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Fische: 10 Wahrheiten über Haie und Rochen

Weißer Hai schnellt während der Jagd aus dem Meer vor Südafrika

Der Weiße Hai gilt als der Schrecken der Meere. Dabei sterben durch ihn viel weniger Menschen als durch Selfies. Riesenmaulhaie sind harmlose Riesen, dafür erbeuten Grönlandhaie schon mal Eisbären. Stierhaie und Riesenstachelrochen leben auch im Süßwasser … Diese und andere Fakten über Rochen und Haie stellen wir Ihnen nachfolgend vor.

Stierhaie – nicht nur im Süßwasser zu Hause

Badende und Surfer im Ozean fürchten wenig mehr als Haie – obwohl die Zahl der Todesfälle verschwindend gering ist, wenn man sie in Relation zu der Masse an Menschen setzt, die sich ins Meer wagen. Wer dennoch denkt, dass man nur im Süßwasser sicher sei, sollte jedoch bestimmte Gewässer in den Tropen meiden. Denn tatsächlich sucht ein Dutzend Haiarten regelmäßig Brackwasser, Flüsse oder sogar Seen auf – zumindest zeitweise. Die bekannteste Spezies darunter ist wohl der Bullen- oder Stierhai, der weltweit im Lauf oder Mündungsbereich größerer Flüsse wärmerer Regionen lebt. Er wurde im Amazonas ebenso nachgewiesen wie im Unterlauf des Mississippi, er schwimmt im Brisbane River ebenso wie im Ganges. Über den Río San Juan hat er zudem den Nicaraguasee erreicht, wo ein größerer Bestand heimisch ist. Potenziell ist er für Menschen gefährlich; im »International Shark Attack File« werden ihm mehrere Todesfälle zugeschrieben. Im Gegensatz zum Bullenhai, der auch im Meer lebt, sind die Flusshaie der Gattung Glyphis fast ausschließlich Süßwasserbewohner. Sie werden vom Fischfang bedrängt und leiden sehr unter Umweltverschmutzung, daher gehören sie zu den am stärksten gefährdeten Haiarten der Erde.

Grönlandhaie – sie fressen auch Eisbären

Grönlandhaie (Somniosus microcephalus) gelten als die langlebigsten Wirbeltiere der Erde: Die ältesten bislang gefundenen Exemplare werden auf 400 Jahre geschätzt, als durchschnittliche Lebenserwartung hat man bislang 272 Jahre ermittelt. In ihrer Heimat im hohen Norden zählen sie zu den Spitzenraubtieren des Meeres – denen womöglich sogar schwimmende Eisbären zum Opfer fallen. Darauf weisen zumindest Knochenfunde im Magen von Grönlandhaien hin, in denen unter anderem ein Kiefer eines Eisbären nachgewiesen wurde. Allerdings sind sich Wissenschaftler nicht ganz sicher, ob der Eisbär aktiv erlegt wurde oder ob die Haie schlicht einen ertrunkenen Bären fraßen. Für die These eines erbeuteten Opfers spricht unter anderem, dass keine Überreste von Aas fressenden wirbellosen Meerestieren gefunden wurden. Zudem jagen die Haie laut Studien auch im flacheren Wasser und erbeuten dabei Robben.

Bambushaie – sie speichern Sperma jahrelang

Der Braungebänderte Bambushai (Chiloscyllium punctatum) gehört mit einer Länge von maximal 105 Zentimetern zu den eher kleinen Vertretern der großen Haifamilie. Dafür zeichnet ihn etwas anderes aus: Mindestens vier Jahre können Weibchen die Spermien von Männchen in ihrem Körper speichern und damit Eier befruchten. Das belegte ein Babyhai, der 2015 im Steinhart Aquarium in San Francisco geschlüpft ist – 48 Monate nachdem seine Mutter das letzte Mal Kontakt mit einem männlichen Artgenossen hatte. Im Gegensatz zu vielen Knochenfischen, die Spermien und Eier ins Wasser entlassen, findet bei den Knorpelfischen die Befruchtung im Mutterleib statt: Viele Haie und Rochen legen dann relativ große Eisäcke, in denen sich die Jungtiere entwickeln. Andere Arten gebären dagegen wenige lebende Babyhaie. Die Spermien werden in speziellen Drüsen gespeichert, und das Weibchen kann darauf zurückgreifen, wenn Eier in ihrem Körper heranreifen oder die Bedingungen besonders günstig sind.

Weißer Hai – tausende Zähne im Lauf eines Lebens

Wir Menschen bekommen leider nur zweimal im Leben neue Zähne – verlieren wir unsere Erwachsenenzähne, muss künstlicher Ersatz her. Haie haben es in diesem Fall besser: Verlieren sie einen Teil des Gebisses, so rücken Beißwerkzeuge aus der zweiten Reihe nach, denn Haie besitzen mehrere Zahnreihen gleichzeitig im Maul. Und das geschieht kontinuierlich wie am Fließband. Das ist auch nötig, da beispielsweise ein Weißer Hai durchschnittlich einen Zahn pro Woche verliert, etwa weil der in der Beute stecken bleibt. Wissenschaftler haben fossile Haifischzähne unter anderem schon in den versteinerten Gerippen von Flugsauriern gefunden. Grundhaie, zu denen unter anderem die Hammerhaie gehören, bilden im Lauf ihres Lebens bis zu 30 000 Zähne aus. Der Biologe Gareth Fraser von der University of Sheffield erforscht, wie sich diese für die Haie vorteilhafte Eigenschaft vielleicht nutzen ließe, um auch uns Menschen echte dritte Zähne nachwachsen zu lassen.

Koboldhaie – lebende Fossilien aus der Tiefsee

In der Tiefsee vergeht die Zeit – und das Leben – langsamer: Koboldhaie (Mitsukurina owstoni) sind dafür ein gutes Beispiel. Fossilien der Art reichen zurück bis ins Eozän vor 50 Millionen Jahren. Noch heute ist allerdings ungeklärt, wozu seine lange Schnauze dient, die das Maul überragt. Womöglich bietet sie zusätzlichen Platz für die Lorenzinischen Ampullen, ein für Knorpelfische typisches Sinnesorgan, mit dem Haie, Rochen und Seekatzen elektromagnetische Felder und feinste Temperaturunterschiede ausmachen und so Beute erkennen können. Damit die Schnauze beim Beutemachen nicht im Weg ist, können die Koboldhaie ihr Maul um bis zu 20 Zentimeter nach vorne katapultieren, wenn sie zuschnappen. Ihr eigentümliches Aussehen sorgte letztlich auch für ihre Namensgebung: Japanische Fischer zogen Koboldhaie häufiger aus dem Meer und nannten die Tiere »tengu-zame« – »zame« bedeutet Hai, und »tengu« ist der Name eines langnasigen, rotgesichtigen Dämons, der im englischen und deutschen Sprachgebrauch zu »Kobold« wurde.

Riesenhaie – sie springen auch mal aus dem Meer

Nur Walhaie übertreffen die Riesenhaie (Cetorhinus maximus) an Größe unter den Fischen: Bis zu zehn Meter lang und vier Tonnen schwer können die Tiere werden. Für uns Menschen sind sie völlig ungefährlich, selbst wenn sie regelmäßig in Buchten und Flussmündungen schwimmen, um zu fressen. Wie die Walhaie ernähren sie sich ausschließlich von Plankton, mikroskopisch kleinen Tieren und Pflanzen im Meer. Bis zu 1800 Tonnen (!) Wasser können die Tiere in einer Stunde filtern, indem sie die Flüssigkeit bei geöffnetem Maul einfach wieder durch die Kiemen fließen lassen. Der auf den ersten Blick beim Fressen träge und langsam wirkende Hai kann jedoch sehr agil werden: Mit einer Geschwindigkeit von bis zu fünf Metern pro Sekunde können die Tiere aus dem Ozean schnellen und sich auf die Wasseroberfläche fallen lassen – ein Verhalten, das von Grauwalen bekannt ist und das bisweilen auch Weiße Haie bei der Jagd zeigen. Warum die Riesenhaie dieses für sie sehr energieintensive Manöver durchführen, weiß man allerdings noch nicht.

Stachelrochen – harmloser als ihr Ruf

2006 gelangten Stachelrochen zu trauriger Berühmtheit: Bei Dreharbeiten am Great-Barrier-Riff sticht eines der Tiere dem australischen Tierfilmer Steve Irwin in die Brust. Er kann sich zwar noch den Stachel aus dem Körper ziehen, stirbt jedoch kurz danach am injizierten Gift. Der Fall machte weltweit Schlagzeilen, und tatsächlich kommt es immer wieder zu Todesfällen durch Stachelrochen. Angesichts der Millionen Menschen, die weltweit täglich ins Meer gehen, ist das reale Risiko allerdings vergleichsweise sehr klein. Irwin war bis dahin der zweite bekannte Todesfall durch einen Stachelrochen in Australien seit 1945. Der Dokumentarfilmer hatte wohl schlicht das große Pech, dass ihn das Tier unmittelbar in Herznähe traf. Zu Unfällen kommt es meist, wenn Badende versehentlich auf einen Rochen treten. Dann schnellt der Schwanz hoch und versenkt den Stachel im Gewebe – Menschen trifft es also häufig im Beinbereich. Noch existieren relativ wenige Studien zu den Toxinen, etwa dazu, wie sie sich zusammensetzen. Deshalb gibt auch noch kein Gegenmittel: Heißes Wasser soll im Fall einer Injektion helfen. Meist wird daher nur symptomatisch behandelt; Allergiker sollten auf Anzeichen eines anaphylaktischen Schocks achten.

Sägerochen – gegen den Menschen hilft die Säge nicht

Sägerochen (Pristidae), auch Sägefische genannt, gehören ebenfalls zu den lebenden Fossilien, die seit dem Eozän durch die Weltmeere schwimmen. Nahezu ebenso lang rätselten Biologen, wozu die namensgebende Schnauze der Tiere wohl dienen könnte: Sie galt vor allem als Suchinstrument, mit dem die Fische sandigen Meeresboden durchwühlen. Barbara Wueringer von der University of Queensland und ihr Team wiesen dann allerdings nach, dass die Säge eine veritable Waffe darstellt, mit der die Rochen ihre Beute nicht nur aufspüren, sondern regelrecht zerhacken können. Gegen unsere Nachstellungen hilft die Säge den Tieren nichts, wie eine Auflistung der Londoner Zoological Society zeigt. Ebenso wie viele andere Hai- und Rochenarten gelten auch die Sägefische als vom Aussterben bedroht.

Kuhnasen- und Teufelsrochen – goldene Segel im Meer

Trotz der Bedrohung zahlreicher Knorpelfischarten durch Übernutzung, unabsichtlichen Beifang oder Umweltverschmutzung existieren noch Naturspektakel durch massenhaft auftretende Vertreter dieser Tierklasse. Goldene Kuhnasen- (Rhinoptera steindachneri) und Munks Teufelsrochen (Mobula munkiana) können während der Paarungszeit in großen Schwärmen durch das Meer ziehen. Tausende der Tiere lassen sich dann in Küstennähe beobachten, doch zu ihnen ins Wasser springen sollten Sie nicht: Sie gehören ebenfalls zu den Stachelrochen und können schmerzhafte Wunden verursachen. Meist halten sich die Fische auf dem offenen Meer auf, wobei sie schwerpunktmäßig in den tropischen und subtropischen Regionen des Atlantiks und des Indopazifiks beheimatet sind. Typisches Merkmal ist ihr eingebuchteter Kopf.

Riesen-Süßwasserstechrochen – unbekannter Gigant aus dem Mekong

Mit einer Länge von rund fünf Metern und etwa 600 Kilogramm Gewicht gehören die Riesen-Süßwasserrochen (Urogymnus polylepis) zu den größten Süßwasserfischen der Erde. Dennoch rückten die Fische erst ab den 1990er Jahren richtig in den Fokus der Wissenschaft: Damals wurde die Art quasi neu beschrieben, weil die alte Erstbeschreibung in Vergessenheit geraten war. Die Fische leben in großen Flüssen Südostasiens und Borneos. Vor allem die Exemplare aus dem Mekong erhalten wegen ihrer Größe Aufmerksamkeit. Der Biologe Zeb Hogan von der University of Nevada gehört weltweit zu den größten Experten, was den Riesen-Süßwasserrochen und andere gigantische Flussfische anbelangt. Viele dieser Riesen sind mittlerweile bedroht, wie der Experte mahnt. Ausgewachsene Rochen werden nur selten gefangen, weil kaum eine Angelschnur oder ein Netz diesem Tier gewachsen ist und Fischer normalerweise mehrere Stunden brauchen, um es zu bergen. Zunehmend werden aber der Mekong und andere Flüsse der Region mit Stauwerken verbaut und für die Schifffahrt erschlossen, so dass einzelne Rochenbestände mehr und mehr isoliert und durch Verschmutzung bedroht werden.

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