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Giftpflanzen: 10 heimische Pflanzen, die Sie meiden sollten

Hummel am Eisenhut

Sie verätzen die Haut, lösen schwere Atemnot aus oder töten sogar nach Verzehr. Auch in Mitteleuropa wachsen Pflanzen, die Sie besser nur ansehen – und manche davon sogar nur aus der Ferne. Wir stellen zehn Arten vor: von der Beifuß-Ambrosie über den Eisenhut bis hin zum Maiglöckchen. Die Liste ist nicht vollständig. Und bitte suchen Sie bei Vergiftungssymptomen unbedingt ärztliche Hilfe auf.

Maiglöckchen – nichts für das Bärlauchpesto!

Auf den ersten Blick ist es fast nicht zu glauben: Aber Maiglöckchen (Convallaria majalis) sind tatsächlich relativ nahe mit dem Spargel verwandt. Verwechslungsgefahr mit dem Gemüsespargel besteht allerdings wohl nicht einmal bei einem flüchtigen Blick. Dafür ist die Ähnlichkeit zu einer anderen Pflanze fatal: dem Bärlauch (Allium ursinum), der als Gemüse oder in Form von Pesto in den letzten Jahren zunehmend populär wurde. Beide Arten wachsen oft in unmittelbarer Nähe in Buchen- und Eichenwäldern, und ihre Blätter ähneln sich stark. Während der Bärlauch aber wegen seines knoblauchartigen Geschmacks und seiner Schärfe – unter anderem hervorgerufen durch Allicin und dessen Umwandlungsprodukte – geschätzt wird, enthalten Maiglöckchen gleich einen ganzen Giftcocktail aus mindestens 38 Glykosiden. Ohne den Warnhinweis durch die charakteristischen Blüten vergiften sich unerfahrene Sammler immer wieder daran. Typische Symptome nach einem Mahl sind Erbrechen, Durchfälle und Krämpfe, gefolgt von Schwindel, Sehstörungen, Benommenheit und starkem Harndrang. Die Gifte schlagen zudem intensiv auf das Herz; Herzrhythmusstörungen, Blutdruckschwankungen und im Extremfall Herzversagen sind die Folge.

Eisenhut – eine der giftigsten Pflanzen Europas

Der Blaue Eisenhut (Aconitum napellus) ist so attraktiv wie giftig. Eltern sollten es tunlichst vermeiden, die Stauden im eigenen Garten anzupflanzen. Denn die in allen Pflanzenteilen vorhandenen Diterpen- und Esteralkaloide können sogar über unverletzte Haut und Schleimhäute aufgenommen werden – etwa wenn Kinder mit den großen Blüten spielen. Das Toxin beschleunigt den Herzrhythmus; der Tod tritt meistens durch Ersticken ein, weil das Gift die obere Atemmuskulatur lähmt. Der Eisenhut gilt seit der Antike als beliebtes Mordwerkzeug, zumal es bis heute kein spezifisches Gegenmittel gibt. Erste Vergiftungserscheinungen zeigen sich durch Brennen und spätere Taubheit der Haut, bei Verschlucken kommt es zu Kälteempfindlichkeit, extremer Übelkeit, Darmkoliken, nervöser Erregung, Ohrensausen, Schwindel, Herzrhythmusstörungen und Krämpfen. Ihren Zweitnamen »Wolfswurz« erhielt die Pflanze womöglich, weil früher Jäger damit vergiftete Pfeilspitzen genutzt haben sollen, um Jagd auf Wölfe zu machen.

Pfaffenhütchen – verlockend, aber ungenießbar

Euonymus europaeus – »von gutem Ruf«: So lautet der Gattungsname des Pfaffenhütchens oder Gewöhnlichen Spindelstrauchs übersetzt. Dabei ist »Rolle« der Pflanze mit den attraktiv gefärbten pink-orangen Früchten eher zwiespältig. Einerseits stellte man aus seinem stabilen Holz früher Orgelpfeifen, Stricknadeln oder Schuhnägel her, und Insekten wie Vögel schätzen die Blüten und Früchte des Strauchs. Andererseits enthalten fast alle Pflanzenteile Gifte aus der Klasse der Glykoside und Alkaloide. Besonders giftig sind die Samen, was insofern kritisch ist, als Kinder verlockt sind, die bunten Früchte zu essen und dabei auch die Kerne aufzunehmen. Als erste Symptome treten heftige Magen-Darm-Beschwerden auf, größere Mengen führen zu Organschäden oder zum Tod. Früher wurden die Samen sogar gemahlen und als Salbe oder Spülung gegen Parasiten wie Läuse oder Krätzmilben eingesetzt. Pfaffenhütchen kann man fast überall in Deutschland finden, bevorzugt an Waldrändern, in lichten Wäldern oder Hecken.

Riesenbärenklau – kann an heißen Tagen Atemnot auslösen

Der Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) gehört wahrscheinlich zu den bekanntesten Giftpflanzen, denn er erfreut sich großer medialer Aufmerksamkeit. Ursprünglich stammt er aus dem Kaukasus, doch wegen seiner stattlichen Größe wurde er regelmäßig als Zierpflanze nach Europa eingeführt. Imkern empfahl man die Pflanze als Bienenweide, Förster sollten sie als Unterwuchs im Wald aussäen. Zu den Schattenseiten des Riesenbärenklaus zählt dagegen nicht nur seine mittlerweile unkontrollierte Ausbreitung, sondern vor allem, dass er gesundheitliche Risiken birgt. Wie der Diptam enthält er Furocumarine und kann daher bei Berührung die Haut verätzen. An heißen Tagen gasen diese flüchtigen Inhaltsstoffe auch aus und reichern sich um die Pflanze an: Wer längere Zeit hier steht, entwickelt manchmal Atemnot, die in einer wochenlangen Bronchitis enden kann. Häufig bekämpfen Behörden daher die Pflanzen an Standorten, an denen viele Menschen vorbeikommen.

Seidelbast – Vorsicht: Verwechslungsgefahr!

»Im Frühling blüht der Seidelbast, und mir zerreißt`s …«: Manch einer kennt sicher diesen Schüttelreim, dessen Herkunft nicht ganz geklärt ist. Gesichert ist, dass der Echte Seidelbast (Daphne mezereum) tatsächlich schon früh im Jahr – im Vorfrühling – blüht. Er ist dabei die einzige kauliflore Pflanze Mitteleuropas, das heißt, ihre Blüten sitzen direkt am Stamm, was sonst vor allem in den Tropen verbreitet ist. Die stark duftenden, rosa bis purpurrot gefärbten Blüten täuschen allerdings über die extreme Giftigkeit des Gewächses hinweg: Die Samen enthalten das Terpen Mezerein, die Rinde Daphnetoxin. Beide gelten als starke Herzgifte. Als Symptome treten auf: Brennen und Anschwellen der Mundschleimhaut, der Lippen und der Zunge sowie Blasenbildung auf der Haut. Nieren und zentrales Nervensystem können geschädigt werden, der Herzschlag beschleunigt sich bis zum Kollaps. Schon vier bis fünf Samen führen bei Kindern zum Tod, bei Erwachsenen etwa die doppelte Menge. Tückisch sind daher die im Juli und August auftretenden roten Beeren der Pflanze, die an Johannisbeeren erinnern. Familien mit Kindern sollten ihn daher nicht im Garten anpflanzen.

Diptam – gefährlich in Verbindung mit Sonnenstrahlung

Brennender Busch: Diesen Namen trägt der Diptam (Dictamnus albus) völlig zu Recht. Denn die höchst attraktive Pflanze aus der Familie der Rautengewächse produziert ätherische Öle, welche die extrem flüchtige und hochentzündliche Flüssigkeit Isopren enthalten: Die Dämpfe sind schwerer als Luft und sammeln sich unterhalb der Blütenrispe. An heißen Tagen kann es durch Brennglaswirkung an den Tröpfchen sogar zur Selbstentzündung kommen, woraufhin eine blaue Flamme rasch an den Blüten emporzüngelt – ohne sie jedoch zu beschädigen. Für Menschen sind vor allem die Furocumarine heikel, die sich bei Berührung der Borstenhaare auf die Haut ergießen. Scheint die Sonne auf diese Stellen, können noch Tage später schwere und lang anhaltende Verbrennungen entstehen, weil die Haut hier besonders lichtempfindlich wurde. Die Art ist in Mitteleuropa selten und wächst bevorzugt an Waldrändern, an die sich sonnige Trockenrasen anschließen.

Herbstzeitlose – kein Safran-Lieferant

Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) ähneln Krokussen, gehören aber einer anderen Pflanzenfamilie an. Und im Gegensatz zu den meisten unserer angepflanzten Krokusse blühen sie auch nicht im zeitigen Frühjahr, sondern – der Name deutet es an – im Spätsommer und Herbst. Zudem besitzen sie ein sehr starkes Gift, das Colchicin, das von der Wirkung her Arsen ähnelt. Schon zwei bis fünf Gramm Samen können zum Tod führen, wobei die ersten Beschwerden etwa sechs Stunden nach dem Konsum auftreten. Es beginnt mit Schluckbeschwerden und einem Brennen im Hals und Mund. Danach folgen Erbrechen, Magenkrämpfe, starke Durchfälle, fallender Blutdruck und sinkende Körpertemperatur. Nach etwa ein bis zwei Tagen tritt der Tod durch Atemlähmung ein, wenn keine Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Heikel ist dabei vor allem der Frühsommer, wenn die Blätter austreiben, die denen des Bärlauchs ähneln. Herbstzeitlose wachsen vor allem auf feuchten, nährstoffreichen Wiesen und an Böschungen.

Schwarze Tollkirsche – schön durch Leiden?

»Dosis facit venenum« – oder: Die Dosis macht das Gift. Das gilt bei manchen Giftpflanzen wie der Schwarzen Tollkirsche (Atropa belladonna) sehr wohl. Das in den schwarzen Früchten enthaltene Alkaloid Atropin wird seit Längerem in der Medizin eingesetzt, unter anderem als Gegenmittel gegen das berühmt-berüchtigte E 605. Außerdem dient es als Medikament bei kolikartigen Schmerzen des Verdauungstrakts und der Gallenwege. In der Augenheilkunde setzt man es ein, um die Pupillen für Untersuchungszwecke zu vergrößern. Dieser Effekt führte womöglich zum lateinischen Artnamen belladonna: Angeblich haben Frauen früher die Tollkirschen gegessen, um ihre Pupillen zu weiten, was sie schöner machen sollte. Die Früchte schmecken leicht süßlich, deshalb sind sie für Kinder gefährlich. Vergiftungen durch Atropa belladonna nehmen hier zu Lande eine führende Position ein. Schon drei bis vier Beeren können bei Kindern tödlich wirken. In den ersten Stunden nach Verzehr helfen Magenspülungen und Aktivkohle, Ärzte können ein Gegengift verabreichen. Bei Verdacht auf Tollkirschenverzehr sollte stets ärztliche Hilfe aufgesucht werden!

Beifuß-Ambrosie – für Allergiker die Hölle

Keine Giftpflanze, aber für Allergiker mittlerweile eine der schlimmsten Plagen ist die Beifuß-Ambrosie, auch Beifußblättriges Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia) genannt. Der Korbblütler stammt ursprünglich aus Nordamerika, wurde aber als Neophyt auch in Europa eingeschleppt und hat sich hier auf Brachflächen teilweise massenhaft vermehrt. Dummerweise gehören ihre Pollen zu den stärksten Allergenen, die schweren Heuschnupfen bis hin zu Asthma auslösen können – und das schon in geringen Mengen: Bereits sechs Pollen pro Kubikmeter Luft verursachen eine Reaktion, bei Gräsern liegt der Schwellenwert dagegen bei rund 50 Pollen pro Kubikmeter. Ausgelöst wird die Entzündungsreaktion wohl vom Adenosin der Pollen, das auch Teil der RNA ist. Der Klimawandel sorgt dafür, dass sich die Art in Europa in neuen Regionen leichter etablieren kann. Zudem verlängert sich dadurch die Blütezeit.

Eibe – fast alles ist giftig

Eiben (Taxus baccata) gehören seit Jahrtausenden zu den beliebtesten Pflanzen Mitteleuropas. In früheren Zeiten schätzte man vor allem das Holz der Nadelbäume, das beim Trocknen kaum schrumpft und sich leicht verarbeiten lässt. Zudem war es das Holz für Bögen, kam aber ebenso beim Hausbau zum Einsatz. Die starke Nutzung setzte den europäischen Eiben daher stark zu. Schon seit der Antike kannte man auch die Giftigkeit der Pflanze: Holz, Rinde, Nadeln und Samen enthalten toxische Substanzen, die als Taxane oder Taxan-Umwandlungsprodukte bezeichnet werden. Nur die schleimige, rote Samenschale – genannt Arillus – ist ungiftig und könnte sogar gegessen werden, wenn man den Kern ausspuckt. Alle anderen Bestandteile führen schon innerhalb etwa einer halben Stunde zu heftigen Magen-Darm-Beschwerden, Herzrhythmusstörungen, Atemlähmung und schließlich zum Tod. Wer überlebt, leidet unter einem dauerhaften Leberschaden. Kritisch ist daher vor allem, dass die Gewächse heute als Hecken- und Zierpflanzen in Gärten sehr beliebt sind. Kinder sollten also dringend gewarnt werden.

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