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Holzheizungen: Nachhaltig mit Nebenwirkungen

Als Alternative zu fossilen Brennstoffen wird Holz immer beliebter - zumal der nachwachsende Rohstoff als natürlich und sauber gilt. Doch in Holzfeuern entstehen unter Umständen auch Feinstaub und sogar hochgiftige Verbindungen.
Kaminfeuer

Schau, wie das Feuer sich zersplittert!
Wie's tückisch an der Kohle knittert!
Lang aus die rote Kralle streckt
Und nach dem Kerkermeister reckt!

Das Feuer, gezähmt, aber nur so gerade eben. So beschreibt es die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff in "Die Elemente. Feuer" – und obwohl die Technik es weit gehend aus unserem Alltag verdrängt hat, ist seine Faszination ungebrochen. Zentralheizung hin oder her, Winterzeit ist Kaminzeit. Wärme, Licht, Leben – das Holzfeuer begleitet uns buchstäblich vom Anbeginn der Menschheit.

Wegen der langen gemeinsamen Geschichte könnte man meinen, dass das Verbrennen von Holz für uns – einen gewissen Sicherheitsabstand vorausgesetzt – im Wesentlichen ungefährlich ist. Doch auch wenn Haare, Kleidung oder Behausung nicht in Flammen aufgehen, drohen Gefahren durch Feinstaub und Schadstoffe. Das ist keineswegs nur ein theoretisches Risiko. Tatsächlich sterben nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation jedes Jahr mehr als eine Million Menschen, weil sie regelmäßig Holzrauch einatmen, die Hälfte davon Kinder unter fünf Jahren.

Der Holz-Boom

"In den letzten Jahren wurden in Deutschland jedes Jahr rund 300 000 Kamine und Kleinöfen installiert." Heinz-Jörn Moriske vom Umweltbundesamt im Dessau zitiert die Statistik des Verbands für Ofenhersteller, um die Bedeutung der Holzverbrennung auch hier zu Lande zu illustrieren. "Schadstoffe entstehen, wenn das Holz nicht vollständig verbrennt, zum Beispiel wenn man feuchtes oder behandeltes Holz verwendet. Und unter solchen Umständen entstehen dann im Extremfall auch Krebs erregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe."

Kaminfeuer | Wie viel Feinstaub und Schadstoffe entstehen, hängt davon ab, wie ein Holzofen betrieben wird. Bis spätestens 2025 müssen ältere Holzöfen entweder ersetzt oder mit Filtern nachgerüstet sein.

Reagiert das Material vollständig und ideal mit Sauerstoff, entstehen hauptsächlich Wasser, Kohlendioxid und die Salze der Asche. Wenn man trockenes und vor allem unbehandeltes Holz verwendet und die Anlagen sachgerecht betreibt, entstünden in modernen Kaminen – abgesehen vom Staub – keine Giftstoffe, betont Moriske. Doch oft werden die Anlagen falsch betrieben, und dann verbrennt das Material unvollständig. "Ein Problem ist die pyrolytische Verbrennung, man kann auch sagen: Schwelbrand." Dann zerfallen die organischen Bestandteile des Holzes nur in kleinere Moleküle und kohlenstoffhaltige Partikel. Diese so genannten Pyrolyseprodukte sind in den Rauchgasen enthalten oder kondensieren zu hauchfeinen Teilchen, die mit einer großen Vielfalt gesundheitsschädlicher Stoffe beladen sind.

Ein beträchtlicher Teil der Pyrolyseprodukte sind Kohlenwasserstoffe und ihre Abkömmlinge – zum Beispiel die Krebs erregenden polyzyklischen Aromaten wie das Benzo[a]pyren. Von dieser Stoffklasse findet man im Feinstaub eines Kilo Holzes schon mal über 30 Milligramm. Normale Aromaten ohne miteinander verbundene Benzolringe tauchten in Studien sogar bis zur vierfachen Menge auf. Moriske empfiehlt deswegen dringend, in Kaminen auf gute Sauerstoffzufuhr zu achten und nur trockenes, gut abgelagertes Holz zu verfeuern. Vor allem aber, betont der Umweltingenieur, gehört behandeltes Holz unter gar keinen Umständen verfeuert. "Dann entsteht ein ganzer Cocktail an gefährlichen Verbindungen, zum Beispiel Salzsäure, aber auch Dioxine."

Dieses Problem haben Holzpelletheizungen meist nicht, denn diese Anlagen ähneln trotz des traditionellen Brennstoffs eher modernen Öl- und Gasheizungen. Bei ihnen sorgen gute Holzqualität und ausgefeilte Technik dafür, dass praktisch keine Schadstoffe entstehen. Bevor die Abgase entweichen, wird das Holz in mehreren Kammern vollständig verbrannt, so dass keine Pyrolyseprodukte entstehen. Beliebt sind diese Öfen, weil sie Biomasse verbrennen und so das Klima schonen sollen – deswegen bieten verschiedene staatliche Programme Subventionen für sie.

Allerdings haben auch diese sauberen Holzheizungen einen Haken: Sie erzeugen Feinstaub, im Vergleich deutlich mehr als moderne Gasheizungen. Obwohl ab Januar 2015 neue Grenzwerte für diese Emissionen gelten und ein beträchtlicher Teil der neueren Öfen bereits die strengen Normen einhält, sind im Winter allein Holzfeueranlagen für ein Viertel aller Feinstaubemissionen verantwortlich. Regional verursachen sie mehr Feinstaub als der Autoverkehr.

Im Gegensatz zu Feinstaub aus dem Straßenverkehr oder Zigarettenrauch sind die gesundheitlichen Effekte der schwebenden Rauchteilchen bei Holz- und Biomassefeuern noch vergleichsweise dürftig erforscht. Tatsächlich zeigen Untersuchungen eine Verbindung zu Krankheiten, wie sie auch durch Zigarettenrauch entstehen – Lungenschäden, Herzkrankheiten und Krebs. So kleben an den feinen Partikeln laut Studien mehr polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe – womöglich eine Folge des hohen Anteils des Polyphenols Lignin oder einfach auf Grund der latent schlechteren Verbrennung.

Feinstaubschleuder Holzheizung

Feinstäube jedenfalls, definiert als Teilchen mit weniger als zehn Mikrometer Durchmesser, sind seit Jahren als potenzielles Gesundheitsproblem im Fokus – die Partikel dringen je nach Größe tief in Atemwege und Lungen ein und verursachen dort von Entzündungsreaktionen der Schleimhäute bis hin zu Veränderungen am Nervensystem eine ganze Palette gesundheitlicher Probleme – so nimmt man zumindest an. Die Weltgesundheitsorganisation jedenfalls rechnet, dass allein bis zu fünf Prozent aller Lungenkrebstoten auf Feinstaub zurückgehen. Insgesamt vermutet die Organisation allein in Deutschland etwa 40 000 zusätzliche Todesfälle durch Feinstaub pro Jahr. "Wie genau diese Zahl ist, weiß man nicht, aber sie zeigt, dass es sich um ein bedeutsames Umweltproblem handelt", kommentiert Heinz-Jörn Moriske vom Umweltbundesamt.

Allerdings ist Holz beileibe nicht die einzige Feinstaubquelle, und gerade bei den Emissionen kleinerer Anlagen ist noch viel Verbesserungspotenzial. Kamine, die bis 2010 eingebaut wurden, müssen im Rahmen gesetzlicher Übergangsfristen bis 2025 entweder ausgetauscht oder mit Filtern nachgerüstet werden. Dank strenger Grenzwerte und technischer Verbesserungen sind jedoch vor allem große Holzpelletheizungen sehr sauber – im Gegensatz zu Kaminen und vergleichbaren Holzöfen sind ihre Feinstaubemissionen um eine Größenordnung geringer. Sie emittieren zwar immer noch deutlich mehr Staub als moderne Öl- und vor allem Gasheizungen, allerdings auf einem niedrigen Niveau – dafür sind sie klimaschonender.

Richtig betrieben und mit geeigneten Brennmaterialien befüllt, sind Holzöfen kein Gesundheitsrisiko, ist Moriske überzeugt. Das Problem liegt für ihn im Umgang damit, insbesondere bei den kleinen privaten Anlagen: "Gefährliche Stoffe entstehen, wenn man falsches Holz verheizt, feuchtes Holz, aber vor allem alte Möbel, Spanplatten und dergleichen." Problematisch sei auch, wenn der Kamin nicht gut zieht oder man zu früh neues Holz nachlegt, bevor die älteren Scheite richtig durchgeglüht sind. "Kamine und Kleinöfen müssen nach geltendem Recht mit einer besseren Verbrennung als alte Systeme ausgestattet sein. Aber wie diese Öfen betrieben werden, das kontrolliert keiner", bedauert der Umweltexperte. Das Feuer, könnte man sagen, ist längst gezähmt. Es ist der Mensch, der bis heute nicht gelernt hat, vernünftig damit umzugehen.

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