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Stromspeicher der Zukunft: Die 10 kuriosesten Ideen für bessere Batterien

Was haben Apfelabfälle, Gartenrhabarber, Betonkugeln oder gar Teile einer kompletten Stadt gemeinsam? Sie alle inspirieren Forschende zu außergewöhnlichen Ideen für bessere Batterien. Denn nicht nur der eine Superakku ist nötig für die Energiewende und das Internet der Dinge, sondern auch viele spezialisierte Speicher, die für die jeweilige Anwendung am besten passen. Hier unsere Auswahl zehn exotischer und skurriler Ideen, die bereits die ersten Machbarkeitstests bewältigt haben.
Kuriose Batteriekonzepte
Eine Batterie aus Rhabarbersaft? |

Sie zählen zu den heimlichen Stars der Energiewende: Redox-Flow-Batterien lassen sich in nahezu beliebiger Größe bauen, denn sie speichern elektrischen Strom mit Hilfe einer Flüssigkeit, dem Elektrolyten. Mehr Flüssigkeit bedeutet auch mehr gespeicherte Energie, weshalb unterirdische Hohlräume schon bald in Tanks gigantischer Batterien verwandelt werden sollen.

Problem dabei: Bislang treiben teure Vanadiumsalze die Kosten in die Höhe. Darum hat ein Team um Michael Aziz von der Harvard School of Engineering and Applied Sciences eine Bibliothek mit rund 10 000 organischen Molekülen auf der Suche nach Alternativen durchforstet. Fündig wurden die Forscher bei der Stoffklasse der Anthrachinone, die in der Pflanzenmedizin als Abführmittel eingesetzt werden. Sie könnten im Elektrolyten die Rolle des Vanadiums übernehmen. »Sie sind sehr billig«, sagt Aziz. So komme die von ihnen getestete Substanz beispielsweise in ganz ähnlicher Form in Rhabarber vor und könne auch aus Pflanzen gewonnen werden.

Laut Aziz soll der Aufbau der Speicherkapazität mit 20 Euro pro Kilowattstunde nur ein Drittel der sonst üblichen Kosten verursachen. Einen Nachteil muss das Team allerdings noch ausmerzen: Das Rhabarber-Chinon ist nicht so stabil wie die Vanadium-Metallsalze. Denn bislang konnten die Wissenschaftler nur 100 Ladezyklen ohne messbare Verschlechterung nachweisen, 10 000 Zyklen wären aber für eine kommerzielle Version notwendig.

Eine ganze Stadt als Speicher |

In der Großstadt macht bekanntlich jeder sein eigenes Ding – auch in Sachen Energieversorgung. Die einen betreiben eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach, bei anderen steht ein E-Auto samt Akku ungenutzt in der Garage, und bei der Behörde nebenan werkelt im Keller ein Blockheizkraftwerk für den Eigenbedarf. Warum nicht alle diese Systeme und weitere zu einem gigantischen virtuellen Akku zusammenfügen und zentral managen? Ob das funktioniert, haben Forschende 2017 in einem einjährigen Feldversuch für zwei Städte im Ruhrgebiet simuliert und anschließend praktisch erprobt. Eine Software entschied, wer gerade Strom abgeben kann, wo ein Speicher noch zu füllen ist oder ob es sich lohnt, ein zusätzliches Blockheizkraftwerk einzuschalten.

Ein solcher »Großstadtakku« profitiert von der Flexibilität dieser Kleinsysteme und kommt ohne größere Investitionen aus, denn die Energieerzeuger und -speicher sind ja bereits vorhanden und am Netz. Ziel ist es, damit Schwankungen im Strombedarf abzufedern. Entsprechend reduziert sich der Bedarf an Großbatterien und neuen Stromtrassen.

Für die beiden Städte im Ruhrgebiet ergab sich laut den Untersuchungen des Teams unter der Leitung der TU Dortmund ein Speicherpotenzial von drei und fünf Megawattstunden. Auf Deutschland hochskaliert errechnete es gar ein Potenzial, das das der vorhandenen Pumpspeicheranlagen übertreffen würde.

Hohlkugeln am Meeresgrund |

Am stürmischen 28. Oktober des Jahres 2017 toppten Deutschlands Windräder mit einer Produktion von 40 Gigawatt die Leistung aller acht Atomkraftwerke hier zu Lande zusammen – und zwar fast um das Vierfache. Doch leider müssen die Windräder bei derartigen Windbedingungen noch allzu oft abgeschaltet werden, damit das Stromnetz nicht überlastet zusammenbricht. Das wollen Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik in Kassel verhindern, indem sie die Energie von Offshore-Windanlagen mit Hilfe hohler Kugeln auf dem Meeresgrund noch vor Ort speichern.

Dabei orientieren sie sich am Prinzip klassischer Pumpspeicheranlagen: Ist überschüssige Energie vorhanden, pumpen sie die Kugeln in der Tiefe leer. Gibt es Strombedarf, lassen sie das Wasser wieder einströmen und über Turbinen elektrischen Strom erzeugen.

Möglich sei dabei ein Wirkungsgrad um 80 Prozent. In einem Pilotprojekt Ende 2016 haben sie das Verfahren im Bodensee mit drei Betonhohlkugeln im Kleinformat getestet. Um wirtschaftlich zu sein, müssten die Kugeln mindestens 30 Meter im Durchmesser aufweisen und in einer Wassertiefe von 500 Metern oder mehr platziert werden. Dann ließen sich bis zu 20 Megawattstunden pro Kugel speichern.

Ein ganzer Speicherpark mit vielen dieser Kugeln, idealerweise in größeren Meerestiefen vor den Küsten Norwegens, Spaniens, Japans oder den USA, könnte einen substanziellen Beitrag zur Stromspeicherung leisten.

Kalk als Speicher |

Überschüssiger Strom lässt sich auch in Form von Wärme speichern. Doch wie jeder weiß, der sich schon einmal lauwarmen Kaffee aus der Thermoskanne eingegossen hat, ist es schwer, Heißes am Abkühlen zu hindern. Einen Weg, Wärme auf unbegrenzte Zeit und praktisch verlustfrei zu speichern, beschreiten nun Forscher des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums.

Sie nutzen das chemische Verhalten von Löschkalk (Kalziumhydroxid). Erhitzt man ihn, zum Beispiel mit elektrischer Energie oder industrieller Abwärme, auf Temperaturen um 500 Grad Celsius, trennt sich das darin gebundene Wasser ab. Es entsteht Branntkalk (Kalziumoxid) – und damit der gesuchte Wärmespeicher. Denn versetzt man diesen mit Wasser, reagiert er wieder zu Löschkalk zurück und setzt die gespeicherte Energie in Form großer Hitze wieder frei.

Beide Materialien sind günstig, leicht zu transportieren und der Baubranche seit Jahrtausenden vertraut. Die DLR-Wissenschaftler tüfteln allerdings noch an Verfahren, mit dem sich die beiden Stoffe möglichst effizient ineinander umwandeln lassen, ohne dabei die umgesetzte Wärme zu verschwenden.

Akku mit Acrylglas |

Eine fast unbegrenzte Lebensdauer für Akkus ist ein wünschenswertes Ziel für Nutzer von Laptops und Smartphones. Das nötige Material dazu hat die Forscherin Mya Le Thai mit ihren Kollegen von der University of California entdeckt. Sie hat Nanodrähte, die Elektronen speichern und wieder abgeben, mit dem Kunststoff Polymethylmethacrylat (PMMA) überzogen – dem Hauptbestandteil von Acrylglas. Offenbar stabilisiert die Substanz in Form eines zähen Gels die dünnen Drähte: Mit PMMA überstanden die Batterien plötzlich bis zu 200 000 Ladezyklen. Die Forscher verwendeten dafür Goldnanodrähte mit einer Mangandioxidumhüllung.

Herkömmliche Nanodrahtbatterien versagen den Dienst, weil sich die beiden Materialien zu schnell voneinander ablösen. Auch leidet dieser Batterientypus an der Zerbrechlichkeit der hauchdünnen Drähte. Nach rund 5000 bis 7000 Ladezyklen seien sie im Normalfall hinüber, so Forscher. Ihre neue Materialkombination ist dem weit überlegen, leider aber noch nicht kommerziell einsatzbereit.

Die »Apfelbatterie« |

Natriumionenbatterien wären eine günstige Alternative zu den gängigen Lithiumbatterien, gäbe es da nicht ein grundlegendes Problem: Noch immer fehlt ein gutes Anodenmaterial, das häufiges Wiederaufladen bei gleich bleibender Batterieleistung gestattet. Graphit, das in Lithiumbatterien zum Einsatz kommt, konnte in Tests leider nicht überzeugen. Bei einem Spaziergang im Ulmer Donaupark könnte Liming Wu nun entscheidende Schritte zu einer Lösung gemacht haben.

Der Doktorand habe im Park einige Äpfel vom Baum gepflückt und ins Labor für weitere Tests gebracht, erzählt Stefano Passerini vom Helmholtz-Institut Ulm (HIU) für Elektrochemische Energiespeicherung. Anschließend trocknete seine Forschungsgruppe die Apfelreste, behandelte sie mit Säure und verbrannte sie bei großer Hitze. Übrig blieb der im Apfel enthaltene Kohlenstoff, der jedoch eine besondere Mikrostruktur aufweist. Anders als beim kristallartigen Graphit lagern sich hier Kohlenstoffschichten zu einem ungeordneten Stapel an. Die Lücken dazwischen bieten den relativ großen Natriumionen ausreichend Platz.

Später vereinfachten die Wissenschaftler den ganzen Prozess, indem sie bereits vorbehandelte Apfelreste aus der Lebensmittelindustrie als Rohstoff benutzten. Gelänge es, das Elektrodenmaterial aus Abfallprodukten zu erzeugen, würde es die Ökobilanz der Batterie noch einmal verbessern. Dabei muss es nicht immer Apfel sein: Auch andere Grünabfälle könnten genutzt werden, zeigen Experimente diverser Forschungsteams an Maiskolben, Bananen-, Pomelo- oder Erdnussschalen.

Der atmende Berg |

Wie man in einem Berg mit Druckluft Energie speichern kann, haben Mitarbeiter der Firma ALACAES Ende 2017 in einem stillgelegten Tunnel im Gotthard-Massiv getestet.

Sie haben Umgebungsluft in einen 120 Meter langen Abschnitt des Tunnels geleitet und auf sieben Bar verdichtet. Zwei dicke, mit Stahl verkleidete Betonpfropfen hinderten die Luft am Entweichen. Auch hier kam wieder das bekannte Prinzip der Druckluftspeicher zum Einsatz: Die bei der Kompression der Luft aufgewendete Energie kann zurückgewonnen werden, wenn man die entweichende Druckluft durch eine Turbine leitet.

Herkömmliche Druckluftspeicher dieser Art werden allerdings von einem schwer wiegenden Problem geplagt: Wird Luft verdichtet, erwärmt sie sich sehr stark und verliert Energie an die Umgebung. Lässt man den Druck ab, kühlt die Luft rasant ab – mitunter so stark, dass die Turbinen gefrieren. Beides verringert die Effizienz der Speicherung. Die Techniker um Giw Zanganeh installierten darum einen Wärmetauscher am Ende der Druckkammer. Er fängt die bei der Kompression entstehende Wärme auf und nutzt sie, um später die ausströmende Luft aufzuheizen. Der Trick mit dem Wärmetauscher erlaube es, elektrischen Strom mit einem Wirkungsgrad von bis zu 75 Prozent zu speichern, so die Experten. Eine kommerziell genutzte Druckkammer müsste allerdings deutlich höhere Drücke aushalten sowie größer und idealerweise kugelrund sein. Immerhin aber konnte das Experiment zeigen, dass das Gotthard-Gestein ausreichend luftdicht ist.

Salz als Akku |

Flüssiges Salz kommt heute schon in solarthermischen Kraftwerken zum Einsatz, wo es die Sonnenwärme aufnimmt und speichert. Die im aufgeheizten Salz gespeicherte Wärmeenergie kann anschließend in Dampfturbinen in elektrischen Strom umgewandelt werden.

Jetzt wollen Forschende des DLR diese Technologie nutzen, um die Abwärme aus energieintensiven Industrieanlagen einzufangen. Lichtbogenöfen in der Stahlindustrie wären ein durchaus lohnendes Ziel, sind die Wissenschaftler überzeugt.

Immerhin verbrauchen die Öfen fast so viel Strom wie eine Kleinstadt, wovon 20 bis 30 Prozent als Wärme verloren gehen. Aber auch in der Aluminium- oder Glasproduktion fällt genügend Abwärme an. Und nicht zuletzt könnte man auch direkt überschüssigen Strom aus Windkraft- oder Solaranlagen in Wärme umsetzen und im Salz speichern. Für praktische Tests haben die Wissenschaftler Ende 2017 die Testanlage TESIS (Test Facility for Thermal Energy Storage in Molten Salt) in Betrieb genommen, in der 100 Tonnen flüssiges Salz zirkulieren.

Das Besondere an ihrer Anlage, die sie als Thermobatterie bezeichnen, ist, dass sie mit einem einzigen Tank auskommt. Hier schwimmt das um die 500 Grad Celsius heiße, leichtere Salz oben, während sich das kühlere unten sammelt.

Batterien nach Zitteraal-Konzept |

Auch Tiere hantieren mit Strom und nutzen ihn, wenn sie ihn brauchen. So produziert der Zitteraal Electrophorus electricus mit seinem Körper elektrische Ströme, die er speichert, um sie bei der Jagd oder zur Verteidigung schlagartig wieder abzugeben. Forscherinnen und Forscher um Thomas Schroeder von der University of Michigan haben sich das Prinzip dahinter genauer angeschaut, um Energiespeicher zu konstruieren, die sich eines Tages vielleicht auch im menschlichen Körper einsetzen lassen.

Beim Zitteraal erzeugen spezialisierte Muskelzellen durch den Transport elektrisch geladener Teilchen winzige Spannungsdifferenzen von gerade einmal 150 Millivolt. Erst wenn Tausende solcher Zellen gleichzeitig aktiv werden, entstehen nennenswerte Ströme. Für ihren Nachbau setzen Schroeder und Kollegen ebenfalls auf kleine Einheiten, die schwache elektrische Spannung erzeugen. Sie stellen dazu Gele aus biokompatiblem Polyacrylamid her, die jeweils unterschiedliche elektrische Eigenschaften aufwiesen. Druckt man sie beispielsweise auf zwei Trägerfolien auf und bringt diese in Kontakt miteinander, entsteht eine Spannung.

Das Forscherteam hofft, mit solchen Stromspeichern eines Tages kleine Schaltkreise anzutreiben, die zum Beispiel als Sensoren in Kontaktlinsen eingebaut sind. Auch könnten sie in Herzschrittmachern als Stromquelle dienen und sich dort theoretisch sogar mit Hilfe des menschlichen Stoffwechsels wieder aufladen lassen.

Künstliche Atolle als Energie-Inseln |

Eine ganze Insel als Stromspeicher zu bauen – das ist die visionäre Idee, die das dänische Architekturbüro Gottlieb Paludan zusammen mit Forschenden der Technischen Universität Dänemark verfolgt. Ihr Plan ist es, vor der Küste einen rund zehn Meter hohen Sandwall aufzuschütten, so dass eine Art künstliches Atoll entsteht. Die Stromspeicherung erfolgt nach dem gleichen Prinzip wie in Pumpspeicherkraftwerken an Land. Ist überschüssige Energie vorhanden, wird Wasser aus der Mitte des Eilands herausgepumpt. Wird Energie gebraucht, treibt das einströmende Wasser Turbinen an und stellt so die gespeicherte Power wieder zur Verfügung.

Während sich an Land kaum noch geeignete Plätze für Pumpspeicherkraftwerke finden lassen, steht im Meer ausreichend Fläche zur Verfügung. Zudem kann man die Energie direkt vor Ort erzeugen: Auf dem Ringwall der »Green Power Island« könnten Windkrafträder oder Solarstromanlagen stehen. Auch bietet es sich an, den neu gewonnenen Platz im Meer für Industrie oder Tourismus zu erschließen. Entsprechende Pläne haben die Architekten für China, Indien, Bahrain, Florida und das Kattegat vor der dänischen Küste ausgearbeitet.

Von Nachteil sind die hohen Baukosten einer solchen Insel – und der damit verbundene Eingriff in die Natur. In Belgien brachte die Regierung im Jahr 2015 ein ganz ähnliches Projekt voran. Tausende Kubikmeter Sand und Kies hätten für die Stromspeicherinsel im Wattenmeer bewegt werden müssen, mit unklaren Folgen für das empfindliche Biotop. Letztendlich verschwanden die Pläne in der Schublade.

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