Medizin: Die 7 absurdesten Heilmethoden der Geschichte

Theorie schlägt hier eindeutig gesunden Menschenverstand: Dass Ärzte auf die Spitzenidee kamen, geschwächten Patienten literweise Blut abzulassen, ist der Säftelehre zu verdanken. Laut dieser antiken Theorie entstehen Krankheiten, wenn die vier Körpersäfte (Blut, gelbe Galle, schwarze Galle und Schleim) aus dem Gleichgewicht geraten. Bei zahllosen Krankheiten war ein Zuviel an Blut die Ursache, also wurde zum Messer gegriffen – und Schwerkranken nicht selten der Todesstoß versetzt.
Bei Bedarf musste auch einer der anderen drei Säfte fließen. Dem psychisch kranken Friedrich Hölderlin wurden beispielsweise entzündliche Wunden an der Stirn beigebracht: Eiter fiel unter gelbe Galle, und davon hatte der Dichter laut Diagnose zu viel.
Bis noch vor Kurzem galt Tabak als gesund und nützlich bei größeren und kleineren Wehwehchen – auch denen des Darms. Und um den Heilqualm direkt an Ort und Stelle applizieren zu können, entwickelten Mediziner Systeme aus Verbrennungskammer und Blasebalg, die den Patienten eine Art rektales Rauchen ermöglichten. Helfen sollte dies beispielsweise gegen Darmparasiten oder Koliken.
Aber auch die allgemeinen Lebensgeister weckte der Tabakqualm, weshalb Tabakklistiere im 18. Jahrhundert zum Erste-Hilfe-Equipment bei der Rettung Schiffbrüchiger zählten: Wer bewusstlos aus dem Wasser gezogen wurde, dem wurde also erst einmal tüchtig eingeheizt – ob rektal, oral oder von beiden Seiten (sicher ist sicher), ist umstritten.
Ungeahnte Ausmaße nahm Mitte des 20. Jahrhunderts die Lobotomisierung psychisch Kranker an. Vor allem, nachdem der amerikanische Arzt Walter Freeman entdeckt hatte, wie sich der Schnitt ins Vorderhirn mit wenig Aufwand durchführen ließ: Er bohrte den Patienten einen Eispickel unterhalb des Lids am Augapfel vorbei in die Augenhöhle, durchstach den Schädelknochen und fuhrwerkte dann "nach Gefühl" mit der Klinge im Gehirn herum – und zwar so lange und gründlich, bis sein waches Opfer erste Ausfallerscheinungen zeigte. Zurück blieben leichte Hämatome am Auge und Patienten, die ihr weiteres Leben oft damit verbrachten, teilnahmslos die Wand anzustarren.
Ziel der Prozedur war es, diverse Störungen von Schizophrenie bis zur antisozialen Aufsässigkeit zu behandeln. Oder jedenfalls so weit abzumildern, dass die Patienten den Angehörigen oder Pflegekräften nicht mehr zur Last fielen. Mit seinem "Lobomobil", einem umgebauten Wohnmobil, fuhr Freeman durch die USA, um möglichst viele Patienten behandeln zu können. Er war aber nicht der Einzige. Insgesamt dürften im 20. Jahrhundert über 50 000 Menschen einer Lobotomie unterzogen worden sein, allein 3439 gingen auf Freemans Konto.
Auf dem Foto sieht man Howard Dully, der 1960 als Zwölfjähriger von Freeman behandelt wurde.
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