führt es innerhalb weniger Minuten zum Tod durch Herzstillstand. Da die Tentakeln unbemerkt noch mehrere Meter hinter den Tieren durch das Wasser schweben, ist das Risiko groß, damit in Berührung zu kommen. Jedes Jahr sterben mehr Menschen durch diese Quallen als durch Haiangriffe. Nur eine schnelle Reaktion kann helfen: betroffene Stellen sofort mit Essig abwaschen und das Gegengift geben.

1. Schnabeltier – in jeder Hinsicht außergewöhnlich |

Sie besitzen ein Fell und Schwimmhäute, haben einen Schnabel, legen Eier und säugen ihren Nachwuchs mit Milch ,- die australischen Schnabeltiere (Ornithorhynchus anatinus) sind einzigartige Mischwesen. Und dennoch ist das noch nicht alles, was sie außergewöhnlich macht: Die Männchen besitzen Giftsporne in Knöchelhöhe an den Hinterbeinen, mit denen sie ein selbst erzeugtes Toxin gegen Feinde und Artgenosse einsetzen können. Es besteht vor allem aus verschiedenen Peptiden und ist für Menschen nicht tödlich. Allerdings verursacht es unerträgliche Schmerzen, die man auch mit starken Schmerzmitteln kaum in den Griff bekommt und die teilweise über Monate anhalten können. Also: Hände weg!

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