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Heimische Fauna: 10 unserer giftigsten Tiere in Deutschland

Hornisse

Wespen, Bienen und Hornissen haben einen Giftstachel – das wissen sicher die meisten Menschen. Aber warum sollten Sie Vorsicht vor dem Petermännchen in der Nordsee oder dem Ammen-Dornenfinger im Feld walten lassen? Wie gefährlich ist eine Kreuzotter? Und warum sollten Sie Ölkäfer nicht anfassen? Auch einige Tiere in Deutschland besitzen chemische Abwehr- oder Jagdwaffen. Wir stellen 10 Beispiele vor. Suchen Sie bitte ärztliche Hilfe auf, wenn Sie von einer dieser Arten gebissen oder gestochen wurden.

Petermännchen – Vorsicht beim Strandtag |

Verglichen zum Beispiel mit Australien ist das Baden in Nord- und Ostsee einigermaßen risikolos, was die Tierwelt angeht. Doch auch hier zu Lande sollte man in Strandnähe aufpassen. Denn das Petermännchen (Trachinus draco) gräbt sich gern in Sand und Schlamm ein, so dass Badende gestochen werden können, wenn sie auf den zu den Barschartigen zählenden Fisch treten. Rund 30 bis 40 Menschen betrifft dies jedes Jahr, weil einer ihrer Füße vom Giftstachel penetriert wird. Dabei sondert der Fisch ein Toxin aus Serotonin und Proteinen ab, das eine Histaminausschüttung im menschlichen Körper hervorruft. Der Stich verursacht einen heftigen Schmerz und führt dann zu teilweise lang anhaltenden, schmerzhaften Schwellungen. Kritisch wird es, wenn allergische Reaktionen auftreten – etwa Schwindel, Herzrasen, Übel- oder Bewusstlosigkeit. Spätestens dann sollten Sie schnellstens medizinische Hilfe suchen, denn es drohen sogar Herzstillstand und Tod. Gestochene Personen müssen sofort das Wasser verlassen, da der Schmerz schnell unerträglich wird und sie zu ertrinken drohen. Als Erste-Hilfe-Maßnahme kann die betroffene Stelle mit einem Heißluftföhn oder einem elektrischen Antimückenstick behandelt werden: Hitze zerstört die Giftmoleküle.

Ammen-Dornenfinger – Spinne auf Expansionskurs |

Ursprünglich stammt der Ammen-Dornenfinger (Cheiracanthium punctorium) wohl aus dem Mittelmeerraum; in Deutschland lebte die Spinne nur in kleineren, von der Wärme begünstigten Gebieten Südwestdeutschlands. Doch langsam breitet sich die Art dank der Erwärmung flächendeckend aus und dringt auch in den Norden und Nordosten der Republik vor. Wer die Achtbeiner bei einem Spaziergang auf Waldlichtungen, Ackerbrachen oder Wiesen entdeckt, sollte etwas Abstand halten. Denn diese Spinnen gehören zu den wenigen Arten Mitteleuropas, die einen unangenehmen Biss setzen können: Ihre Kieferklauen durchdringen die menschliche Haut. Der Biss ähnelt dem Stich einer Biene oder Wespe, kann aber kurze Zeit später die gesamte betroffene Gliedmaße schmerzen lassen. Auch Schmerzen und Druckempfindlichkeit in den Lymphknoten der Achselhöhlen sind möglich – nach spätestens drei Tagen ist das Gröbste dann allerdings überwunden. Insgesamt sind aber nur sehr wenige Menschen pro Jahr betroffen; viele Bisse gehen darauf zurück, dass diese Personen die Nester der Tiere bei Mäharbeiten oder absichtlich geöffnet haben.

Kreuzotter – ihre Gefährlichkeit wird überschätzt |

Bei giftigen Tieren in Deutschland denken viele Menschen wahrscheinlich zuerst an die Kreuzotter (Vipera berus). Die Schlange kommt bereits mit funktionsfähigen Giftzähnen auf die Welt; ihr Toxin ist ein komplexes Gemisch, das Nerven angreift und Blut zersetzen kann. Der Biss soll ähnlich schmerzhaft wie ein Wespenstich sein, wenig später schwillt die betroffene Stelle stark an, es folgen Atemnot, Herzrasen und auch Lähmungen. Angst muss man dennoch nicht haben. Kreuzottern sind rar und scheu; in der Regel fliehen sie, wenn sich Menschen nähern. Die Reptilien beißen meist, wenn sie sich bedroht fühlen – und selbst dann injizieren sie oft kein oder nur wenig Gift. Dieses müssen sie aufwändig herstellen und setzen es daher zurückhaltend ein. In den letzten 60 Jahren gab es deutschlandweit wohl nur einen Todesfall, der mit einem Kreuzotterbiss zusammenhängen könnte: eine 81-jährige Frau auf Rügen, die kurz zuvor aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Wenn Sie einer Kreuzotter in freier Natur – etwa im Moor oder in der Heide – begegnen, halten Sie also bitte respektvoll Abstand und freuen Sie sich. Denn Sichtungen sind eher selten.

Feuersalamander – bedrohter Giftmischer |

Das grelle Gelb deutet es an: »Rühr mich nicht an, ich bin giftig!« Feuersalamander produzieren ein giftiges Hautsekret, das bei Menschen allerdings nur selten größere Beschwerden hervorruft. Es besteht aus Alkaloiden, die bei gesunden Erwachsenen am ehesten ein Hautbrennen verursachen. Empfindlichere Personen oder kleine Kinder können stärker reagieren: mit Übelkeit, Atembeschwerden und Erbrechen. Auf alle Fälle sollte man sich nach jedem Kontakt die Hände gründlich waschen. Haustierbesitzer müssen dagegen achtsamer sein – nicht nur, weil die Feuersalamander unter Naturschutz stehen und durch Hunde oder Katzen getötet werden können. Auch die lieben Vierbeiner leiden dann unter Maulsperre, Genickstarre oder starkem Speichelfluss. Natürlich soll das Toxin den Lurch gegenüber Beutegreifern schützen, doch gegen seinen schlimmsten Feind nützt es leider nichts: Eine aggressive Infektion durch einen eingeschleppten Pilz rafft die Salamander massenweise dahin.

Gelbbauchunke – mehr als Schleimhautreizung droht kaum |

Mit der Gelbbauchunke (Bombina variegata) ist noch eine weitere Amphibie in Deutschland mit einem Gift ausgestattet und warnt mit gelbem Farbmuster davor. Sie sondert ebenfalls über die Haut ein leicht flüchtiges Toxin ab, das die Augen reizen kann, aber in der Regel keine größeren Schäden hervorruft – eigentlich soll es Fressfeinde abwehren. Bei Gefahr nimmt die Gelbbauchunke die so genannte Kahnstellung ein, damit ihr intensiv gefärbter Bauch und die Gliedmaßeninnenseiten von oben sichtbar sind; sonst verlässt sie sich auf ihre braune Tarnfarbe auf dem Rücken. Wie viele andere Lurche ist die Art in Deutschland gefährdet, weil ihre Lebensräume voneinander isoliert werden und verschwinden. Sie bevorzugt dynamische Lebensräume, in denen immer wieder neue Teiche und Tümpel entstehen. Früher galt dies für die Auen großer Flüsse, heute findet sie das eher auf Truppenübungsplätzen oder in Steinbrüchen.

Aspisviper – die unbekannte Giftschlange |

Wer kennt die Aspisviper? In Deutschland sicher nur eine kleine Minderheit. Dabei ist sie neben der Kreuzotter die zweite heimische Giftschlange. Die nach einem Biss auftretenden Symptome ähneln jenen nach einem Kreuzotter-Biss, allerdings injiziert sie dabei noch weniger Toxin. Vipera aspis lebt jedoch in einem räumlich eng begrenzten Gebiet an den südöstlichen Ausläufern des Schwarzwaldes. Biologen vermuten, dass ihr während eines Klimaoptimums seit der letzten Eiszeit einmalig die Ausbreitung über den Rhein hinweg gelang und sie dabei den momentan nordöstlichsten Außenposten ihres Verbreitungsgebiets erreichte, das sonst große Teile Frankreichs und Italiens umfasst. Hier zu Lande besiedelt die Schlange heute ein etwa 2,4 Quadratkilometer großes Areal und gilt als vom Aussterben bedroht.

Ölkäfer – bitte nicht anfassen |

Ölkäfer wie der Maiwurm (Meloe proscarabaeus) sind in Mitteleuropa vielerorts leider selten geworden. Denn sie bevorzugen Trockenrasen mit lichter Vegetation, der auch in Deutschland im Verschwinden begriffen ist. Die Insekten haben eine spezielle Fortpflanzungsstrategie: Ihre Larven kriechen nach dem Schlüpfen auf Blüten und lauern dort auf Wildbienen. Besuchen diese ihre Nahrungspflanze, krallen sich die Larven fest und lassen sich in die unterirdischen Nester transportieren, wo sie sich von Pollen und dem Bienennachwuchs ernährt. Der fertige Käfer sieht dann mit seinem überdimensionierten Hinterleib recht ungewöhnlich aus – und verteidigt sich bei Gefahr mit einem giftigen Sekret. Es enthält als Hauptwirkstoff eine Substanz namens Cantharidin, eine Benzofuranverbindung. Diese reizt die Haut und Schleimhaut stark; Blasen, tiefe Nekrosen, Schleimhautschädigungen, Entzündungen und sogar schwere Nierenschäden sind bei Kontakt oder Verschlucken möglich. Gelangt die ölige Flüssigkeit ins Auge, folgen starke Schmerzen, Schwellungen, Tränenfluss und Lichtempfindlichkeit. Viele Fressfeinde wie Igel oder Vögel sind gegen den Stoff immun; er soll die Käfer vor allem gegen Ameisen und Laufkäfer schützen.

Spitzmaus – ja, auch sie besitzt Gift |

Es gibt nur wenige Säugetiere, die auf Gift als Waffe setzen – das Schnabeltier aus Australien ist ein Beispiel oder die urtümlichen karibischen Schlitzrüssler. Doch nicht nur Exoten sind so ausgestattet. Auch einige einheimische Arten haben Gift in ihrem Repertoire, wie die Wasserspitzmaus (Neomys fodiens), die mit ihrem Biss eine Dosis des so genannten Blarina-Toxins abgeben kann. Es wird von den Tieren in den Unterkieferspeicheldrüsen produziert und mit dem Speichel übertragen – das gleiche Gift findet sich übrigens bei der Skorpion-Krustenechse, wo die Evolution es ein zweites Mal hervorgebracht hat. Das Blarina-Toxin wirkt auf das zentrale Nervensystem und lähmt potenzielle Beute wie Frösche oder Wühlmäuse, die größer als die Spitzmäuse sind (diese gehören übrigens nicht zu den Nagetieren, sondern zu den Insektenfressern). Für Menschen ist der Biss der Spitzmäuse normalerweise nur schmerzhaft und führt zu lokalen Schwellungen. Die Krustenechse dagegen verabreicht so viel Gift, so dass auch Erbrechen, Übelkeit, Fieber oder Bluthochdruck auftreten.

Wasserspinne – Restrisiko beim Baden |

Für einen Achtbeiner hat die europäische Wasserspinne (Argyroneta aquatica) einen äußerst ungewöhnlichen Lebensraum: Sie jagt, frisst, schläft und vermehrt sich unter Wasser in einer selbst gebauten Taucherglocke, die sie an Wasserpflanzen verankert. Sauerstoff bezieht sie aus einer dafür angefertigten Luftblase, die sie immer wieder füllen muss. Bevorzugt erlegt sie Wasserflöhe oder anderes Kleingetier durch einen Biss, der auch für Menschen schmerzhaft ist und Rötungen und Schwellungen hervorruft. Argyroneta aquatica ist neben dem Ammen-Dornenfinger einer der wenigen heimischen Achtbeiner, dessen Kieferklauen nicht nur sehr dünne Hautpartien des Menschen durchdringen kann. Meist klingen die Symptome rasch wieder ab, sie ähneln einem Wespenstich. Wie viele andere Wasserlebewesen leidet die von Westeuropa bis Japan verbreitete Spinne ebenfalls unter Umweltverschmutzung durch die Landwirtschaft und gilt deshalb hier zu Lande als bedroht.

Gelbe Haarqualle – Nesseln sind ihre Waffe |

Manche Nesseltiere wie die Seewespe (Chironex fleckeri) oder die Portugiesische Galeere (Physalia physalis) haben einige der unangenehmsten, schmerzhaftesten und auch tödlichsten Gifte entwickelt, denen Menschen im Meer ausgesetzt sein können. Glücklicherweise leben diese Arten in wärmeren Gewässern. Doch auch in der Nord- und Ostsee können Quallenarten auftreten, deren Berührung zumindest schmerzt. Die Gelbe Haarqualle (Cyanea capillata), oft auch als Feuerqualle bezeichnet, taucht regelmäßig vor unseren Stränden auf. Ihre Tentakel besitzen feine Nesselzellen, welche die Haut mit dem Nesselschlauch durchdringen und ihr Gift blitzartig freisetzen – angeblich dauert es nur 0,004 Sekunden vom Kontakt bis zur Injektion. Besonders bei allergisch reagierenden Personen löst das Nesselgift heftige Reaktionen wie Atembeschwerden, Schwindel, Erbrechen, Fieber oder Hautausschlag aus. Die Verletzung kann wie eine Verbrennung behandelt werden.

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