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Meteorologie: Die 10 extremsten Wetterlagen unserer Erde

9. Hagelschlag in den Nandi Hills, Kenia

Tief "Jürgen" leitete polare Kaltluft weit nach Deutschland – in Süddeutschland gab es Schnee bis in die Tieflagen. Dabei konnte man noch vor zwei Wochen im T-Shirt auf der Terrasse sitzen. Extrem sind diese Gegensätze im November hierzulande allerdings nicht. Ganz im Gegensatz zum Wetter in anderen Teilen der Erde: Wo scheint (fast) immer die Sonne – und wo nie? Und wer leidet unter dem miesesten Wetter überhaupt? Unsere Erde bietet für jeden etwas.

10. Die Blitze von Catatumbo |

Mindestens 260 Nächte im Jahr blitzt es andauernd nahe der Mündung des Río Catatumbo in den Maracaibo-See in Venezuela – und das praktisch immer an der gleichen Stelle. Viele Mythen ranken sich um dieses Blitzlichtgewitter, etwa dass Methan aus den vielen Sümpfen an den Ufern des Sees die Entladungen begünstigt oder die Gewitter immer geräuschlos ablaufen. Beides ist jedoch nicht wahr: Der "fehlende" Donner lässt sich eher auf die Distanz zu den Gewittern zurückführen, die weit entfernt auf der anderen Seeseite stattfinden und diesseits nicht zu hören sind: das klassische Wetterleuchten. Es entsteht, weil ausdauernd feuchtwarme Luftmassen über den See und die angrenzenden Ebenen streifen, bevor sie auf die Andenausläufer der Cordillera de Mérida treffen. Das Gebirge umschließt die Sümpfe auf drei Seiten und zwingt die Luft zum Aufstieg. Dabei bilden sich vor allem nachts Gewitterwolken, die sich stetig entladen. Bis zu zehn Stunden können diese Gewitter toben – die mancher Forschungsreisende wegen ihrer Regelmäßigkeit tatsächlich zum perfektesten Sturm krönte.

9. Hagelschlag in den Nandi Hills, Kenia |

Die Kericho-Nandi-Hills am Rand des Großen Grabenbruchs in Kenia haben den Ruf des hagelreichsten Orts der Erde. In der Hitze des Nachmittags steigt hier feuchte Luft vom Viktoriasee über den Bergen auf, so dass sich über dem mehr als 2000 Meter hohen Hochplateau große Gewittertürme ausbilden. Darin herrscht enormer Auftrieb, der die Feuchtigkeit weiter in kühle Atmosphärenschichten reißt, wo sie gefriert, bis sie schließlich als Hagel ausfällt. In der Region hagelt es nahezu täglich. Richtig schmerzhaft bis lebensgefährlich wird es aber vor allem im Norden Indiens und Bangladeschs, wo Meteorologen die meisten Stürme mit Extremhagel beobachten: Die Eisbrocken haben Durchmesser von mehr als zehn Zentimetern, und in Bangladesch klaubte man am 14. April 1986 sogar Hagelkörner auf, die mehr als ein Kilogramm wogen – 92 Menschen starben in diesem Unwetter.

8. Es regnet nie im McMurdo-Trockental, Antarktis |

Mitten in der Antarktis liegt der trockenste Ort der Welt: das McMurdo-Trockental. Hier hat es seit vielleicht Millionen von Jahren nicht mehr geschneit oder geregnet. Dazu herrschen Temperaturen bis minus 50 Grad Celsius im Winter, im Sommer gibt es nur wenige Tage über dem Gefrierpunkt, und stetig peitschen orkanartige Fallwinde über die Landschaft. Deshalb sind die Täler auch nicht vom Eis überdeckt: Die Gebirge am Rand verhindern, dass Gletscher hierher vordringen, die trockenen Föhnwinde saugen jede Feuchtigkeit auf. Insgesamt erstrecken sich die Trockentäler über eine Fläche von 4900 Quadratkilometern und machen damit zwei Prozent der Gesamtantarktis aus. Immerhin gibt es aber einen Salzsee, der vom Schmelzwasser der benachbarten Gletscher gespeist wird und nie zufriert – weil er so salzig ist.

7. Morning Glory – die schönste Wolke der Welt |

An der Nordspitze Australiens tritt jedes Jahr im Frühling morgens eine Wolke auf, die tatsächlich außerordentlich schön ist: die Morning Glory Cloud – eine walzenförmige Wolke, die in der Morgendämmerung auf die Küste im Golf von Carpentaria zurollt. Sie kann mehrere hundert Kilometer lang sein, ist aber meist nur ein bis zwei Kilometer breit. Und sie entsteht womöglich nur an diesem Ort der Welt so konstant. Denn hier treffen feuchte Seewinde von zwei Seiten entlang der Cape-York-Halbinsel aufeinander und erzeugen eine aufsteigende Luftbewegung: Feuchte Luft kondensiert an der Spitze des Wellenkamms und bildet die Wolke, die mit dem vorherrschenden Ostwind nach Westen geschleppt wird. An der Vorderseite dominieren starke Aufwinde, während auf der Rückseite turbulent absinkende Luft herrscht: Beide zusammen lassen die Morning Glory augenscheinlich rotieren.

6. Der größte Wetterkontrast auf kleinem Raum, Kauai |

Auf den größeren – gebirgigen – Hawaii-Inseln kann man auf sehr kurzer Distanz extreme Klimaunterschiede beobachten, denn die Eilande liegen in den äußeren Tropen mitten im Einflussbereich der Passatwinde. Sie streichen konstant vom Nordosten her über den Pazifik und nehmen dabei Feuchtigkeit auf. Sobald sie auf die Berge der größeren Inseln treffen, werden sie zum Aufstieg gezwungen: Es bilden sich Wolken, und es regnet sehr ergiebig. Am Vulkan Waialeale auf Kauai regnet es durchschnittlich an 335 Tagen im Jahr insgesamt 10 800 Millimeter – nur wenige Orte der Welt sind feuchter. Aber schon wenige Kilometer entfernt ist es fast wüstenhaft. Die Südwestseite der Insel liegt im Regenschatten, und der konstante Föhn sorgt für Sonnenschein und Trockenheit.

5. Die großen Temperaturschwankungen durch Föhnwinde |

Von wetterbedingten Kopfschmerzen geplagte Menschen sollten besser nicht auf die Ostseite der Rocky Mountains im Norden der USA ziehen. Denn hier weht der Chinook, ein Föhnwind, der häufiger, konstanter und heftiger bläst als der hiesige aus den Alpen. Das zeigt sich exemplarisch am kleinen Städtchen Spearfish in South Dakota: Nirgendwo sonst maß man bis heute einen ähnlich schnellen Temperaturanstieg wie am 22. Januar 1943 um 7.30 Uhr, als die Quecksilbersäulen der Thermometer innerhalb von nur zwei Minuten von minus 20 auf 8,3 Grad Celsius in die Höhe schossen. Schuld daran war der Föhn, ein warmer Fallwind, der sich beim "Abstieg" aus dem Gebirge stetig erwärmt (mehr lesen Sie hier). Beeindruckend sind aber auch die Chinookbögen wie hier im Bild: ein Wolkenband, das durch Luftwellen über dem Gebirge entsteht, bis sich die Wolken auflösen.

4. Windigster Ort der Erde, Commonwealth Bay |

Prinzipiell ist die Antarktis kein gemütlicher Ort, doch die Commonwealth Bay im Osten des Kontinents setzt noch eins drauf: Sie ist der wohl windigste Ort der Welt, an dem über das gesamte Jahr hinweg eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 80 Kilometern pro Stunde gemessen wird. Häufig treten aber auch Stürme mit Windgeschwindigkeiten von 240 Kilometern pro Stunde auf. Es handelt sich dabei um so genannte katabatische Fallwinde: Über dem Gletscher kühlt die Luft stark aus, sinkt ab und strömt zum relativ warmen Meer ab. Da sich die Eiszungen ebenfalls zum Meer hin abneigen, beschleunigen die Luftmassen immer weiter und erreichen Spitzengeschwindigkeiten.

3. Dauernd alles grau in grau in der Neufundlandsee |

Wie Sie sehen – sehen Sie fast nichts. Und das ist Normalzustand an den Great Banks vor der Küste Neufundlands im nordwestlichen Atlantik: An mindestens 200 Tagen im Jahr wabert hier Nebel über das Wasser, was den Ort zu einem der düstersten der Erde macht. Schuld daran ist das Aufeinandertreffen des kalten Labradorstroms aus dem Norden und des warmen Golfstroms aus dem Süden. Die feuchtwarme Luft des Golfstroms trifft auf die kalte seines Gegenspielers – und da kühlere Luftmassen weniger Wasserdampf aufnehmen können, kondensiert dieser zu winzigen Tröpfchen: Nebel entsteht.

2. Immer nur Sonne in Yuma, Arizona |

"It never rains in..." – Yuma, Arizona: Der sonnigste Platz der Erde befindet sich nicht in Südkalifornien, sondern in diesem Flecken Erde am südwestlichen Rand Arizonas – zumindest hat man noch an keinem anderen Ort mehr Sonnenschein gemessen als hier. An durchschnittlich 4015 Stunden pro Jahr strahlt die Sonne hier ungestört vom Himmel, jeden Tag im Mittel elf Stunden lang. Das sind fast 200 Stunden mehr als im ägyptischen Assuan: Die nordöstliche Sahara gilt als die zweitsonnigste Region der Erde. Über beiden Gebieten dominieren subtropische Hochdruckgebiete, die sehr beständig sind und nur selten von Tiefs gestreift werden. In manchen Jahren regnet es in Yuma weniger als fünf Millimeter.

1. Der Ort des extremsten Wetters: Mount Washington |

Eisige Kälte, Nässe, Nebel und Unmengen an Schnee, rasende Winde: Es gibt sicherlich angenehmere Arbeitsplätze als die Wetterbeobachtungsstation auf dem Mount Washington im US-Bundesstaat New Hampshire. Wer aber als Meteorologe Rekorde sucht, ist hier genau an der richtigen Stelle. Obwohl der Berg nur knapp 1917 Meter hoch ist und auf dem gleichen Breitengrad wie beispielsweise die italienische Hafenstadt Genua liegt, suchen ihn extreme Wetterlagen heim wie sonst kaum einen anderen Ort auf diesem Planeten. Oder wie es einer der Treuhänder des örtlichen Observatoriums einst ausdrückte: "An irgendeinem Platz auf Erden mag es dann und wann noch schlechteres Wetter geben. Aber das muss man erst einmal verlässlich aufzeichnen."

1870 wurde die weltweit erste meteorologische Überwachungsstation aufgebaut. Hier wurden am 12. April 1934 die bislang stärksten Windgeschwindkeiten in Bodennähe aufgezeichnet: Mit Spitzenwerten von 372 Kilometern pro Stunde fegte ein Sturm über den Gipfel – lange Weltrekord, bis dies ein Wirbelsturm vor Australien übertraf. Solch heftige Orkane sind nicht die Regel, aber prinzipiell windet es auf dem Berg fast ständig und kräftig, denn er liegt im Kreuzungspunkt dreier ausgeprägter Sturmbahnen. Sowohl aus der Golfregion als auch aus dem Atlantik und sogar vom nordwestlichen Pazifik fegen Sturmtiefs vorüber.

An 110 Tagen im Jahr übersteigen die Windgeschwindigkeiten Hurrikanstärke – alles, was draußen stehen muss, ist deshalb mit schweren Ketten festgezurrt. Und das Observatorium ist so gebaut, dass es Stürmen bis zu 480 Kilometern pro Stunde widersteht. Doch Winde allein plagen die Forscher nicht: Mit den Tiefs prasseln auch ergiebige Niederschläge auf sie herab. Im Winter 1968/69 fielen 14 Meter Schnee auf dem Berg, dazu regnet es im Jahresschnitt mehr als 2500 Liter auf den Quadratmeter. Im Winter fallen die Temperaturen häufig unter minus 40 Grad Celsius, die sich in Kombination mit den harschen Winden bisweilen wie minus 70 Grad Celsius anfühlen. An der Wetterstation wachsen dann waagrechte, meterlange Eisfahnen und hüllen sie in einen frostigen Panzer.

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