Direkt zum Inhalt

Hochgebirge: 10 Schicksalsberge der Erde

Watzmann im Alpenglühen

Das Gipfelglück lockt viele Menschen in die Höhe – und lässt nicht wenige scheitern. Ein Hommage an Berge wie den Nanga Parbat, K2 oder Cerro Torre und ihre Bezwinger zum 50. Jubiläum der ersten direkten Durchsteigung der Eiger-Nordwand am 25.3.1966.

10 Eiger-Nordwand – Dramatik vor großer Kulisse |

Erfolg und Scheitern, Ruhm und Tod, Propaganda und mediales Großereignis – die Besteigung der Eiger-Nordwand erzeugte Legenden und verschaffte so manchem Bergsteiger Weltruhm: Die Nordwand gehört zu den größten und bekanntesten, aber auch gefährlichsten der Alpen. Sie ragt rund 1800 Meter fast senkrecht auf, und um sie zu durchsteigen, müssen Kletterer eine Strecke von bis zu vier Kilometern zurücklegen. Eine direkte Passage nach oben ist kaum möglich, weil die Bezwinger Eisplatten, Überhängen und anderen Gefahrenstellen ausweichen müssen. Nordwände gelten prinzipiell als höchst gefährlich, weil sie rasch vereisen und nach Schneefall bald von Lawinen heimgesucht werden. Die halbrunde Wand am Eiger ist sehr sturmanfällig. Durch den auskühlenden Effekt des Winds können die gefühlten Temperaturen bis auf minus 40 Grad Celsius fallen. Form und Ausrichtung der Wand sorgen für ein eigenes Mikroklima, das vom Tal aus kaum nachvollzogen werden kann: Während unten die Sonne scheint, können oben am Fels Schneestürme toben. Tauen gefrorene Gesteinspartien auf, drohen zudem Stein- und Felsstürze. Mehrfach verfilmt wurde der erste Versuch einer direkten Durchsteigung im Jahr 1936 durch die Deutschen Toni Kurz und Andreas Hinterstoißer sowie die Österreicher Willy Angerer und Edi Rainer – er endete tragisch mit dem Tod aller Beteiligten. Zwei Jahre später glückte diese Herausforderung der deutsch-österreichischen Seilschaft Anderl Heckmair, Ludwig Vörg sowie Heinrich Harrer und Fritz Kasparek, was von der nationalsozialistischen Propaganda weidlich ausgeschlachtet wurde.

9 Denali – dünne Luft im Norden |

Mit 6190 Metern Höhe ist der Mount McKinley der höchste Berg Nordamerikas und gehört damit zu den Seven Summits, den jeweils höchsten Gipfeln aller Kontinente. Entsprechend viele Bergsteiger zieht er an, die ihn bezwingen wollen – was dem britischen Forscher Hudson Stuck zusammen mit Henry Peter Karstens, Walter Harper und Robert Tatum am 7. Juni 1913 gelang. Da der Berg allerdings sehr weit im Norden steht, sind die Gipfelstürmer extremen klimatischen Bedingungen ausgesetzt. So bilden sich zahlreiche Stürme in der Barentssee bei den Aleuten, die nach Westen ziehen und schlechtes Wetter an den Denali bringen. Im Winter kann sich zudem der Jetstream aus höheren Atmosphärenschichten herabsenken, der bereits im Normalfall eine Geschwindigkeit von 160 Kilometern pro Stunde erreicht. Durch den so genannten Venturi-Effekt, eine Art Düseneffekt, kann sich die Windgeschwindigkeit am Berg selbst sogar noch verdoppeln. Bei klarem Wetter und damit maximaler Ausstrahlung sinken die Temperaturen sogar im Sommer auf Werte bis minus 30 Grad Celsius. Durch den Windchill herrschte am 30. November 2003 eine gefühlte Temperatur von minus 83,4 Grad Celsius an einer Wetterstation auf 5800 Metern: der bisherige Rekord für Nordamerika.

8 Cerro Torre – zu viele Stürme im Süden |

Schön und schrecklich zugleich ist der rund 3130 Meter hohe Cerro Torre in den Anden an der Grenze zwischen Chile und Argentinien: Er ragt auf wie ein Finger, dessen Kuppe von einer Eishaube verziert wird. Seine glatten Gesteinswände behindern den Aufstieg ebenso wie die zahlreichen Schlechtwetterfronten, die vom Pazifik her kommend bis zum Cerro-Torre-Massiv durchschlagen. Erst 1974 wurde daher die erste Besteigung bis zum Gipfel anerkannt, doch berühmter ist ein Versuch aus dem Jahr 1970: Der Italiener Cesare Maestri wollte bereits 1959 den Berg erobern, sein Seilpartner verunglückte jedoch beim Abstieg tödlich. Das Gipfelfoto ging angeblich verloren, auch Ausrüstungsgegenstände fanden sich nie. Dieser Erfolg wurde also angezweifelt, weshalb Maestri 1970 mit einer Materialschlacht einen erneuten Anlauf unternahm. Mit Hilfe eines Kompressors bohrte er in zwei Anläufen rund 300 Haken in den Fels und kletterte schließlich bis unter die Eishaube, die er nicht als den eigentlichen Gipfel betrachtete. Doch das wurde in der Welt der Kletterer wieder nicht anerkannt. Der Kompressor hängt angeblich noch heute an einem Seil im Fels: als Mahnmal für die Materialschlachten, die bisweilen geschlagen werden.

7 Uschba – der Unbekannte aus dem Kaukasus |

Der Uschba ist nicht der höchste, aber der eindrucksvollste Berg des Kaukasus – und weil er nur schwer zu bezwingen ist, trägt er den Namen "der Schreckliche". Der maximal 4700 Meter hohe Doppelgipfel befindet sich an der Grenze zwischen Georgien und der russischen Provinz Kabardino-Balkaria, wobei der stark vergletscherte Südgipfel schwerer zu erreichen ist als sein nördlicher Gegenpart: Erst der 21. Versuch glückte einem Team aus deutschen, österreichischen und Schweizer Bergsteigern, die am 26. Juli 1903 den Südgipfel bestiegen. Geschichte schrieb die Österreicherin Cenzi von Ficker, die bei einem gescheiterten Aufstieg kurz zuvor einen abgestürzten und schwer verletzten Kameraden barg und ihn ins Basislager brachte. Zum Dank schenkte ihr der Fürst Dadeschkeliani von Swanetien den Uschba formell.

6 Masherbrum – die Unnahbare aus dem Karakorum |

Der Masherbrum steht etwas im Schatten seiner höheren 8000er-Nachbarn K2, Gasherbrum I oder Broad Peak – zumindest was seine Bekanntheit angeht. Trotz stattlicher 7821 Meter ist er nur der neunthöchste Berg Pakistans; dafür gilt er als einer der schwierigsten Berge des Karakorums. Erst 1960 gelang es einem Team, einen Fuß auf die Bergspitze zu setzen; der 7163 Meter hohe Nebengipfel Yermanendu Kangri gilt bis heute als unbestiegen. Die Nordostwand des Bergs gehört zudem zu den letzten extremen Herausforderungen des Alpinismus: Noch kein Mensch hat diese Passage durch die rund 3500 Meter senkrecht aufragende Wand geschafft. Ein neuer Versuch ist für 2016 geplant.

5 Puncak Jaya – mitten im Niemandsland |

Es liegt in der Natur der Sache, dass von manchen Bergen angesichts ihrer abgeschiedenen Lage nur wenige Bilder existieren. Der Puncak Jaya im indonesischen Teil Neuguineas gehört dazu (einige Bilder finden Sie hier). Um den höchsten Berg Ozeaniens und einer Insel überhaupt zu erreichen, existieren nur zwei Möglichkeiten: Man muss sich zu Fuß durch den Regenwald schlagen oder fliegt per Helikopter ein. In unmittelbarer Nähe zum auch Carstensz-Pyramide genannten Massiv befindet sich eine riesige Tagebaumine (im Bild links neben den blauen und rosafarbenen Flächen zu sehen), die jedoch von den einheimischen Papua sehr kritisch gesehen wird, weshalb sie keine Besucher empfangen. Zeitweise hatte die indonesische Regierung überhaupt keine Expeditionsgenehmigungen erteilt, weil in der Nähe kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Papua und der Zentralregierung stattfanden. An den Hängen des Puncak Jaya existieren noch Reste früherer Gletscher (blau im Satellitenbild) – in unmittelbarer Nähe des Äquators. Sie schmelzen jedoch rapide: Erste Hochrechnungen gingen davon aus, dass sie schon 2015 verschwunden sein könnten, doch mittlerweile schätzt man, dass sie vielleicht immerhin noch 20 Jahre überdauern.

Mount Vinson – abgelegen in der Antarktis |

Der Mount Vinson im antarktischen Vinson-Massiv ist wahrscheinlich der große Unbekannte unter den Seven Summits. Der höchste Gipfel des Eiskontinents (4892 Meter) wurde erst 1954 bei einem Überflug entdeckt. Angesichts seiner abgelegenen Lage in der Westantarktis haben nur wenige Menschen seinen Gipfel erklommen – lediglich extrem gut ausgerüstete und finanziell gut ausgestattete Expeditionen dringen hierher vor. Der Aufstieg selbst ist technisch wenig anspruchsvoll. Doch nahe am Südpol, der nur 1200 Kilometer entfernt ist, wird die Luft in der Höhe rasch dünn. Zudem treten extreme Winde auf, die eine Begehung erschweren. Dennoch setzten insgesamt schon mehr als 1400 Menschen einen Fuß auf den höchsten Punkt der Antarktis.

3 Mont Blanc – Europas gefährliches Dach |

Der höchste Berg der Alpen hat zwei Gesichter: Im Norden ist er fast völlig vergletschert, im Süden steht der nackte Fels in steilen Wänden. Seine genaue Höhe variiert jedoch von Jahr zu Jahr und von Sommer zu Winter, denn der Gipfel ist von einer rund 14 Meter mächtigen Eis- und Schneeschicht bedeckt, die je nach Niederschlag und Temperatur schrumpft und wächst. Ohne diese Kappe ist er 4792 Meter hoch. Am Mont Blanc zeigen sich exemplarisch auch die Probleme der geografischen Abgrenzung Europas: Setzt man diese in der südrussischen Manytsch-Niederung an, dann ist der Mont Blanc Europas höchster Berg. Nimmt man hingegen die kaukasische Wasserscheide, gebührt diese Ehre dem Elbrus (5642 Meter) im Kaukasus. Viele Bergsteiger zählen daher Letzteren zu den Seven Summits, den höchsten Bergen aller Kontinente. Dennoch erfreut sich der Mont Blanc weiterhin großer Beliebtheit – die für hunderte Alpinisten mit schweren Verletzungen oder tödlich endete: Kein Berg auf der ganzen Welt hat mehr Opfer verursacht als dieser Gigant der Alpen.

2 K2 – der höchste Gipfel des Karakorums |

Der K2 trägt seinen Namen nicht, weil er der zweithöchste Berg der Erde ist (was ja der Fall ist). Stattdessen geht er auf einen frühen Vermessungsfehler zurück: Der Brite Thomas George Montgomerie hatte 1856 die Aufgabe, die Gipfel des Karakorums zu kartieren. Aus der Distanz schätzte er jedoch den Masherbrum als höher ein, weshalb dieser auch den Namen K1 trägt – K für Karakorum. Erst später erkannte man, dass der K2 nicht nur höher ist, sondern mit 8611 Metern dem Mount Everest folgt (8848 Meter). Unter Profis gilt jedoch der Zweitplatzierte als anspruchsvollster Achttausender überhaupt. Nach dem Annapurna sterben hier zudem relativ gesehen die meisten Bergsteiger – jeder fünfte Versuch endet tödlich.

1 Nanga Parbat – der Schicksalsberg der Deutschen |

Vor dem Zweiten Weltkrieg galt der 8125 Meter hohe Nanga Parbat, auch Diamir genannt, als "deutscher" Achttausender: Angetrieben auch durch die nationalsozialistische Propaganda versuchten deutsche oder internationale Seilschaften unter deutscher Führung immer wieder, den Gipfel zu erreichen – und scheiterten tödlich. Dutzende Bergsteiger und einheimische Helfer verloren dabei ihr Leben. Während der letzten Expedition im Jahr 1939 brach der Zweite Weltkrieg aus. Deshalb wurden die Teilnehmer in Indien interniert, auch der bekannte Heinrich Harrer. Ihre Geschichte wurde später unter dem Titel "Sieben Jahre in Tibet" verfilmt. Die 4500 Meter hohe Rupalwand ist die höchste Steilwand der Erde.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.